Adèle Coulloudon: Französische Künstlerin besingt Wahlheimat in 2D-Animationsbuch
Adèle Coulloudon ist eine junge Frau aus Frankreich und ihr berufliches Fachgebiet ist Animationsdesign. Sie hat in Lyon Marketing und Werbeforschung studiert und anschließend einen Mastertitel in Kommunikationswissenschaften erlangt.
Hildegard Ignătescu, 09.11.2021, 17:45
Vor vier Jahren kam sie im Rahmen eines Praktikums zum ersten Mal nach Rumänien — und blieb. Wie hat sie sich für Rumänien entschieden und was hat sie bewogen, hier zu bleiben?
Es war eher ein Zufall. Ich bin schon immer gerne gereist, ich hatte bereits Praktika in Berlin und in Prag absolviert und danach dachte ich mir, für das letzte Praktikum während des Masterstudiums in ein Land zu reisen, das ich überhaupt nicht kannte. Und so kam ich hierher, eher aus Zufall, und ich bereue es nicht, denn heute arbeite ich für das Studio, wo ich mein letztes Praktikum gemacht habe. 2017 bin ich zum ersten Mal nach Rumänien gekommen und ich wusste überhaupt nichts über das Land. Es stimmt schon, dass Rumänien in Frankreich kein besonders gutes Ansehen hat, ich höre aber nicht auf solches Gerede. Ich war schon in Ländern mit einem weitaus schlechterem Image, und und es stimmt einfach nichts von dem, was über das Land gesagt wird. Und heute werbe ich sogar für Rumänien, viele Freunde besuchen mich hier und sie sind alle entzückt, denn das Land ist unglaublich schön und vielfältig, die Menschen sind großartig — kurzum: Mir gefällt alles hier und deswegen bin ich auch geblieben.“
Adèle hat ihre Freunde, die sie in Rumänien besucht haben, durchs ganze Land geführt, um ihnen ihre Wahlheimat zu zeigen.
Wir sind viel gereist, haben einige Roadtrips durch Siebenbürgen unternommen, und es war alles sehr schön. Mein Lieblingsort in Rumänien ist Herkulesbad. Die Stimmung dort ist unglaublich, zwei Berge, die aufeinander treffen am Laufe des Cerna-Flusses, und dann gibt es auch die Thermalbäder; man kann also erst ein heißes Bad nehmen und dann zur Abkühlung in den Cerna-Fluss eintauchen. Und am nächsten Tag kann man auf dem Bergkamm wandern — es ist einfach eine zeitlose Stimmung, die ich enorm mag.“
Adèle Coulloudon hat zusammen mit anderen Künstlern ein 2D-Animationsbuch entworfen, das in diesem Jahr für das Internationale Festival für Zeichentrickfilm Animest“ ausgewählt wurde. Das Buch heißt Petite Book Animé“ und stellt die Abenteuer der Autorin in Rumänien dar.
Das Buch ist das Ergebnis meines Praktikums in Rumänien und erzählt meine Abenteuer hierzulande. Alle Menschen, die mir über den Weg gelaufen sind, kommen darin vor — selbst die Leute am Bukarester Marktplatz Obor, einem Ort, den ich besonders mag. Es ist also eine zum Leben erweckte Illustration meiner Erfahrungen. Jetzt arbeiten wir an einer Fortsetzung, und ich hoffe, dass nächstes Jahr der zweite Animationsband meiner Abenteuer in Rumänien erscheint.“
Wir haben Adèle gefragt, was ihr weniger gefällt in Rumänien und was sie als verbesserungsbedürftig erachtet:
Nun ja, ich habe vieles beobachtet. Ich weiß nicht, ob ich mir anmaßen sollte, hier Ratschläge zu erteilen, aber leider sind die politische Situation und die Korruption ein Thema. Rumänien hat ein riesiges Potential, das leider nicht angemessen verwertet wird. Und so kommt man auch dazu, über das Gesundheitssystem zu sprechen, das alles andere als optimal ist. Oder über den Zustand der Straßen oder der Schulen. Ja, es gibt vieles, was man verändern müsste, aber ich glaube, die Situation entwickelt sich langsam zum Besseren, und ich setze viel Hoffnung darauf.“
Adèle hat überwiegend rumänische Freunde und verkehrt kaum in der Expat-Gemeinschaft. Sie hat sich bewusst für eine Annäherung an die Einheimischen entschieden, um das echte Leben in Rumänien kennenzulernen. Was würde sie jemandem raten, der langfristig in Rumänien bleiben würde?
Das ist eine komplizierte Frage. Generell schmiede ich keine langfristigen Pläne. Ich werde noch einige Jahre hier bleiben und dann werde ich sehen, was das Leben bringt. Ich sage nur: Dieses Land und seine Schönheit muss man gesehen haben — es gibt hier alles: Berge, Meer, Dörfer, Großstädte. Mir haben jedoch am meisten die Menschen gefallen, sie sind sehr gastfreundlich und hilfsbereit, ich habe hier wunderbare Menschen kennengelernt. Wenn man also tolle Menschen treffen will, ist man hier am richtigen Ort.“