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Vollzeitbeschäftigung und Arbeitsmarktmobilität: Jugendliche haben es nicht leicht

In Rumänien haben nur die Hälfte der jungen Menschen bis 34 Jahren einen festen und langfristigen Job. Außerdem wird die Mobilität auf dem Arbeitsmarkt durch die niedrigen Löhne erschwert.

Vollzeitbeschäftigung und Arbeitsmarktmobilität: Jugendliche haben es nicht leicht
Vollzeitbeschäftigung und Arbeitsmarktmobilität: Jugendliche haben es nicht leicht

, 06.12.2017, 18:18

Laut einer Studie des Nationalen Statistikinstitutes lebten in der zweiten Jahreshälfte 2016 in Rumänien mehr als 4,8 Millionen junge Leute zw. 15 und 34 Jahren. Die Hälfte dieser jungen Menschen waren zur Zeit der Befragung beschäftigt — in der Fachsprache bedeutet das nicht unbedingt, dass sie einen stabilen Arbeitsplatz hatten, sondern dass sie mindestens eine Stunde pro Woche gearbeitet und dadurch Geld verdient hatten. 74,6% der beschäftigten jungen Rumänen waren vollzeitbeschäftigte Arbeitnehmer; davon arbeiteten etwa 50% im Dienstleistungsbereich, 28% in der Industrie und Bauwesen und 21% in der Landwirtschaft. Die Lage der Landwirtschaftsarbeiter ist in Rumänien nicht gerade rosig, meint der Sprecher des Nationalen Statistikinstituts, Vladimir Alexandrescu:



In der Landwirtschaft zu arbeiten, bedeutet leider in Rumänien meistens, in einer Subsistenzfarm zu arbeiten. Es gibt selbstverständlich auch moderne Landwirtschaft in Rumänien, aber sie wird immer noch nach Familienstrukturen organisiert. Das bedeutet, dass die Landwirte mit ihrer Produktion vor allem den Konsumbedarf einer kleineren Gruppe, in etwa der Gruppe der Familienangehörigen erfüllen. Statistisch betrachtet gelten diese Leute als Beschäftigte oder Arbeitnehmer. Wenn man aber die Realität genauer betrachtet, bringen diese Beschäftigte der Gesellschaft und der Wirtschaft einen viel kleineren Beitrag als das, was sie in besser entwickelten landwirtschaftlichen Unternehmen wie in Westeuropa oder in den USA hätten leisten können.“




Gleichzeitig waren laut besagter Studie mehr als 2,3 Millionen junge Rumänen nicht auf dem Arbeitsmarkt aktiv. Davon waren nur 270.000 arbeitslos, das hei‎ßt, dass sie entweder versuchten, einen Arbeitsplatz zu finden, oder dass sie irgendwann arbeitstätig gewesen waren. Die restlichen jungen Menschen waren noch in der Ausbildung. Abgesehen davon gab es in der zweiten Hälfte des Jahres 2016 etwa 1 Million junger Rumänen (das sind 19.9% der Befragten und 28% der jungen Rumänen, die ihre Ausbildung abgeschlossen hatten), die keinen Arbeitsplatz hatten und auch in keiner Bildungsma‎ßnahme eingeschlossen waren. Diese Prozentzahlen schildern eine Tragödie, meint der Vorsitzende des Jugendrates in Rumänien, Mihai Dragoş:



Wenn junge Leute mehr als 4 Monate komplett inaktiv bleiben, wird das schwere Konsequenzen für ihr ganzes Leben haben. Sie werden ihren Arbeitsplatz häufiger wechseln, sie werden des Öfteren über längere Zeit ohne Arbeit bleiben, sie werden niedrigere Löhne akzeptieren und mehr Schwierigkeiten beim Aufbau einer Karriere haben.“




In Rumänien konfrontiert man sich oft mit frühem Schulabbruch, und die Hauptursache dafür ist meistens die Armut. Dann gibt es auch viele junge Menschen (53% der Befragten), die einen Gymnasiumsabschluss für ausreichend halten und kein Universitätsstudium anstreben, auch wenn die Hochschulabsolventen höhere Chancen haben, einen Arbeitsplatz zu finden. Die besten Methoden, in Rumänien einen Arbeitsplatz zu finden, sind einerseits direkten Kontakt mit dem Arbeitgeber aufzunehmen (49,3% der befragten jungen Leute haben eine Bewerbung an ein gewisses Unternehmen geschickt und wurden eingestellt) und andererseits auf Empfehlung von Verwandten, Bekannten und Freunden eingestellt zu werden (28,8% der Befragten haben auf diese Weise ihren Arbeitsplatz bekommen). Es sei naturgemä‎ß zu erwarten, dass man einen Verwandten oder einen Freund für eine Arbeitsstelle empfiehlt, meint Vladimir Alexandrescu, und Mihai Dragoş ergänzt:



In Bezug auf die Einstellungsmöglichkeiten wäre es interessant, zu sagen, dass 30% der Befragten ihren Arbeitsplatz auf Empfehlung von Verwandten, Bekannten oder Freunden bekommen haben. Dieses System von Beziehungen oder Networking, wie man auf Englisch sagt, ist sehr wichtig. Es ist sehr nützlich, wenn man ein Netz von Bekannten hat, wenn man Fachleute und Arbeitgeber in gewissen Bereichen kennt.“




Diejenigen, die es geschafft haben und ein Angebot für eine bezahlte Arbeit erhalten, sind meistens nicht bereit, ihren Wohnsitz zu wechseln, um eine besser bezahlte Arbeitsstelle zu bekommen. Nur 3,8% der beschäftigten Rumänen haben ihren Wohnsitz gewechselt, um einen besser bezahlten Arbeitsplatz zu bekommen, und das waren meistens junge Menschen zwischen 25 und 29 Jahren. Und von den jungen Leuten, die keine Arbeit haben, würden nur 20% in eine andere Ortschaft umziehen, um einen Arbeitsplatz zu bekommen. Vladimir Alexandrescu dazu:



Der Begriff Mobilität ist unterschiedlich zu verstehen: Wir haben die Mobilität der Arbeitnehmer, die bereits beschäftigt sind, und andererseits haben wir die Mobilität derjenigen, die noch keine Arbeit haben und eine Arbeitsstelle in einer anderen Ortschaft bekommen könnten. Als Kontraargument gibt es aber auch die vielen jungen Rumänen, die ihre Heimat verlassen, um im Ausland zu arbeiten. Für die aktiveren und besser ausgebildeten jungen Rumänen ist es nicht so wichtig, wo sie arbeiten. Wenn es eine interessante Arbeitsstelle gibt, fahren sie einfach hin, auch wenn der Arbeitsplatz Tausend Kilometer von zu Hause entfernt ist.“




Wie ist dieser Mangel an Mobilität bei jungen Rumänen zu erklären? Mihai Dragoş dazu:



In Rumänien gibt es eine gewisse Zurückhaltung seitens der jungen Leute, wenn es darum geht, von zu Hause auszuziehen um sich einen Arbeitsplatz in einer anderen Ortschaft zu suchen. Das hängt aber auch von der Wohnpolitik in Rumänien ab. Wie kann der Staat den jungen Menschen helfen, eine günstige Mietwohnung zu finden? Da spielt der Mindestlohn eine wichtige Rolle. Für einen jungen Arbeitnehmer, der einen Mindestlohn von 1.500 Lei (umg. etwa 325 Euro) im Monat bekommt, ist es sehr schwer, in einer Gro‎ßstadt zu überleben, wo nur die Miete 150 bis 200 Euro kostet. Es lohnt sich nicht, umzuziehen, wenn man so wenig verdient.“




Neue öffentliche Politiken müssen her, mit positiven Auswirkungen auf die Lage der jungen Menschen, meinen die Vertreter der Jugendräte und anderer Jugendorganisationen. Dazu gehören u.a. eine bessere Korrelierung zwischen dem Ausbildungssystem und dem Arbeitsmarkt, verschiedene Mittel zur Anregung der Mobilität und bezahlte Internships in staatlichen und privaten Unternehmen.

(foto: Anqa / pixabay.com)
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