Wie bringt man Karriere mit Familienleben in Einklang?
Trotz gesetzlich verankerter Rechte für werdende Mütter sieht die Zeit nach der Schwangerschaft für viele Arbeitnehmerinnen nicht immer rosig aus. Dem will das Projekt Gleichgewicht. Familie und Karriere“ entgegenwirken.
Christine Leșcu, 30.10.2013, 16:50
Die rumänischen Mütter sind privilegiert, da sie sich eines einjährigen Mutterschaftsurlaubs erfreuen, mit der Möglichkeit der Verlängerung auf zwei Jahre. Nicht so privilegiert sind Mütter in Rumänien, wenn sie zurück zur Arbeit kehren. Abgesehen davon, dass das Krippen- und Kindergartenangebot viel kleiner als die Nachfrage ist, kommt auch das Problem des Arbeitsplatzes hinzu.
Laut einer soziologischen Studie von 2012 hätten 47% der Eltern nach Beendigung des Erziehungssurlaubs ihre Arbeit wieder aufgenommen, während 17% weiterhin zuhause geblieben seien. Außerdem haben Mütter, die nach einem Jahr zur Arbeit zurück kehren, im Schnitt nur zwei Kinder. Wenn sie mehr Kinder haben, entscheiden sie sich dafür, zuhause zu bleiben. Die Kosten dafür, mehr als zwei Kinder im Kindergarten oder in einer pädagogischen Nachmittagsbetreuung unterzubringen, sind größtenteils viel höher als ihre Lohneinnahmen.
Was die Arbeitgeber anbelangt, erklärten diese, dass die Mitarbeiter bei ihrer Rückkehr zu 80,3% denselben Arbeitsplatz belegt haben. Dennoch erklärten Fachleute im Rahmen von beruflichen Ausbildungsprogrammen, dass einige der zurückgekehrten Mitarbeiter nach einiger Zeit risikieren, arbeitslos zu werden, denn laut den Arbeitgebern habe eine Neuverteilung der Aufgaben stattgefunden oder die Arbeitnehmer würden den neuen Anforderungen in der Firma nicht mehr gerecht. Obwohl die Mehrheit der Arbeitgeber und der kinderlosen Mitarbeiter erachtet, dass die Angestellten, die Kinder haben, genau so pünktilich sind und genau so gut arbeiten, empfinden viele trotzdem, dass Arbeitnehmer mit Kindern öfter um Beurlaubung bitten oder in Krankenurlaub gehen.
Wofür entscheiden sich Mütter angesichts all dieser Anforderungen am Ende des Mutterschaftsurlaubs? Der Soziologe Florian Niţu, einer der Urheber der besagten Studie über die berufliche Wiedereingliederung der Eltern, sagt, dass sehr viele Kinder im Alter zwischen einem und drei Jahren in die Betreung der Großeltern gebracht werden:
Natürlich haben sie ein größeres Vertrauen in die Großeltern. Meistens gewährleisten die Großeltern eine viel bessere Aufsicht der Kinder, als es die Krippenbetreuerin tun würde, aber dort wäre der Bildungsteil viel umfangreicher als bei den Großeltern. Zur Zeit setzen Eltern viel auf Bildung.“
Gerade aus diesem Grund werden bei Kindern ab drei Jahren die Großeltern häufig durch den Kindergarten ersetzt. Soziologe Florian Niţu:
Die Studie hat die Tatsache zum Vorschein gebracht, dass Eltern, besonders Mütter, der Meinung sind, dass der Kindergarten zur Entwicklung der Kinder beiträgt. Oft lernen Kinder dort eine Fremdsprache oder wie man einen Füller in der Hand hält und wie man damit auf dem Papier spielt. Ihnen werden Lieder, Gedichte und Tänze beigebracht, sie lernen Kontakte zu knüpfen. Diese Sachen haben eine großen Wert. Das Vertrauen in die Kinderbetreuungsdienste hängt von der Art der Anstalt ab. Das Vertrauen in die staatlichen Kindergärten ist hoch. Rund 80% der befragten Eltern vertrauen den staatlichen Kindergärten. Was Privatkindergärten anbelangt, liegt der Vertrauensgrad der Eltern bei 50%. Das öffentliche System wird geschätzt. Es herrscht außerdem ein beträchtlicher Unterschied zwischen Kindergärten und Krippen. Krippen erfreuen sich nicht des Vertrauens der Eltern. Deshalb ist die Zahl der Kinder, die in Krippen eingeschrieben werden, recht klein.“
Damit sowohl die Krippen als auch die Kindergärten des öffentlichen Systems die Bildungsanforderungen der Eltern erfüllen, hat das Ministerium für Arbeit, Familie, Sozialsicherheit und Senioren mithilfe einer Finanzierung des europäischen POSDRU-Programms und der Partner von Global Commercium“ das Projekt Echilibru. Familie şi carieră“ (Gleichgewicht. Familie und Karriere“) umgesetzt. Ziel des besagten Projekts ist, das Familienleben mit dem Berufsleben zu versöhnen. Das Projekt besteht aus mehreren Teilen: die Erarbeitung der bereits erwähnten soziologischen Studie, die Gründung eines Trainernetzwerks, das im Nachhinein bei der Schulung der Kinderfrauen in verschiedenen Städten sowie der Erzieherinnen in den zwei Exzellenzzentren beitragen werden, die im Rahmen des Projekts in Bukarest und Braşov gegründet worden sind. Diese Zentren kommen, um die bereits existierenden, unausreichenden Krippen und Kindergärten zu unterstützen. Außerdem, da es sich um ein Pilotprojekt handelt, können die Behörden die Vorgänge leichter überwachen. Emanuela Manea, Projektkoordinatorin von Seiten des Arbeitsministeriums:
Wir haben durch das laufende Projekt versucht, diese Zentren zu eröffnen, um zu erkennen, welche finanzielle und rechtliche Probleme auftauchen, wenn Lokalbehörden versuchen, solche Anstalten instandzusetzen. Wir haben Strukturfonds bezogen, um diese zu modernisieren und kindergerecht einzurichten.“
Außerdem haben die Kleinen beispielsweise im Exzellenzzentrum Prâslea“ eine erweiterte Familie, wie wir von der Erzieherin Marilena Balacciu erfahren:
Auch wenn ich erst seit eineinhalb Monaten hier bin, habe ich wunderbare Dinge, emotional betrachtet, vollbracht. Sie wissen ja, dass aller Anfang schwer ist, sowohl für uns Lehrkräftem als auch für die Kinder und Eltern. Ich habe es aber geschafft, mich diesen Kindern zu nähern.“
Gleichzeitig bietet man den Kindern eine altersgerechte Erziehung. Antoaneta, die Mutter eines Kindes im Vorschulalter kann zuhause eine solche Erziehung nicht bieten.
Das kommt dem Kind zugute, und ich freue mich darüber, denn es lernt hier viel mehr als zuhause. Mit mir gemeinsam möchte der Junge diese Dinge nicht lernen. Es ist viel besser. Man stellt eine Änderung fest. Früher machte er sich lustig, er zeichente komisches Zeug. Heute wetteifert er mit seiner großen Schwester, wer besser lernt.“
Crina hat ihren Sohn bis ins Alter von fünf Jahren hinein zuhause behalten. Er wurde bis dahin von den Großeltern betreut. Ab diesem Jahr geht er in die Vorschulklasse. Warum?
Wir wollten ihn schneller in den Kindergarten bringen, aber die Oma wollte es nicht. Schließlich haben wir es geschafft, sie zu überreden, sich auszuruhen. Für ihn ist es besser im Kindergarten. Er schläft nun nachmittags. Er lernt mehr, ist aufmerksamer. Er ist entzückt!“
Die Behörden werden mit der Notwendigkeit konfrontiert, die Steigerung der Bevölkerungszahl zu stimulieren, aber auch mit der Wiedereingliederung der Mütter in das Berufsleben. Somit müssen sie Maßnahmen fördern, die das Elternleben mit dem Berufsleben in Gleichgewicht bringen. Das versucht auch das Projekt Echilibru. Familie şi carieră“ — Gleichgewicht. Familie und Karriere“.
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