Neuer Roman der moldauischen Schriftstellerin Liliana Corobca
In ihrem jüngsten Roman Das Ende des Weges“ befasst sich die Schriftstellerin Liliana Corobca mit einem erschütternden Thema: die Deportation der Einwohner der Bukowina in die Steppe von Kasachstan.
Corina Sabău, 16.05.2018, 20:00
Der jüngste Roman der Schriftstellerin Liliana Corobca, Das Ende des Weges“, erzählt die Geschichte einer Frau, die in der Bukowina geboren wurde und Anfang der 1940er Jahre in die Steppe von Kasachstan deportiert wird. Nach einer grausamen Reise in den Güterwagen von Deportationszügen, wo Menschen und Vieh zusammen abtransportiert werden, muss die weibliche Hauptfigur zehn Jahre lang bittere Not und Hunger ertragen. Die Rettung Anas kommt allein aus ihrem Glauben und aus der Hoffnung, dass sie überleben wird. Vor einigen Jahren war Liliana Corobcas Roman Das Heft des Zensors“ erschienen, beide Romane seien ohne eine akribische Recherche nicht möglich gewesen, sagt die Autorin, die ebenfalls als Forscherin beim Institut für Aufarbeitung der Verbrechen des Kommunismus und das Gedächtnis an das rumänische Exil (ICCMER) tätig ist. Liliana Corobca ist auch Autorin einiger Studien über die kommunistische Zensur. Dazu die Autorin:
Beide Romane und beide Gestalten: die Zensorin und die deportierte Frau sind in meinen Gedanken zur gleichen Zeit zum Leben gekommen, ich musste entscheiden, mit welcher ich anfangen sollte. In meinem Rechner zu Hause gibt es zwei Ordner, der eine heißt »Das Heft des Zensors«, der andere »Das Ende des Wegs«. Die Titel gab es also schon lange, auch die Struktur, auf der ich beide Romane bauen sollte, ich musste nur den Beschluss treffen, welcher davon der erste sein wird. Ich habe mit der Zensor-Frau angefangen, einer Figur die den Schriftstellern immer den Kampf ansagt, die einen offenen Konflikt mit ihnen führt. Warum ich mit der Zensorin anfing? Weil ich die beeindruckende Geschichte der deportierten Frau für später aufheben wollte. Sie ist eine helle Gestalt mit einer starken geistlichen Kraft, die über große Hindernisse und Schwierigkeiten hinwegkommt.“
Eine Reise ins Dunkel, mit erschütternden Ereignissen, eine Reise in der der Leser nur im letzten Moment das entdeckt, was am Ende des Weges steht“ — so fasst die Autorin ihren jüngsten Roman zusammen:
In diesem Roman habe ich nur einigermaßen von den Bekenntnissen der Menschen Gebrauch gemacht, die eine solche Erfahrung erlebt haben. Meine Recherche basiert auf alten und wertvollen Urkunden und auf Erlebnissen von Deportierten, so komme ich zu meiner Geschichte und zu meiner Gestalt, die ich als sehr stark betrachte. Die Idee ist während eines telefonischen Gesprächs mit einem siebenbürgisch-sächsischen Freund entstanden, der eine neunzigjährige Mutter hat, die an Alterskrankheiten leidet. Sie lebte seit Jahren in Deutschland, aber sie glaubte irgendwie, dass sie noch in ihrem Heimatdorf in der Nähe von Sibiu (Hermannstadt) lebte. Als er mir das erzählte, dachte ich, dass ich eine Figur schaffen kann, die in ihrem Alter die Zeit der Deportation nach Kasachstan wieder erlebt. Einige Erinnerungen kamen immer wieder, aber auf einige musste ich verzichten. Eine der wichtigsten Szenen des Romans ist, als sie zum ersten Mal die Steppe sieht. Natürlich gab es auch andere Änderungen gegenüber der ursprünglichen Struktur, im Mittelpunkt blieben immer noch die alte Frau und ihre Erinnerungen. Nachdem ich diese Gestalt vollständig geschaffen habe, sagte ich mir, dass sie einen Dialog mit jemandem führen soll, infolgedessen habe ich eine andere Figur zum Leben gebracht, ihre Urenkelin, insofern habe ich dieses Verhältnis geschaffen zwischen dem schuldlosen Kind, das nichts über Geschichte und die Deportation seiner Großmutter weiß, und der Urgroßmutter, die diese Irrfahrt startet.“
Liliana Corobca wurde in der Republik Moldau im Dorf Săseni geboren. Ihr Roman Ein Jahr im Paradies“ wurde im Jahr 2005 im Verlag Cartea Românească veröffentlicht und ins Italienische und Deutsche übersetzt, der Roman Kinderland“ hat im deutschsprachigen Raum unter dem Titel Der erste Horizont meines Lebens“ einen bedeutenden Erfolg gefeiert. Der im Jahr 2013 im Verlag Cartea Românească erschienene Roman wurde im selben Jahr zum Bestseller auf der Buchmesse Bookfest ernannt, erhielt den Preis des Kultursenders des öffentlich-rechtlichen Hörfunks Radio România Cultural in der Sektion Prosa und ein Jahr später mit dem Preis Crystal auf der Internationalen Buchmesse in Vilenica, Slowenien, ausgezeichnet. Liliana Corobca ist auch Autorin eines Monologs in drei Akten, Die Zensur. Für Anfänger“, der 2014 ebenfalls in deutscher Übersetzung erschien.