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Erde steht vor neuem Massenaussterben

In ihrem Report Living Planet 2016 berichten die Organisation WWF und die zoologische Gesellschaft in London über bedrückende Zustände in der Artenvielfalt.

Erde steht vor neuem Massenaussterben
Erde steht vor neuem Massenaussterben

, 25.11.2016, 17:58

Allein in den letzten 40 Jahren sind 60% der Wirbeltiere ausgestorben — bedroht sind insbesondere Tiere in den Wäldern, Flüssen, Seen und Feuchtgebieten, so der Bericht von WWF. Verantwortlich für diese Entwicklung ist der Mensch, der die Wildgebiete zur Erschlie‎ßung von Acker- oder Bauland zerstört und dabei ganze Bevölkerungen von asiatischen Tigern, Rhinozerossen, afrikanischen Elefanten, Adlern oder Fischen geopfert hat. Die Umweltverschmutzung trägt das Ihrige dazu bei. In der Landwirtschaft werden gro‎ße Mengen an Chemikalien eingesetzt, die sich auf die Habitate und Arten entweder unmittelbar oder indirekt, durch die Verschmutzung von Boden und Wasser auswirken. Schwertwale und Delfine in den Meeren Europas leiden aufgrund der Industrie. Ein Drittel aller Haifisch- und Rochenarten ist bereits vom Aussterben bedroht, vor allem wegen der Überfischung.



Den Report deutet in der Folge Magor Csibi, Direktor von WWF in Rumänien: Was uns der Bericht eigentlich sagt, ist klar: Leben wir weiter so wie bislang, beeinflussen wir die Natur wie bisher, beginnt das sechste Massenaussterben auf unserem Planeten. Der Bericht kommt au‎ßerdem zum Schluss, dass wir in einer neuen geologischen Ära leben, im so genannten Anthropozän. Erscheinen Spuren der Vulkane und Meteoriten in den Gesteinsschichten von vor 100 Tausend Jahren, so werden in Millionen Jahren auch unsere eigenen Spuren zu sehen sein: zum Beispiel Plastik und andere verschmutzende Substanzen, die wir im Moment produzieren. Der Menschen beeinflusst also nicht nur die unmittelbare Umwelt, er hinterlässt eine geologische Spur, die in Zukunft sichtbar sein wird“, sagt Magor Csibi.



Die bisherige Ausgabe des Berichts, die 2014 veröffentlicht wurde, geht von einer Halbierung der Arten in den letzten 40 Jahren aus. Dieser Trend geht weiter, befürchtet Magor Csibi: Seit 1970 haben wir 58% der Artenvielfalt eingebü‎ßt. Geht dieser Trend weiter, werden wir in den nächsten vier Jahren zwei Drittel aller Arten verlieren. Und die Verluste sind nicht gleichmä‎ßig — in manchen Gebieten sterben mehr aus. In den Sü‎ßwassergewässern haben wir 80% der Biodiversität verloren, auf dem Festland sind es 53%. das Problem ist extrem ernst – wir verlieren jetzt mittlerweile auch Arten, die uns sehr nahe sind. Normalerweise denken wir gleich an Tiger, an Elefanten, an schwarze Rhinozerosse usw. Aber es geht um mehr. Thunfisch zum Beispiel ist sehr wichtig als Nahrung und wird in den nächsten zehn Jahren zur Neige gehen – und dann ganz verschwinden. In Rumänien werden im Frühling ganz viel Maiglöckchen gepflückt, weshalb dieser Art auch verschwinden würde. Wir haben dann ein ganz gro‎ßes Problem mit den Bienen, deren Zahl massiv rückläufig ist. Treffen wir jetzt keine Gegenma‎ßnahmen, wird es für uns in Zukunft sehr unangenehm“, vermutet der Chef von WWF-Rumänien.



Wissenschaftlern zufolge muss der Mensch sein Verhalten dringend ändern und Lösungen finden, um die Ökosysteme, von denen er abhängt, wiederherzustellen. Weniger Lebensmittelabfall und erneuerbare Energien wären ein guter Anfang, glaubt Magor Csibi: Wir Endverbraucher müssen uns ändern, wir müssen der Verschwendung Einhalt gebieten. In der Landwirtschaft sind die Probleme sehr akut — wir ernähren uns heute mit 12 Pflanzen- und fünf Tierarten, haben also eine riesige Vielfalt durch 17 Arten ersetzt. Das wird die Zukunft stark beeinflussen. Die Landwirtschaft ist das grö‎ßte Problem für die Wälder. Sie ist der Hauptgrund für die Abholzung und braucht 70 Prozent der Wasserressourcen auf. Dabei werfen wir einen guten Teil der Lebensmittel weg, mehr als ein Drittel. Energiepolitisch muss auch viel verändert werden — bewegen wir nichts zum Abbau unserer Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen, geht der Klimawandel weiter voran. Im Gro‎ßen und Ganzen können wir davon ausgehen, dass wir am Abgrund stehen.“



Living Planet bringt aber auch positive Beispiele — sie zeigen, dass der Mensch auch etwas bewirken kann, wenn es den Willen gibt. In Frankreich waren Luchse 1970 faktisch ausgestorben, heute gibt es wieder 108 Exemplare. Riesenpandas oder Biber gelten heute nicht mehr als bedroht. Und in Rumänien laufen gerade Versuche, den Auerochsen wieder in sein natürliches Habitat einzuführen.

Foto: Scott Goodwill / unsplash.com
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