Viertägige Arbeitswoche: Ist das machbar in Rumänien?
Ein Pilotprojekt, das in mehreren Ländern weltweit durchgeführt wurde, hat gezeigt, dass die Einführung einer Vier-Tage-Arbeitswoche zum Wohlbefinden und zur Zufriedenheit sowie zur einer erhöhten Produktivität der Arbeitnehmer beitragen würde.
Luiza Moldovan, 12.04.2023, 17:30
Mehr als zwanzig Länder auf der ganzen Welt haben in letzter Zeit Pilotprojekte durchgeführt, um die Wirksamkeit der Vier-Tage-Woche zu untersuchen. Einige Länder haben sogar formell die Vier-Tage-Woche als Dauerlösung eingeführt.
Die ersten Daten, die zur Vier-Tage-Woche erhoben wurden, sind meistens vielversprechend, da die Verkürzung der durchschnittlichen Wochenarbeitszeit den Arbeitnehmern hilft, ihre Work-Life-Balance besser zu kontrollieren, ihr Stressniveau zu reduzieren und ihre allgemeine Zufriedenheit zu verbessern. In Ländern wie Australien, Island, Belgien, Irland, Spanien, Kanada, Japan, Schweden, Dänemark, den Niederlanden, Deutschland und den USA wurde die Vier-Tage-Woche bereits erfolgreich getestet.
Doch was bedeutet die Vier-Tage-Woche konkret? Es gibt einige Varianten, die zur Erfüllung der 40-Stunden-Norm vier Wochentage à jeweils zehn Stunden Arbeitszeit anstelle von fünf Tagen mit jeweils acht Stunden Arbeit vorschlagen. Das Experiment hat jedoch gezeigt, dass viele Arbeitnehmer mit dieser Formel sehr unzufrieden sind, weil sie ein hohes Maß an Stress mit sich bringt. Andere Optionen gehen von 38 oder 36 Stunden pro Woche statt 32 aus. Während in den meisten überprüften Varianten der Vier-Tage-Woche der Freitag zum Ruhetag wird, soll nach anderen Überlegungen der Montag ein zusätzlicher freier Tag sein. In einigen Fällen des Pilotprojekts wurde sogar ein geteilter Zeitplan verwendet, bei dem die Hälfte der Arbeitnehmer freitags und die andere Hälfte montags frei hatte.
In Großbritannien planen 92 % der Unternehmen, die die Arbeitswoche mit vier statt fünf Arbeitstagen getestet haben, ohne die Anzahl der täglichen Arbeitsstunden zu erhöhen, dies fortzusetzen, während 30 % sie dauerhaft einführen würden. In Rumänien würden derzeit hingegen nur 4 von 10 Unternehmen diese Arbeitsformel gutheißen, wie eine aktuelle Umfrage der Personalvermittlungsplattform BestJobs ergab. Nach schwierigen Jahren, in denen der Arbeitsmarkt von Kündigungen, Arbeit im Homeoffice oder Silent Quitting geprägt war, wäre diese neue Maßnahme zu begrüßen, um die Mitarbeiterbindung zu erhöhen, heißt es in den Schlussfolgerungen der Umfrage. Darüber hinaus, so die Autoren der Studie, erlauben die Bestimmungen der rumänischen Arbeitsgesetzgebung eine Umverteilung der Arbeitspensen je nach den Besonderheiten des Betriebs oder der ausgeführten Arbeit. So wäre auch eine ungleiche Aufteilung der Arbeitszeit möglich, wobei die Norm von 40 Stunden pro Woche eingehalten werden könnte.
Laut der BestJobs-Umfrage würden 80 % der Arbeitnehmer gerne nur vier Tage pro Woche arbeiten, selbst wenn dadurch das Arbeitspensum auf zehn Stunden pro Tag erhöht werde. 40 % der Arbeitgeber befürchten jedoch, dass sich dieser Zeitplan negativ auf die Konzentrationsfähigkeit und damit auf die Produktivität der Angestellten auswirken würde. Fast 35 % der Unternehmensvorstände bangen, dass die Mitarbeiter auf lange Sicht durch die erhöhte tägliche Arbeitsbelastung erschöpft sein werden, obwohl die Ergebnisse des internationalen Experiments das Gegenteil zeigen.
Doch ob nun der Freitag oder der Montag zum zusätzlichen freien Tag wird — was würden rumänische Arbeitnehmer am liebsten in dieser Auszeit unternehmen? Ca. 60 % der Umfrage-Teilnehmer gaben an, dass sie sich mehr in Familienaktivitäten involvieren würden; 45 % sagten, sie würden sich vermehrt um Verwaltungsaufgaben kümmern, die sie während der Arbeitszeit nicht erledigen können, und jeweils etwa 40 % würden mehr Zeit für Hobbys und Freizeitbeschäftigungen aufwenden oder sich einfach nur ausruhen. Mit anderen Worten: Der freie Tag würde zu einem ausgewogeneren Lebensstil beitragen.
Ana Vișian, Marketing-Managerin bei BestJobs, weiß, wie es zu dieser Änderung in der Einstellung zur Arbeit gekommen ist:
So wie die Telearbeit vor der Pandemie als Ausnahme galt, scheint es jetzt die kurze Arbeitswoche zu sein. Kein Wunder, dass ein solcher Trend bei den Arbeitnehmern so gut ankommt, vor allem nach den Auswirkungen der letzten Jahre auf das psychische Wohlbefinden. Die Arbeitnehmer wünschen sich mehr freie Zeit, um vom Arbeitsdruck abzuschalten, sich der Familie und ihren Lieben zu widmen und in Aktivitäten zu investieren, die sich auf die körperliche und geistige Gesundheit auswirken, so die Schlussfolgerungen unserer Umfrage. Die Arbeitgeber sollten einer solchen Maßnahme gegenüber aufgeschlossen sein, denn sie wird mindestens so viel Wertschätzung erfahren wie die heutige Flexibilität; sie würde auch dazu beitragen, wertvolle Mitarbeiter anzuwerben und an das Unternehmen zu binden. Darüber hinaus können flexible Formeln für die Arbeitsteilung gefunden werden, die sicherstellen, dass ein Teil der Mitarbeiter an jedem Arbeitstag im Büro ist, um sich an die Zeitpläne der Kunden anzupassen.“
Die Ergebnisse der BestJobs-Umfrage zeigen, dass vier von zehn Arbeitnehmern in einem hybriden System arbeiten, während 29 % vollständig aus der Ferne arbeiten und 28 % nur vom Büro aus. Das hybride System wird von Unternehmen zu Unternehmen unterschiedlich umgesetzt, wobei die meisten Arbeitnehmer (ca. 37 %) einen Tag im Büro und 4 Tage von zu Hause aus arbeiten. Weitere 20 % gehen an drei Tagen pro Woche ins Büro, 28 % an zwei Tagen pro Woche und 14 % arbeiten nur einen Tag von zu Hause aus.
Ana Călugăru, Kommunikationsbeauftragte einer anderen Personalvermittlungsplattform, eJobs Group, bestätigt zum Schluss die Ergebnisse der Umfrage ihrer Kollegen, meint jedoch, dass rumänische Arbeitgeber noch eher zurückhaltend sind:
Die Unternehmen in Rumänien begeistern sich nicht gerade für die Idee, die viertägige Arbeitswoche einzuführen. Vereinzelt wurde dieses Modell schon vor der Pandemie erprobt, aber leider hat es sich nicht als sehr effektiv erwiesen — im Gegenteil: Die Leistung der Arbeitnehmer war beeinträchtigt, weshalb man wieder zur klassischen Fünf-Tage-Woche zurückgekehrt ist. Die hiesigen Arbeitgeber schauen sicherlich auf die Ergebnisse der Unternehmen im Ausland, die diese Arbeitsformel schon eingeführt haben, vor allem wenn die Arbeitnehmer sich dieses Leistungsverhältnis tatsächlich wünschen. Doch nur die wenigsten Unternehmen hierzulande erwägen tatsächlich die Umsetzung einer solchen Maßnahme. Zumindest in naher Zukunft wird es nicht dazu kommen.“