Neuer Roman von Liliana Corobca: „Buburuza“
Der jüngste Roman der Schriftstellerin und Zensurforscherin Liliana Corobca beruht auf der fiktiven Dokumentation eines Traumas, die Autorin bezeichnet jedoch ihr Werk als Liebesroman.
Corina Sabău, 19.02.2020, 18:00
Auf Anfrage einer Journalistin erzählt Vasilica Buburuz ihr Leben für einen Radiobeitrag. Vasilica war schon als Kind auf den Rollstuhl angewiesen, ihre Behinderung sieht sie jedoch nicht als Hindernis, ein freies Leben zu leben. Sie träumt davon zu tanzen, Flügel zu kriegen und zu fliegen, ihr Leiden zumindest im Traum hinter sich zu lassen. Sie stammt aus einfachen Verhältnissen und wird von ihren Eltern als Fehltritt ihres Lebens angesehen. In ihrer Kindheit erfährt sie keine Liebe, sie studiert an zwei Unis und kann allein sehr gut zurechtkommen. Sie ist zierlich und elegant, äußerst erfinderisch, sie liebt und erlebt viele Enttäuschungen, sie liebt aber weiter. Sie ist eine Kämpferin, optimistisch und beharrlich, sie widmet ihr Leben ihren Mitmenschen und tut ihr Bestes, um das Leiden der anderen zu heilen. Sie hat eine außergewöhnliche Vitalität und genießt jeden Tag in vollen Zügen. So kann man die Handlung des jüngsten Romans der Schriftstellerin Liliana Corobca zusammenfassen. Buburuza“ (Der Marienkäfer“) erschien Ende des vergangenen Jahres im Verlag Polirom und wurde auf der Buchmesse Gaudeamus vorgestellt. Die Autorin über ihren Roman:
Mit jedem neuen Roman stehe ich vor einen neuen Herausforderung. Ich weiß nicht, ob ich ihn zu Ende bringen kann, ob ich das Thema richtig aufgreifen kann, ob ich die Psychologie meiner Gestalten richtig verstehe. Eine große Herausforderung für mich ist, eine Gestalt zu verstehen, mit der ich nichts gemeinsam habe. So zum Beispiel in diesem Fall, denn ich führe ein normales Leben, das überhaupt nicht auffällt. Ich finde es gar nicht interessant, Romane mit autobiographischen Zügen zu schreiben. Wenn ich mir hingegen eine Gestalt vorstelle und in ihrer Haut stecke, fühle ich, dass ich mein Leben mit neuen Erfahrungen bereichere.“
Liliana Corobca arbeitet viel mit dem Geständnis leidgeprüfter Figuren, die ein schweres Leben führen. »Kinderland« ist das Geständnis eines 12-jährigen Mädchens, das die Rolle ihrer Eltern übernimmt, weil diese im Ausland arbeiten. »Caiet de cenzor« / »Zensorenheft« ist ein fiktives Schreiben, das auf dem Briefwechsel zwischen der Erzählerin und der Leiterin der Abteilung Geheime Dokumente bei der Zensurbehörde besteht. »Capătul drumului« / »Das Ende des Weges« erzählt die Geschichte einer 90-jährigen Frau, Ana Blajinschi, die ihre Familie in ein Altersheim zwingen möchte, und ihre Urenkelin entdeckt dabei die Geschichte ihrer Deportation in die Steppen Kasachstans“, schreibt der Literaturkritiker Bogdan Creţu.
Der jüngst erschienene Roman Buburuza“ beruht ebenfalls auf der fiktiven Dokumentation eines Traumas. Die Autorin kommt erneut zu Wort mit Einzelheiten:
Mein Roman ist von einer realen Figur inspiriert. Diese junge Frau hat in Wirklichkeit existiert, so habe ich mir gesagt, warum nicht eine Fiktion zu schreiben, die auf so einer außergewöhnlichen Existenz beruht. Bei meinem letzten Gespräch mit der jungen Frau, die meine Figur inspirierte, sagte sie zu mir, das Wichtigste in ihrem Leben sei die Liebe, die Männer die sie geliebt hat. Daher habe ich mir ihre Liebesgeschichten vorgestellt und »Buburuza« vor allem als Liebesroman geschrieben. Für mich bleibt »Buburuza« ein Liebesroman, selbst wenn er sich auch mit einem Sozialthema befasst, das Leben einer Person mit einer physischen Behinderung.“
Liliana Corobca wurde am 10. Oktober 1975 im Dorf Săseni, Republik Moldau, geboren. Die rumänischsprachige Schriftstellerin und Zensurforscherin gab ihr Debüt im Jahr 2003 mit dem mehrfach ausgezeichneten Roman Negrissimo“, erschienen im Verlag Arc. Zu ihren Werken zählen: Der erste Horizont meines Lebens“, erschienen in deutscher Übersetzung 2015 im Zsolnay Verlag, Die Kontrolle des Buches“, erschienen 2014 im Verlag Cartea Românească, Zensur für Anfänger: Monolog in drei Akten“, erschienen in deutscher Übersetzung im Verlag Thanhäuser 2014, Ein Jahr im Paradies“, erschienen in deutscher Übersetzung im Verlag Merz & Solitude, 2011, Das Ende des Weges“, erschienen 2018 im Verlag Polirom.