Hörerpostsendung 20.10.2013
Heute mit Zuschriften zum Thema Roşia Montană von unseren Hörern Lutz Winkler, Jörg-Clemens Hoffmann, Martin Brosche und Wolfgang Kühn.
Sorin Georgescu, 20.10.2013, 16:07
Hinweis auf die Winterfrequenzen 2013/2014.
Mehrere Hörer haben unserer Berichterstattung die Kontroverse um das Goldförderungsprojekt im siebenbürgischen Roşia Montană (Goldbach) entnommen und ihre Meinung dazu geäußert.
So etwa schrieb Lutz Winkler (Schmitten im Taunus, Hessen):
Sie berichteten in den letzten Wochen über das Goldtagebauprojekt in Roşia Montană in den rumänischen Westkarpaten. Wirtschaftliche Interessen einerseits stehen den Umweltschutzinteressen und den Interessen der rumänischen Bürger entgegen. Die Zeiten, in denen große Konzerne für wenige Abgaben an ein Land, dessen Bodenschätze sie ausbeuten, beträchtliche Gewinne machen, sollten vorbei sein. Ich verstehe immer nicht, wie solche Projekte geplant werden: die Menschen, die die Pläne betreffen, werden kaum einbezogen. Und leider sagen die Experten auch nicht immer die Wahrheit. Der Einsatz von Chemie bei der Förderung würde mir auch Angst machen. So ist es ja auch beim Thema Fracking, der Gewinnung von Schiefergas. Wenn ich höre, welche Stoffe da in die Erde hinein gepumpt werden — da wird mir ganz anders. Ein wenig mehr Ehrlichkeit und Offenheit — das würde die Menschen in ihrer Entscheidung mündiger machen. Haben Sie jedenfalls vielen Dank für die neutrale Berichterstattung zu diesem Thema.
Und auch Jörg-Clemens Hoffmann (Alsbach-Hähnlein, Hessen) sieht das Projekt kritisch und berichtet über Demonstrationen dagegen in Deutschland:
Mit großem Interesse habe ich Ihre Berichterstattung über den umstrittenen Goldtageabbau in Rumänien verfolgt. Auch in Deutschland gab es gegen den Abbau von Gold in Roşia Montană Demonstrationen und kritische Zeitungsartikel, beispielsweise in der Süddeutschen Zeitung. Ich hoffe, dass die Proteste der Bevölkerung dazu führen werden, dass die Regierung dieses umweltgefährdende Projekt endgültig stoppen wird. Zumal das Umweltrisiko bei Rumänien liegt, die Gewinne aber bei der kanadischen Firma verbleiben. Bitte berichten Sie weiterhin kritisch über die Pläne der Bergbaugesellschaft in den deutschen Sendungen von RRI.
Martin Brosche (Schwäbisch Gmünd, Baden-Württemberg) sieht kein ausgewogenes Verhältnis zwischen Umweltrisiken und wirtschaftlichem Gewinn:
Im Globalen Dorf (vom 21.9.2013) ging es um das Pro und Contra eines Goldbergwerks bei Roşia Montană. Ja, Arbeit wäre schon sinnvoll, aber die Zyanidsätze verpesten das Wasser und Tier und Mensch. Aber Vorsicht: Den Gewinn machen da bestimmt die Auslandsinvestoren. Denken Sie an Südafrika. Dort holen auch einfache Arbeiter billigst das Gut aus dem Berg.
Ähnlich ist die Sicht eines unserer langjährigsten Hörer, Wolfgang Kühn (aus Rudolstadt, Thüringen):
In Ihren letzten Programmen beschäftigen mich vor allem die Meinungsverschiedenheiten zum Goldbau in Roşia Montană. Ob die zu erwartenden Schäden an Natur und historischer Substanz den eventuellen Nutzen (Arbeitsplätze, Gewinne nicht nur für die Konzerne) entsprechen, erscheint mir aus meiner Sicht doch sehr fraglich. Jedoch entscheiden muss Ihr Land!
Liebe Freunde, herzlichen Dank für Ihre Meinungen, die im Prinzip die gesamte Palette der Argumente abdeckt, die Umweltaktivisten und damit Gegner der Tagebauförderung mit dem hochgiftigen Zyanid vertreten. Ob man nun für oder wider das Projekt ist — das eigentliche Problem ist eher die systematische Umgehung einer öffentlichen Debatte durch die Politiker. Die Demonstranten werden einfach ignoriert oder als Öko-Terroristen abgestempelt, wie jüngst in einem Bericht des Rumänischen Nachrichtendienstes. Beispiellos ist auch der Wankelmut der rumänischen Politiker. Die derzeit regierende Sozial-Liberale Union (USL) hatte noch in der Opposition den Tageabbau in Roşia Montană heftig kritisiert, nicht aber aus Sorge für die Umwelt, sondern um den damals regierenden Konservativen von der Liberaldemokratischen Partei (PDL) und dem Staatspräsidenten Traian Băsescu eins auszuwischen, da sie ausgewiesene Befürworter des Projekts waren. Ministerpräsident Victor Ponta zog sogar den Spott der nur noch wenigen objektiven Beobachter und Kommentatoren auf sich, als er sich zur infantilen Äußerung hinreißen ließ, er sei gegen die Goldförderung von Roşia Montană allein deshalb gewesen, weil sie der Präsident Băsescu befürwortete, also müsse es sich um etwas Schlechtes handeln. Kaum hatte die USL die Wahlen gewonnen, machten viele ihrer ranghohen Vertreter einen Schwenk von 180 Grad und ließen verkünden, sie würden das Projekt nun doch unterstützen, denn die Region brauche Arbeitsplätze. Und wieder ließ Premierminister Ponta mit einer diesmal schwer einzustufenden Äußerung von sich hören, wollte man noch höflich bleiben: Er würde das Projekt als Regierungschef gutheißen, als Parlamentsabgeordneter hingegen ablehnen. Manche Kommentatoren nannten dies schizoid.
Unter diesen Umständen ist es kein Wunder, dass nun auch die Demonstranten zur Radikalisierung tendieren. Am Donnerstagabend lauerten Protestierende dem Kulturminister Daniel Barbu auf, der zuvor an einer Kulturveranstaltung teilgenommen hatte, bedrängten und bewarfen ihn mit Münzen und schlugen die Heckscheibe seines Autos ein. (Video vom Zwischenfall) Die Organisatoren des Protest bestreiten dies allerdings und behaupten, die Heckscheibe sei von allein geplatzt, weil der Minister die Tür seines Wagens in einem Anflug von Nervosität zugeknallt habe. Dem Minister wird vor allem vorgeworfen, er habe das Projekt abgesegnet und dabei die Schutzmaßnahmen des kanadischen Unternehmens für die alten römischen Schächte für hinreichend befunden. Die Gegner des Projekts sehen das definitiv anders und meinen, allein die Existenz dieser Schächte würde zur Aufnahme von Roşia Montană ins Weltkulturerbe der UNESCO und damit zur Unterbindung des Goldförderungsprojekts berechtigen.
Zum Glück ist bei dem Handgemenge niemand verletzt worden und der Minister sagte bislang, er wolle auch keine Anzeige gegen die Aktivisten erstatten, die ihn bedrängt haben. Gewalt ist auf jeden Fall zu veurteilen, auch wenn der Zweck der Proteste richtig erscheinen mag, das steht außer Zweifel. Die Politiker müssen aber auch begreifen, dass fehlende Transparenz in Entscheidungsprozessen und arrogantes Hinwegtreteten über die Zivilgesellschaft unweigerlich zur Radikalisierung von Protestbewegungen mit unvorhersehbaren Folgen führen kann.
Zeit für die Posteingangsliste. Herkömmliche Briefe erhielten wir von folgenden Hörern:
Kurt Rainer (Moers, NRW), Klaus Huber (Karpfham/Bad Griesbach, Niederbayern) — danke auch für die beigelegte Postkarte, Christoph Jestel (Laußig, Sachsen), Reiner Peuthert (Stendal, Sachsen-Anhalt), Renate und Günter Traunfellner (Salzburg, A) u.a. mit einer knappen Meinung zu unserem Hörertagthema, Michael Lindner (Gera, Thüringen) schickte seine Empfangserichte auf schönen selbstgeschossenen Fotos von der Oberweißbacher Bergbahn im Thüringer Wald, Christoph Paustian (Häusern, Baden-Württemberg) — danke auch für die beigelegten Zeitungsausschnitte, Martin Brosche (Schwäbisch Gmünd, Baden-Württemberg) u.a. mit seinen Gedanken zum Hörertag, Günter Jakob (Neuberg bei Passau, Bayern), Hans Gosdschan (Cottbus, Brandenburg), Helmut Kiederer (Heilbronn, Baden-Württemberg), Wolfgang Kühn (Rudolstadt, Thüringen) mit seinen ausführlichen Überlegungen zum Hörertag und ebenso Wolfgang Waldl (Wien, A).
Ein Fax erhielten wir von Günter Spiegelberg (Güstrow, Mecklenburg-Vorpommern).
E-Mails erhielten wir bis einschließlich Freitagnachmittag von Joé Leyder (Luxemburg), Josef Robl (Österreich) sowie Yigal Benger, Anna Seiser, Ralf Urbanczyk, Sieghart Brodka, Lutz Winkler, Herbert Jörger, Heinrich Eusterbrock, Fritz Andorf und Werner Hoffmann (alle aus Deutschland) — die zuletzt genannten auch mit ihren Beiträgen für den Hörertag am 3. November.
Das Internetformular nutzten Claudio Martijena (Argentinien) und Andreas Klauck (Deutschland).
Übernächster Sonntag ist der Hörertag, 13 Beiträge der Hörer unseres deutschen Programms haben wir bislang erhalten, bitte haben Sie Verständnis dafür, dass eventuelle Beiträge, die später als der 30. oder 31. Oktober noch eintreffen, in der Sendung leider nicht mehr berücksichtigt werden können.
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