Die Wahlrumänin aus Venezuela – Maria Elena Ballestero
Rumänien ist für Ausländer, die sich hier langfristig oder endgültig aufhalten, nicht immer leicht zu bewältigen. Die Geschichte der Maria Elena Ballestero aus Venezuela ist diesbezüglich vielsagend.
Roxana Vasile, 13.02.2015, 16:23
Wer in einer Kultur eingebettet ist, nimmt viele alltägliche Dinge und Gesten gar nicht mehr wahr — für ihn sind sie das Normale, Fremden erscheinen sie veilleicht eher seltsam. Sich mit ihnen vertraut zu machen, ist eine Herausforderung für jeden Ausländer. Maria Elena Ballestero kam vor 13 Jahren aus Venezuela nach Rumänien und fand den Anfang nicht leicht.
Das erste Problem war die Sprache — mein Hauptanliegen war, Rumänisch zu lernen. Und so besuchte ich Sprachkurse, die das Kulturinstitut Cervantes in Bukarest für spanischsprachige Menschen anbietet, die Rumänisch lernen wollen. Ich habe dieses Ziel 100%ig verfolgt – denn nicht mit den Menschen kommunizieren zu können, war ein großes Handicap.“
Für Maria Elena Ballestero ging es nicht nur darum, in der Gesellschaft ein Gespräch führen zu können. Sie wollte den Einbürgerungstest bestehen, zu dem man nach 10 Jahren Aufenthalt in Rumänien berechtigt ist. Und das ist kein Kinderspiel. Die Prüfung ist besonders streng — man bekommt ein Diktat und muss einen Text lesen, die Geographie, die Geschichte und die Verfassung kennen, aber auch die Hymne. Und man muss beweisen, dass man das Land gut kennt — Maria Elena Ballestero fragten die Prüfer, was Papanaschi sind — über die in Rumänien beliebten Topfenknödel wusste sie aber bestens Bescheid und fragte direkt nach, welches Rezept man den gerne hörne möchte — für die gekochten oder für die in Öl gebackenen Papanaschi.
Für die Venezolanerin stand viel auf dem Spiel. Sie hatte einen rumänischen Ehemann und zwei in Rumänien geborene Kinder und wollte einfach auf gleicher Augenhöhe sein. Denn das System, die Bürokratie also, ist unfreundlich, anders als die Menschen hier:
Ich muss zugeben, dass die Rumänen generell sehr gastfreundschaftlich mit Ausländern umgehen — es hat mir sehr geholfen, dass die Menschen wissbegierig sind und über andere Kulturen vieles erfahren wollen. Keinen Augenblick habe ich mich abgelehnt oder diskriminiert gefühlt, erzählt Maria Elena Ballestero. Das Glück war auf ihrer Seite — schon nach sechs Monaten fand sie einen Job in einem multinationalen Konzern in Bukarest. Aber auch so fand die Venezolanerin es am Anfang schwer, sich einzuleben «Am Anfang erschien mir Bukarest als eine graue Stadt, mit kommunistischen Gebäuden, alten Verkehrsmitteln, Schlaglöchern in den Straßen… Ich war deprimiert. Das ist aber, denke ich, eine Schwäche, die wir alle haben, wenn wir umziehen — wir vergleichen alles. In einer ersten Phase war es also ein Prozess der Ablehnung: “das mag ich nicht, das will ich nicht, bei mir zuhause war es schöner.“
Maria Elena Ballestero machte aber eine echte Verwandlung durch. Mit jedem Tag, mit jedem neu gelernten Wort, mit jedem neu gesehen Ort wurde es leichter. Sie besuchte die Maramuresch, die Moldauklöster, das Donaudelta, die siebenbürgischen Städte Braşov und Sibiu und verliebte sich in das Land und die Menschen. Wenn ein Bauer eine Henne hat, bekommst du ein frisches Ei geschenkt, erzählt sie. Schrittweise knüpfte sie neue Freundschaften und außerdem war sie Teil einer mittlerweile rumänischen Familie – es war also für sie einfacher als für einen Ausländer, der im Gastland isoliert lebt. Maria Elena Ballestero bleibt in ihrem Herzen Venezolanerin. Traurig musste sie bei ihrem letzten Besuch dort feststellen, dass es den Menschen immer schlechter geht. Sie hätte nie geglaubt, dass es dazu kommt, aber heute dankt sie Gott für das Glück, in Rumänien leben zu dürfen. Aber auch Rumänien liebt sie — schließlich sind ihre Kinder hier geboren worden.