QSL 3 / 2014
QSL März 2014 – Fürstenhof in Târgovişte
Sorin Georgescu, 28.03.2014, 09:47
Der Fürstenhof in der Stadt Târgovişte ist ein Komplex von mittelalterlichen Bauten und Festungsanlagen und war zugleich über Jahrhunderte Residenz der walachischen Woiwoden und wichtiger Teil des Verteidigungssystems des Landes.
Die Stadt Târgovişte (der Ortsname slawischer Herkunft bedeutet Marktplatz”) wird zum ersten Mal im 15. Jh. erwähnt. Im Jahr 1403 wird die Ortschaft in einem Handelsabkommen zwischen der Walachei und Polen als Stadt“ oder Festung“ erwähnt. Überliefert ist auch, dass ab 1408 Târgovişte Residenzstadt des Fürsten Michael I. wurde. Der Bayer Johannes Schiltberger hatte an der Schlacht von Nikopolis (1396) teilgenommen und seine Reiseeindrücke 1427 niedergeschrieben. In seinen Reisebeschreibungen wird die Stadt erneut erwähnt.
Die erste urkundliche Erwähnung des Fürstenhofs erfolgt in einem auf 1417-18 datierten Kanzleidokument des Fürsten Michael I., Sohn Mircea des Älteren, in dem der Vermerk zu lesen ist: aus dem Hause meiner Herrlichkeit in der Stadt meiner Herrlichkeit, Târgovişte“. Der Fürstenhof hatte anfangs eher bescheidene Dimensionen und umfasste zunächst nur ein Gebäude aus Stein mit Keller und einer Befestigungsanlage aus Holz, die nach 1400 erbaut wurden. Um das Jahr 1415 ließ Mircea der Ältere auch die erste Kirche im Fürstenhof errichten. Nach 1431 veranlasst Fürst Vlad II. der Drache (1437 — 1448) großangelegte Ausbauarbeiten und verwandelt die Residenz somit in einen richtigen Komplex: Sie umfasst nun den Fürstenpalast und die Kirche im Inneren, die Umfriedungsmauer und in ca. 30 m Entfernung die Verteidigungsgräben an der südwestlichen und nördlichen Flanke. Sein Sohn und Nachfolger, Fürst Vlad III. Drăculea (1456 — 1462), in der Geschichte unter dem Beinahmen Der Pfähler“ berüchtigt, vervollständigt den Fürstenhof mit dem Wachturm, der später den Namen Chindia“ bekommen sollte. Ebenfalls aus dieser Zeit stammt eine weitere Kirche am südöstlichen Rand des Fürstenhofs.
Ende des 16. Jh. werden neue Bau- und Festigungsarbeiten veranlasst. Der Herrscher Petru Cercel (1583-1585) lässt einen neuen Palast, eine größere Hof-Kirche und den ersten Aquädukt errichten sowie die Festungsanlagen erweitern. Der Fürstenhof dehnt sich nun auf einer Fläche von ca. 29.000 qm aus, das Areal bleibt während der ganzen Zeit, in der Târgovişte Residenz der walachischen Fürsten war, nahezu unverändert. Außerhalb der Umfriedung wurden im Osten die fürstlichen Gärten bis zum Ufer des Flusses Ialomiţa angelegt.
In den Jahren 1639 — 1654, die letzten Herrscherjahre des Woiwoden Matei Basarab, erreichte der Fürstenhof seine höchste Blütezeit. Der Palast und seine Gemächer werden restauriert und ausgebaut, die Umfassungsmauern verdoppelt, im Süden des Komplexes entsteht ein türkisches Bad. Ebenfalls in dieser Zeit wird die Casa Bălaşa“ (1656) errichtet, eine Unterkunft für Alte, Kranke und Bedürftige. Die Einrichtung und ihr Name ist der Ehefrau des Fürsten Constantin Şerban zu verdanken.
Eine neue und letzte Restaurierung und Erweiterung erfährt der Fürstenhof als solcher in der Herrscherzeit Constantin Brâncoveanus (1694 — 1714). Die zwei bis dahin getrennten Flügel des Palastes werden anlässlich der Restaurierungsarbeiten miteinander verbunden, außerhalb der Umfriedung wird ein Feuerturm in den Gärten errichtet, im Süden entstehen je ein Haus für den Teichverwalter und die Prinzen. Die Große Fürstenkirche erhält eine neue Ikonostase, die Innenmalerei wird völlig erneuert. In dieser Zeit des zu Ende gehenden 17. Jh. wird die Residenz immer wieder aufgrund von Krieg oder zugunsten des aufstrebenden Bukarests zeitweilig verlassen, doch die Rückkehr des Woiwoden nach Târgovişte bedeutete immer auch die Restaurierung des Fürstenhofs. Nach dem Tod Constantin Brâncoveanus im Jahr 1714 wird der Fürstenhof endgültig in die neue Hauptstadt Bukarest verlegt, der Komplex in Târgovişte wird dem Verfall preisgegeben.
Im 19. Jh., der Zeit der Nationen und Nationalitäten, werden die Ruinen des alten Fürstenhofs von Târgovişte als Zeuge einer glorreichen Vergangenheit angesehen und als Symbol einer geistigen und politischen Wiedergeburt des Landes betrachtet. So beginnen die Restaurierungsarbeiten bereits damals: Auf Initiative des Prinzen Gheorghe Bibescu wird zunächst der Chindia-Turm von 1847 bis 1852 instandgesetzt. Auf Anordnung der Kommission für Historische Denkmäler wird in den Jahren 1907-1910 die Große Fürstenkirche restauriert, 30 Jahre später nimmt sich der Archäologe Virgil Drăghiceanu, ein Sohn der Stadt Târgovişte, der Freilegung der Ruinen im Nordosten des Areals an.
Die weitest gehenden Restaurierungsarbeiten fanden von 1960 bis 1977 statt und umfassten den gesamten Komplex. Seit 1967 ist das gesamte Areal ein staatliches Museum und somit Besuchern zugänglich, die offizielle Bezeichnung lautet Nationaler Museumskomplex Fürstenhof von Târgovişte“. Abgesehen vom Freilichtareal kann man im Chindia-Turm eine Dokumentations-Ausstellung zum Leben des Fürsten Vlad der Pfähler besichtigen, im Keller des von Petru Cercel errichteten Palastes ist ein Lapidarium untergebracht, die Große Fürstenkirche beherbergt eine Ausstellung religiöser Kunst und im Haus der Fürstin Bălaşa ist eine thematische Ausstellung zur Geschichte der Restaurierungsarbeiten zu bewundern.
Quelle: www.curteadomneascatargoviste.ro