Metaliteratur: „Geheime Gespräche“ – neuer Band von Ioana Pârvulescu erschienen
Unlängst ist der Band Geheime Gespräche“ der Schriftstellerin Ioana Pârvulescu erschienen. 2018 wurde der Band zum Bestseller auf der Buchmesse Gaudeamus.
Corina Sabău, 20.02.2019, 18:00
Ioana Pârvulescu ist die Preisträgerin der EU-Literaturpreises 2013. Die Schriftstellerin hat jüngst einen neuen Band veröffentlicht: Dialoguri secrete“ (Geheime Gespräche“). Der Band ist im Verlag Humanitas erschienen und ist vom Künstler Mihai Coşuleţu illustriert. 2018 galt der Band auf der Buchmesse Gaudeamus als Bestseller. Ioana Pârvulescu hat 37 Schriftsteller aus der Weltliteratur aller Epochen ausgewählt, von Homer und Platon bis Ionesco, Cioran, N. Steinhardt und Mircea Cărtărescu, und versuchte, ihre Werke zu lesen oder erneut zu lesen, als ob sie es zum ersten Mal tun würde.
Am Ende der Lektüre zeigte sich die Schriftstellerin von den besagten Büchern und ihrer Aktualität erobert und wies auf einige Einzelheiten hin, die ihr ein neues Bild von der Welt vermittelten. Die Literatur ist der Ort, in dem sich die Wirklichkeit vor unseren Augen enthüllt. In diesen Büchern hebt sich der Vorhang und die ganz im Geheimen ausgesprochenen Worte lassen sich langsam erblicken: Die Schriftsteller beten in Tagesbüchern wie Nicolae Steinhardts »Tagebuch der Glückseligkeit«, ihre Figuren beten wie in fiktionaler Belletristik. Wenn sie zusammengebracht werden, schaffen die ehrlichsten und stärksten Worte Emotionen, Spannung und Dramatik“, schreibt Ioana Pârvulescu über Geheime Gespräche“.
Die Literaturkritikerin Tania Radu hat auf der Buchvorstellung zwei der wichtigsten Merkmale des Buches betont: seine Zartheit und seine Fähigkeit, zum Nachdenken anzuregen:
Ioana Pârvulescu ist eine einzigartige Schriftstellerin in der rumänischen Gegenwartsliteratur. Sie war Literaturhistorikerin, dann Essayistin und Prosaautorin, und jetzt beherrscht sie ihr Metier und verknüpft in einer wunderbaren Art und Weise viele literarische Genres. Sie gehört zu jener Art von Schriftstellern, die heute so selten vorkommt. In diesem Band ließ sie sich nach eigener Aussage vom roten Faden der Erzählung und vom Vergnügen zum Erzählen treiben, aber das ist nichts Neues für sie. Ich erlebte eine große Überraschung, als ich das Buch las; ehrlich gesagt war hat mich der Titel etwas verwundert: »Geheime Gespräche« — denn ich wusste, dass es sich um ein Buch über die Gebete der Schriftsteller und der Figuren handelt.“
In der Tat liebe ich es, zu erzählen, egal ob es um Bücher in meiner Bibliothek geht, oder um das Leben der Menschen und das Leben meiner Gestalten, oder — warum nicht — um ihre geheime Gespräche, sagt die Schriftstellerin über ihr Buch:
Ich habe versucht, die Bücher in meiner Bibliothek erneut zu lesen, sie aus einem anderen Blickwinkel zu lesen. Vor langer Zeit habe ich davon geträumt, eine Anthologie der Gestalten zu schaffen, die alle, Literaturkritiker und Leser, einfach vernachlässigen. Viele meiner Studenten haben an der Buchpräsentation teilgenommen, deswegen möchte ich auf ein Beispiel aus dem Klassiker »Enigma Otiliei« (»Das Geheimnis der Otilia«) von George Călinescu hinweisen. Wer erinnert sich noch an die Dienerin Marina aus diesem Roman? Diese Gestalten werden vernachlässigt, aber der Autor erschafft sie mit einem bestimmten Zweck. Wir müssen einige Bücher neu lesen, und um das vernünftig zu machen, muss man einen sogenannten Faden haben. In diesem Fall waren die Gebete der literarischen Gestalten mein Faden. Eines der Gebete, das mich bei der ersten Lektüre völlig erschüttert hat, ist in Tolstois »Krieg und Frieden« zu finden. Es handelt sich um das Gebet von Platon Karatajew, und er ist auch eine eher vernachlässigte Gestalt. Dieses Gebet hat mich als Studentin beschäftigt und es bildete, neben anderen, den Ausgangspunkt meines Buchs über vernachlässigte literarische Gestalten.“
Ioana Pârvulescu unterrichtet rumänische Literatur an der Universität in Bukarest. 18 Jahre lang war sie Redakteurin bei der Literaturzeitschrift România literară“, wo sie wöchentlich Artikel veröffentlicht hat. Im Verlag Humanitas hat sie die Reihe Cartea de pe noptieră“ (Das Buch auf dem Nachttisch“) gestartet und koordiniert. Einige ihrer Bücher sind: Das Alphabet der Damen“ (1999), Literarische Vorurteile“ (1999), Rückkehr ins Bukarest der Zwischenkriegszeit“ (2003, zweite Auflage 2007 erschienen), Rückkehr ins 21. Jahrhundert“ (2009), Das Leben beginnt am Freitag“ (2009), Das Buch der Fragen“ (2010), Die Welt als Zeitung. Die vierte Macht: Caragiale“ (2011), Die Zukunft beginnt am Montag“ (2012). Der Roman Das Leben beginnt am Freitag“ ist 2011 in schwedischer Übersetzung erschienen und wird derzeit in weitere fünf europäische Sprachen übersetzt.