Premiere im Bukarester Nationaltheater: „Gott bekleidet sich im Altklamottenladen“
Mit diesem provokativen Titel schaffte der Autor Iulian Margu ein Stück, das als sozialkritisches Manifest gegen Geschichtsvergesseheit angesehen wird.
Luana Pleşea, 16.12.2014, 17:30
Ein Pleyel- Klavier, das einmal Chopin gehörte, eine Familie in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, Chopins Musik — eine Aufführung, die den Zuschauern, der Reihe nach oder gleichzeitig, verschiedene Epochen und mehrere Generationen vorstellt. Die Erstaufführung des Stückes Dumnezeu se îmbracă de la second-hand“ (Gott bekleidet sich im Altklamottenladen“) fand vor kurzem im Studio-Saal des National-Theaters in Bukarest statt. Der Autor des Textes, Iulian Margu, sagte, er liebe die Satire, das Spiegeltheater das sich den Bürgern wendet, die zusammen spielen wollen“. Der Autor räumt ein, dass er für seine Gestalten Menschen aus der Vâlcea-Gegend, wo er geboren wurde, als Vorbild hatte. Ion Caramitru, Direktor des National-Theaters in Bukarest, führte Regie und zeichnete auch für die musikalische Illustration:
In erster Linie geht es ums Leben. Es passiert, was im Leben und in Rumänien immer geschieht: Es wird gestohlen, die zwei Diebe werden mit Sympathie betrachtet, nicht weil sie Diebe oder weil sie sympathisch als Diebe sind, sondern weil sie eine Art Räuber darstellen, die von größeren Dieben räubern, die ihrerseits vom Staat stehlen. Es folgt die Geschichte über das Klavier und die Klaviermusik, die für mich das kräftigste Bindemittel war. Ich habe das Klavier auf die Drehbühne gestellt, so dass wir von einer Periode in die andere übergehen können, so dass wir die ganze Geschichte, die der jüngere Dieb dem älteren erzählt, erzählen können. Das Publikum soll informiert sein und sich in die Geschichte einbringen. Das Publikum ist irgendwie auf der Bühne. Das Klavier ist ein lebendiger Körper. Wie jedes Instrument wird es von einem Menschen gespielt und belebt, der ihm ein bisschen seiner Seele und den Wunsch nach Perfektion einflößt. Das gefällt mir ganz gut.“
Die Aufführung Dumnezeu se îmbracă de la second-hand“ ist ein soziales Manifest und übermittelt gleichzeitig eine Art Nostalgie der Vergangenheit, sagte Ion Caramitru:
Es ist ein soziales Manifest, eine Metapher der Verhandlung mit Gott. Der als Gott verkleidete Teufel wurde eine inhaltsreiche Metapher. Sie (die Figur Teodora — Anm. d. Red.) verhandelt nicht mit Gott, sondern mit den Göttern des Tages, die die ganze Macht haben. Es ist eine transparente, reizvolle Metapher. Es ist keine Blasphemie, sondern die Ironie eines Autors, der nur das Wesentliche unserer Tage erzählt. Es sind Etappen meines Lebens, die ich erlebt habe. Die ’50er Jahre, die Verstaatlichung, die Erniedrigung der unschuldigen Menschen, die Verbrechen des Regimes… Der vollständige Text des Verstaatlichungsgesetzes erschüttert die Zuschauer. Niemand wusste, dass er so grausam lautet. Dieser Text allein könnte den Kommunismus nochmals bloßstellen. Man spricht über die Menschenrechte und über das Eigentumsrecht, doch die Wirklichkeit sah anders aus.“
Ein Text, der der jungen Generation fremd ist. Lae, der junge Dieb wird von dem jungen Schauspieler Lari Giorgescu dargestellt:
Die Tatsache, dass ich mit erfahrenen Menschen gearbeitet habe, hat mir viel geholfen. Ich habe besser Sachen verstanden, die ich jetzt erlebe. Es gibt Auswirkungen, es existieren Spuren. Ich sehe sie jetzt klarer. Das kommunistische System hat zahlreiche Schicksale zerstört, besonders jene der Jugendlichen. Ich spiele die Rolle eines Jugendlichen.“
Obwohl das Stück Dumnezeu se îmbracă de la second-hand (Gott bekleidet sich im Altklamottenladen) von Iulian Margu auf der Internetseite des Nationaltheaters in der Kategorie Lustspiel eingetragen ist, ist es bis zuletzt ein Manifest — so der Regisseur Ion Caramitru:
Das als Wunder bezeichnete Theater — sensibel aber mit sozialer Haltung, ein Spiegelbild unserer Realität.“