Neuer Roman von Florin Chirculescu als Sensation gefeiert
Der Streik der Sünder“ von Florin Chirculescu ist neulich im Verlag Nemira erschienen. In seinem Roman lässt der Autor zwei Welten ineinanderfließen: das heutige Bukarest und die Anfänge der modernen Medizin.
Corina Sabău, 13.12.2017, 21:06
Für viele Literaturkritiker gilt der Roman Der Streik der Sünder“ als einzigartig in der rumänischen Literaturlandschaft. Das 1000-seitige Werk dreht sich um die Geschichte zweier Ärzte, der eine lebt im derzeitigen Bukarest, der andere im Jahr 632. Also das marode Gesundheitswesen Rumäniens gegenüber den orientalischen Düften.
Einzigartig ist hierbei auch, dass der Autor zum ersten Mal das Buch mit seinem bürgerlichen Namen unterzeichnet, während seine bisherigen Werke unter dem Pseudonym Sebastian A. Corn erschienen sind. Florin Chirculescu unterschreibt allerdings seinen neuesten Roman nicht nur als Schriftsteller, sondern auch als Thorakalchirurg des Universitätskrankenhauses Bukarest. Der Arzt habe laut eigener Angaben den Band als journalistischen Bericht schreiben wollen, nach der drei Jahre langen Arbeit, sei aber ein Roman entstanden:
Am Anfang wollte ich einen informationsreichen journalistischen Bericht schreiben, dessen Ausgangspunkt die unglücklichen Ereignisse in unserem maroden Gesundheitsbereich darstellen sollten. Das Ganze hat sich aber in eine andere Richtung entwickelt, weil die Figuren, die ich trocken und mit einer gewissen Distanz beschreiben wollte, mit dem Ablauf der Handlung ihr eigenes Leben bekommen haben. So habe ich auch verstanden, dass das soziale Problem, mit dem ich mich befassen wollte nur den Ausgangspunkt für die Beschreibung der gesamten Situation im heutigen Rumänien darstellen könnte. Ich habe nicht lange überlegt, bevor ich mich entschied, ein Bild Rumäniens zu malen, eines Balkanlandes, dessen Schicksal von seiner geographischen Lage stark beeinflusst wurde. Ich habe meine Ruhelosigkeit in Bezug auf die Zukunft meines Landes zum Ausdruck gebracht. Der Roman enthält also eine starke soziale Komponente, die vom Leben als Ganzes nicht getrennt werden kann. Es handelt sich um das politische Leben und um den kulturellen Hintergrund meiner Gestalten. Aus dieser Sicht kann ich jetzt behaupten, dass sich mein Werk von einem journalistischen Bericht in einen Roman über Rumänien umgewandelt hat und im Anschluss sogar darüber hinaus gegangen ist, denn es befasst sich mit aktuellen Themen in Bezug auf Toleranz und die Fähigkeit, Andersdenkende zu akzeptieren.“
In Buchrezensionen wird Der Streik der Sünder“ als mehrstimmiger Roman beschrieben, in dem die Gegenwart als Synonym der Krise und der Korruption vorkommt und in dem der Autor die Vergangenheit des Orients und die Anfänge der modernen Medizin miteinander verschmilzt. Laut dem Autor sei das Buch auch durch das Bedauern nach dem Verlust einer Mentalität entstanden. Florin Chirculescu:
Ich bin im kommunistischen Rumänien aufgewachsen. Als ich vor der Wende ein Jugendlicher war, bedeutete mir die Hippie-Bewegung Flower Power sehr viel und ich kann sagen, dass sie auch heute meinen Lebensstil prägt. Diese Bewegung bedeutet nicht, sich ständig querzusetzen und sich stets beweisen wollen, dass man besser als die anderen ist und dass man immer Recht hat. Ganz im Gegenteil, die Vertreter dieser Bewegung wollen die anderen und ihre Standpunkte akzeptieren, was leider in der heutigen Gesellschaft ziemlich selten vorkommt. Das trifft nicht nur auf die rumänische Gesellschaft zu und ich spüre eine große Angst vor mangelnder Toleranz. Wegen erbitterter Menschen, die andere Meinungen nicht gelten lassen, entstehen folgenschwere Ereignisse. Es reicht, einen Blick zurück in die moderne Geschichte Rumäniens und Europas zu werfen.“
Sein Prosadebüt gab Florin Chirculescu 1993 in einer in den neunziger Jahren populären Science-Fiction-Zeitschrift: JSF. Als junger Schriftsteller wurde er mehrmals ausgezeichnet: Rund 40 Preise erhielt der Prosaautor, darunter den europäischen Preis für Debüt bei der SciFi Convention Eurocon in Glasgow im Jahr 1995 und zwei Jahre später den großen Preis des Verlags Nemira.