Wohltätigkeit: Schräge Aktionen für gute Zwecke
Großangelegte Spendenkampagnen werden in Rumänien durch das soziale Engagement und den einfühlsamen Geist von Freiwilligen möglich, die sich zum Ziel setzen, den Bedürftigen zu helfen.
Christine Leșcu, 08.07.2015, 18:04
Großangelegte Spendenkampagnen werden in Rumänien durch das soziale Engagement und den einfühlsamen Geist von Freiwilligen möglich, die sich zum Ziel setzen, den Bedürftigen zu helfen. Die Initiativen der Stiftungen Beard Brothers“ und Free Mioriţa“ stießen auf ein großes Interesse und ihre Mitglieder machen auf nonkonformistische Weise die anderen darauf aufmerksam.
Spenden, die die medizinische Behandlung von Krebskranken möglich machen, öffentliche Sammelaktionen zur Ausstattung von Schulen mit Büchern und Rechnern sowie von Krankenhäusern mit Geräten der neuesten Generation — all dies wurde in den letzten Jahren mithilfe von Spendenkampagnen unter Privatpersonen möglich. Junge und engagierte Menschen mit einem starken Wunsch nach Änderungen, die gleichzeitig keine Geduld mehr haben, um von den Behörden Unterstützung zu erwarten, leisten ehrenamtliche Arbeit bei Wohltätigkeitsstiftungen. Viele davon wurden von ihnen selbst gegründet. Diese Stiftungen werden, wie erwartet, von der Persönlichkeit ihrer Gründer stark geprägt. So zum Beispiel die Stiftung Beard Brothers“ aus im mittelrumänischen Cluj (Klausenburg). Gegründet wurde die Stiftung von einer Gruppe bärtiger und tätowierter Motorradfahrer, die aus ihrem Image ein Markenzeichen gemacht haben. Eines der Mitglieder der Gruppe, Cornel Hoza, kommt zu Wort mit Einzelheiten:
Wir haben die Stiftung im November 2013 gegründet. Wir haben ambitionierte Pläne, wir wollen uns möglichst viel in der Gesellschaft engagieren und möglichst vielen Mitmenschen helfen. Wir haben bislang sieben großangelegte Spendenkampagnen, begleitet von verschiedenen Veranstaltungen, organisiert. Wir engagieren uns in jeder Art von Wohltätigkeitsaktionen, wir folgen keinem Muster. Unser soziales Engagement wird einfach von Gefühlen ausgelöst. Wir haben Spenden für ein krebskrankes Kind gesammelt, wir haben einem Kindergarten für Kinder mit Behinderungen einen Bus besorgt.“
Bei anderen Projekten hat die engagierte Gruppe Müll gesammelt und durch Spendenkampagnen bedürftigen Menschen geholfen. Inwieweit hat ihr Nonkonformismus zum Erfolg der Kampagnen beigetragen? Auf diese Frage antwortet unser Gesprächspartner Cornel Hoza:
Die Bärte, die Tattoos, die Motorräder und vor allem ihr einfühlsamer Geist haben die Beard Brothers“ zu einer immer größer werdenden Gruppe gemacht. Die Stiftung zählt jetzt 29 bärtige Männer, denen sich auch 30 Frauen anschlossen, die nun die Sparte Sisterhood“ bilden.
Dank ihres Umweltbewusstseins und des Interesses für Reisen haben die Mitglieder des Verbands Free Mioriţa“ ihre Hobbys und den Wunsch, anderen in nonkonformistischer Weise Gutes zukommen zu lassen, auf einen gemeinsamen Nenner gebracht. Wie die Initiative entstand, erläutert Iulian Angheluţă:
Am Anfang haben wir Strände gereinigt und Kleider für Bedürftige gesammelt. Einer besonderen Popularität hat sich unsere Aktion »Unterwegs mit dem rumänischen Dacia-Auto bis in die Mongolei« erfreut. Das war im Sommer 2012, das Jahr, in dem wir den Verband gründeten. Es handelte sich um eine humanitäre Rallye. Es war eine echte Herausforderung, bis in die Mongolei mit dem Dacia zu fahren, dann haben wir das Auto am Zielort, genau wie alle Teilnehmer, einer Nichtregierungsorganisation gespendet. Die Organisation hat dann alle Autos der Teilnehmer versteigert. Ziel des Projektes war es, den mongolischen Nomadenkindern Tablets oder jede Art von digitalen Geräten anzubieten, die ihnen den Zugang zur Ausbildung ermöglichen.“
Das engagierte Team wollte sich an der Rallye mit einem rumänischen Auto beteiligen. Nicht zufällig gaben sie dem Auto den Namen einer berühmten rumänischen Volksballade: Mioriţa“ (zu dt. Das Schäflein“). Nach der Rückkehr aus der Mongolei stießen Iulian Angheluţă und seine Freunde eine neue Initiative an: Rumänische Dörfer, die noch nicht elektrisch beleuchtet waren, mit Strom zu versorgen. Der Mangel an elektrischer Beleuchtung betrifft zahlreiche Familien. Iulian Angheluţă kommt erneut zu Wort mit Einzelheiten:
Nach der Volkszählung aus dem Jahr 2011 stellte sich heraus, dass es in Rumänien 284.000 Haushalte gibt, die am Stromnetz nicht angeschlossen sind. Das ist die offizielle Zahl. |
Diese Kampagne fand ihren Startpunkt im westrumänischen Dorf Ursici, Landkreis Hunedoara, später wurde sie auch in den Landkreisen Suceava, Maramureş, Caraş-Severin und Braşov (Kronstadt) organisiert. Mioriţa-Mitglieder haben dort mobile Solaranlagen eingebaut. Das machten ebenfalls zahlreiche Spenden der Unternehmen und Privatpersonen möglich. Ihr Transport erfolgte auch unter den bestehenden Bedingungen, die nicht immer mild sind: In der Winterzeit haben die Freiwilligen die isolierten Dörfer mit dem Schlitten, in der Sommerzeit mit dem Pferdewagen erreicht. Der Einbau der Photovoltaikanlagen auf dem Dach der Dorfschulen hat den Stromanschluss möglich gemacht. Iulian Angheluţă dazu:
Als wir den Veband gründeten, setzten wir uns zum Ziel, unseren Mitmenschen zu helfen und zugleich durch unsere Aktionen umweltfreundlich zu bleiben. Wir wollen von diesem Weg nicht abweichen. Das hat zahlreiche Vorteile: Wir geben weniger Geld aus, wir haben keine Bäume gefällt, die Sonne ist immer noch kostenfrei. Für die Wartung dieser Einrichtungen muss man nicht viel bezahlen. Im Frühjahr haben wir bei vier Schulen für die elektrische Versorgung gesorgt und das Bildungsministerium hatte keine Ahnung davon. Wir haben uns vor Ort erkundigt, wieviele Haushalte und Dörfer es noch gibt, die sich mit dieser Situation konfrontieren. Wir müssen Sponsoren überreden, aber viel schwieriger ist der Kampf gegen die Trägheit der Behörden. Der Staat hat Verpflichtungen gegenüber der EU und eine moralische Verpflichtung gegenüber seinen Bürgern. Meinen Schätzungen zufolge gibt es über ein dutzend tausend Menschen in Rumänien, die im Dunkeln leben. Und es gibt tausende Familien, die somit auch keinen Zugang zur Information haben. Das heißt, ihre Kinder haben keinen Zugang zur hochwertigen Ausbildung. Nicht zuletzt kommen infolgedessen auch Gesundheitsprobleme vor, denn die Kinder schreiben ihre Hausaufgaben im Licht einer Gaslampe oder einer Kerze. Sie haben daher richtige Augenprobleme.“
Die Familien, die in solchen Dörfern leben, könnten sich weder leisten, ihre Haushalte an die bereits existierenden Stromnetze anzuschließen, noch die monatlichen Stromkosten zu bezahlen. Für ihr Engagement erwarten Iulian Angheluţă und die Freiwilligen des Verbands Free Mioriţa“ keine Belohnung. Sie hoffen nur darauf, dass sie auch künftig genug Energie haben werden, um mehr bedürftigen Menschen zu helfen.