Feministisches Roma-Theater: Darstellerin Mihaela Drăgan in Bukarest und Berlin erfolgreich
Mihaela Drăgan hat in Rumänien ein Theaterensemble gegründet, dessen Darstellerinnen und Darstellern der Roma-Minderheit entstammen. In Berlin tritt sie im Maxim-Gorki-Theater auf, wo 80% der Darsteller einen Migrationshintergrund haben.
Carmen Săndulescu, 07.08.2019, 17:45
Ich fühle mich privilegiert, dass ich unter 9 Schriftstellerinnen für dieses internationale Residenzprogramm in London ausgewählt wurde. Es war eine unvergessliche Erfahrung sowohl aus beruflicher als auch aus persönlicher Sicht.“ Mihaela Drăgan, Jahrgang 1986, ist Schriftstellerin und Darstellerin, lebt in Bukarest und Berlin. Sie ist unter anderen im Film Aferim!“ aufgetreten, der auf der Berlinale mit dem Silbernen Bären ausgezeichnet wurde. Die Teilnahme am Residenzprogramm in London bezeichnet die junge Darstellerin als Wendepunkt in ihrem Werdegang:
Es war eine einzigartige Erfahrung, mit der Royal Court in London zu arbeiten. Das Residenzprogramm dauerte drei Wochen und es war sehr intensiv. Ich habe täglich an Workshops für kreatives Schreiben teilgenommen, die von berühmten Autoren aus Großbritannien gehalten wurden. Ich habe viele Darsteller getroffen und viel gearbeitet. Jeder Teilnehmer hat dabei ein Theaterstück geschrieben. Jetzt sind wir ein wenig nostalgisch, dass es zu Ende kam, hoffen aber, uns bald wieder zu sehen. Die Organisatoren legten den Akzent auf das Thema neue Politiken im Kontext des Ausstiegs Londons aus der EU, weil das Theater eine wichtige Stellung in diesem Zusammenhang einnimmt. Das gab mir auch die Chance, darüber zu sprechen, was geschehen könnte, wenn im heutigen Europa die extremen Einstellungen gegenüber Migranten stärker werden.“
Die Aufführung soll im Herbst auch in Rumänien auf die Bühne gebracht werden und die Darstellerin erwartet voller Begeisterung diesen Moment. Erstmals wurde sie eigentlich beim Rumänischen Kulturinstitut in London vorgestellt und fand eine sehr gute Resonanz beim Publikum. Die Handlung spielt in der nahen Zukunft, eine Gruppe von Roma-Hexen verfügt über die neuesten Mittel der Technik, die sie im Kampf gegen den Neofaschismus einsetzen. Für Mihaela Drăgan war der Auftritt beim Rumänischen Kulturinstitut in London eine schöne Überraschung, besonders als sie feststellte, dass das Publikum sehr vielfältig ist. Auch die Erfahrung beim Berliner Theater Maxim Gorki“, mit dem sie seit zwei Jahren zusammenarbeitet, war aus dieser Sicht sehr erfreulich:
80% der Darstellerinnen und Darsteller haben einen Migrationshintergrund, und das Theater erfreut sich eines Riesenerfolgs. Ein ähnliches Theaterensemble habe ich auch in Rumänien gegründet, wir sind unabhängig, treten in unkonventionellen Räumen auf und verfügen über kein Budget. In Berlin gab es jeden Abend rund 400 Zuschauer bei unseren Aufführungen, wir hoffen auch, eines Tages so berühmt zu werden. Meine Kolleginnen vom Theater »Giuvlipen« (in etwa: Frauenpower“ in Romanes — Anm. d. red.) und ich sind wahre Bahnbrecherinnen, was das Roma-Theater in Rumänien angeht, aber das ist nicht das Wichtigste für uns, dass wir als die Ersten in diesem Bereich betrachtet werden. Wichtig ist, dass wir eine neue, frische und innovative Vision bringen. Wir bleiben in enger Verbindung mit den sozial-politischen Bewegungen der Welt und natürlich befassen wir uns auch mit der Rolle der Frauen sowohl in der Roma-Minderheit als auch im ganzen Land. Wir glauben, dass sich die Mentalität ändert und die Gesellschaft deutliche Fortschritte macht, aber manchmal müssen wir feststellen, dass wir hingegen Schritte zurück machen, besonders wenn die Frau als Gegenstand betrachtet wird.“