Festival mit feministischem Anspruch: Frauen auf der Mătăsari-Straße
Die Mătăsari-Straße war lange für ihre Rotlicht-Szene bekannt. Zum fünften Mal schon versucht ein Straßenfestival, der Nebenstraße im Nordosten Bukarests am Wochenende mit Musik, bunten Ständen und Cafés Leben einzuhauchen.
România Internațional, 10.06.2015, 15:24
Die Mătăsari-Straße war lange für ihre Rotlicht-Szene bekannt. Zum fünften Mal schon versucht ein Straßenfestival das zu ändern: Femei pe Mătăsari“, zu deutsch Frauen auf der Mătăsari“, hat der Nebenstraße im Nordosten Bukarests am Wochenende mit Musik, bunten Stände und Cafés Leben eingehaucht. Die Idee zum Festival kam Iulian Văcărean von der Organisation Beneva“ an einem lauen Sommerabend vor gut fünf Jahren. Zusammen mit einer Freundin stand er an der Mătăsari-Straße vor ihrem kurz zuvor dort eröffneten Kulturhaus. Es war schon spät, irgendwann fuhr ein Taxi vorbei. Der Fahrgast rief aus dem Wagen: Junge, wieviel kostest du?“ Da dachte sich Văcărean, dass es dem Viertel gut tun würde, wenn andere Fragen gestellt würden:
Wir haben entschieden, dass es an der Mătăsari nicht mehr darüber gesprochen wird, wieviel du kostest, sondern was die Stadt für dich bedeutet, was die Straßen bedeuten, was Menschen bedeuten und zuletzt, was wir bedeuten.“
Neben witzig gemeinten Aktionen, wie einem High-Heels-Wettrennen (Bilder davon in unserer Fotostrecke) gab es auch ernst gemeinte Aktionen wie Diskussionen und Stadtviertelführungen. Edmond Niculușcă von A.R.C.E.N. (Rumänischer Verein für Kultur, Bildung und Normalität) erklärt, was der Sinn dahinter ist:
Die Mătăsari-Gegend ist eine der ältesten Gegenden Bukarests, das Ende der Mătăsari-Gasse, der Moșilor-Markt und der Moșilor-Weg sind sehr alte Straßen, die dreihundert Jahre alt sind. Wir spazieren mit den Bukarestern durch diese Straßen zum einen wegen der Architektur dort, zum anderen erzählen wir ihnen alle möglichen Geschichten von den Menschen, die dort gelebt haben. Wir versuchen, die Leute mit Geschichten der Stadt zu bewegen, weil, wenn du von Stadtgeschichten bewegt worden bist, dann wirst du dich mit Sicherheit aktiv einbringen, wenn es um das Verständnis des Schutzes des baulichen Erbes der Hauptstadt geht.“
Ganz dem Kommerz entziehen konnte sich das Festival jedoch nicht. Die Stände mit Schmuck, Kleidung waren augenscheinlich das Herzstück der Veranstaltung. Was die politische — und feministische — Botschaft des auf dem Festival angebotenen Workshops Wie wirst du berühmt?“ sein sollte, bei dem auch Stylisten als Redner eingeladen waren, blieb ebenfalls etwas fragwürdig. Zu Gute halten kann man dem Festival jedoch in jedem Fall eines: Es hat den urbanen Raum zumindest für ein Wochenende den Fußgängern zugänglich gemacht. In Bukarest, wo das Auto immer noch am meisten Raum bekommt, ist das gerade im Sommer eine schöne Abwechslung.
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