Volkszählung: Selbstauskunft und direkte Befragung erst 2022 durchgeführt
Rumänien hätte, wie übrigens alle Mitgliedsstaaten der EU, in diesem Jahr eine Volks- und Haushaltszählung durchführen sollen. Dieses einmal in 10 Jahren stattfindende Ereignis musste jedoch pandemiebedingt verschoben werden und ist nun für 2022 geplant.
Roxana Vasile, 14.04.2021, 17:30
Immerhin wurde im März ein Probelauf durchgeführt. Rund 50.000 Haushalte im ganzen Land wurden für eine Testzählung ausgewählt, die ein vorläufiges Abbild der Abläufe im nächsten Jahr liefern sollte, sagt Cătălin Raiu, Leiter der Öffentlichkeitsarbeit beim Nationalen Institut für Statistik:
Die Simulation ist eher eine Pflichtübung, sie wird in allen EU-Mitgliedsstaaten durchgeführt und testet die Reaktionen der Bevölkerung auf den Fragebogen und auf die Methoden, die der Fragebogen verwendet. Das ist nötig, um verschiedene Instrumente zu kalibrieren, damit die tatsächliche Volkszählung reibungslos abläuft.“
Das Nationale Institut für Statistik, das mit der Durchführung der Volkszählung 2022 beauftragt ist, hat eine beeindruckende Bilanz vorzuweisen: 150 Jahre Erfahrung und 12 durchgeführte Volkszählungen seit seiner Gründung im Jahr 1859. In diesem Jahr steht die Volkszählung jedoch vor einer besonderen Herausforderung, findet Cătălin Raiu:
Zum ersten Mal stehen wir in Rumänien, genau wie in anderen EU-Ländern, vor einer Herausforderung: Die Volkszählung muss digital sein, zum ersten Mal arbeiten wir in Rumänien papierlos. Zwei digitale Prozesse ersetzen das berüchtigte Papierformular, das die Leute mit dem zuständigen Mitarbeiter ausfüllen. In einer Phase der Selbsteinschätzung erhalten die Menschen sowohl beim Probelauf als auch bei echten Volkszählung einen Link zu einem Fragebogen, in dem sie sich selbst einschätzen und die erforderlichen Daten ausfüllen. Die zweite Phase ist eine persönliche Befragung, die ebenfalls auf einem digitalen Instrument, diesmal einem Tablet, abläuft. Die Mitarbeiter besuchen die Menschen zu Hause und notieren ihre Antworten auf einem Tablet. Die Information wandert in eine Datenbank und wird dort weiterverarbeitet.“
Die Volkszählung im nächsten Jahr soll wichtige Fragen beantworten — wie viele Menschen leben überhaupt noch in Rumänien und wie viele Rumänen sind langfristig im Ausland ? PR-Chef Cătălin Raiu sagt, wie man sich das vorstellen muss:
Eine Volkszählung erfasst per Definition die Wohnbevölkerung, also die Bevölkerung, die sich auf dem Gebiet eines Staates befindet und erklärt, für einen Zeitraum von 12 Monaten innerhalb dieser Grenzen zu bleiben. Das ist die Eurostat-Methodik, die EU-Methodik, und sie kann nicht geändert werden. Daher werden wir im Endeffekt herausfinden, wie die Wohnbevölkerung in Rumänien aussieht: egal, welche Staatsbürgerschaft die Menschen haben oder welcher Volksgruppe sie angehören. Im Moment schätzt unser Institut, dass außerhalb der Landesgrenzen etwa 3,3–3,4 Millionen Rumänen leben. Anlässlich der Volkszählung, die, wie ich schon sagte, fast zeitgleich stattfindet und auf einer identischen Methodik auf der Ebene der Europäischen Union basiert, erfährt Rumänien durch die Volkszählung in jedem EU-Land, wie viele Rumänen sich dort befinden. Mit anderen Worten, wir wissen, wie viele Rumänen sich außerhalb der Landesgrenzen aufhalten, da wir mit den nationalen Instituten für Statistik in den jeweiligen Ländern zusammenarbeiten und von dort Informationen erhalten.“
Fragen zu Bildung, Beruf, Einkommen, Religion, ethnische Zugehörigkeit oder den Wohnumständen sollen das Profil der in Rumänien lebenden Bürger detailliert zeichnen. Ziel ist es, zu signifikanten qualitativen Erkenntnissen zu kommen, die für die soziale und wirtschaftliche Sachpolitik, für die nachhaltige Entwicklung von Kommunen sowie für das akademische und privatwirtschaftliche Umfeld relevant sind, meint Cătălin Raiu vom Nationalen Statistikinstitut (INS), der auch ein konkretes Beispiel nennt:
Eine unserer Strategien zielt genau auf eine verstärkte Partnerschaft mit den Angehörigen ethnischer Minderheiten und den Angehörigen religiöser Konfessionen ab, weil es sich dabei per Definition um Organisationen handelt, die unmittelbar an der Maximierung der Mitgliederzahl anlässlich der Volkszählung interessiert sind. Grundsätzlich erfolgt die Finanzierung der religiösen Konfessionen in Rumänien für die zehn Jahre nach der Volkszählung auf der Grundlage der aus der Volkszählung resultierenden Anteile. Jede religiöse Konfession wird also sehr daran interessiert sein, oder wir müssen diesen Wunsch auf ihrer Seite erzeugen, dass die Anzahl der Mitglieder so nah wie möglich an der Realität ist. Ich gebe Ihnen ein Beispiel. Die Roma-Minderheit in Rumänien ist sehr unzufrieden damit, dass bei früheren Volkszählungen die offizielle Zahl der Roma nicht der Realität entsprach, und es ist natürlich möglich, dass das so bleibt, aber wir führen schon seit Anfang letzten Jahres einen sehr engen Dialog mit den Behörden, die sich mit der Roma-Politik befassen, oder mit den Vereinen. Wir wollen sie überzeugen, dass diese sehr wahrheitsgemäße Deklaration der ethnischen Zugehörigkeit jeder Person direkt zur Finanzierung beiträgt, die diese Gemeinschaften für die nächsten zehn Jahre erhalten. Es handelt sich also nicht um eine rein wissenschaftliche Frage, sondern um eine mit konkreten Auswirkungen über die nächsten zehn Jahre auf die öffentliche Politik, auf die nationalen, europäischen oder außereuropäischen Mittel, etwa von der Weltbank.“
Zwischen dem 14. März und dem 15. Mai 2022 wird laut Cătălin Raiu die Phase der Selbstauskunft stattfinden. Dann geht es zwischen dem 16. Mai und dem 17. Juli 2022 in die sogenannte persönliche Phase, bei der Mitarbeiter des Staates die Haushalte besuchen. Die ersten Teilergebnisse werden Ende 2022 veröffentlicht. Die endgültigen, sowohl in Rumänien als auch in allen EU-Staaten, werden Ende 2023 bekannt sein.
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