Theater als Hilfsmittel in der Therapie gegen Depression
Die Winterfeiertage sind für die meisten Menschen Anlass zur Freude. Für andere hingegen sind sie der perfekte Hintergrund für die Verstärkung ihrer Depression.
Christine Leșcu, 02.01.2019, 17:30
Es handelt sich um eine schon lange bekannte Krankheit, die heutzutage immer mehr verbreitet ist. Schuld daran sind die immer komplexeren Herausforderungen der modernen Gesellschaft. Laut Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) leidet jeder sechste Mensch auf unserem Planeten an Depression. In Rumänien betrug die Zahl der an Depression erkrankten Personen im Jahr 2015 eine Million. Neuere Statistiken gibt es nicht. Lange Zeit sprach man in Rumänien gar nicht über diese Krankheit. Die Psychologin Flori-Ana Buzilă dazu:
Ich habe gemerkt, dass heute aus sozialer Sicht die Rolle des Psychologen besser verstanden wird. Die Menschen denken öfters an Psychiater und meinen, man muss verrückt sein, um an einen Psychologen zu appellieren. Es kann passieren, dass in unserm Gehirn ein Ungleichgewicht entsteht, das uns aus dem normalen Zustand herausbringt. Unsere Chance ist eine Therapie. Einige Heilmittel können helfen. Die Krankheit kann also geheilt werden. Wenn wir aber keine Maßnahmen treffen, leidet darunter die Qualität unseres Lebens.“
Die Depression kann leicht mit der Traurigkeit verwechselt werden. Deshalb muss man unbedingt einen Arzt aufsuchen. Es gibt Fälle, in denen sich die Betroffenen gar nicht bewusst sind, dass sie an Depression leiden. Sie spüren über einen längeren Zeitraum — mehr als zwei Wochen — Müdigkeit, Energie- und Konzentrationsmangel, Schlaf- und Essstörungen. Flori-Ana Buzilă dazu:
Diese Symptome können sich über zwei Monate erstrecken. In diesem Moment übernehmen wir die Verantwortung. Wir selbst müssen zum Arzt gehen und uns untersuchen lassen oder betroffenen Nahestehenden eindringlich dazu raten. Ein weiteres Symptom ist die Schwierigkeit, Entscheidungen zu treffen, was den Betroffenen früher einfach fiel. Das Gefühl der eigenen Wertlosigkeit, die Selbstherabsetzung, das Schuldgefühl kommen hinzu. Das kann bis zu selbstzerstörerischen oder suizidalen Gedanken führen. Einige denken sogar, wenn ich Selbstmord begehe, dann werde ich alle Probleme los. Hier müssen Fachkräfte eingreifen. In diesem Moment kann man sich nicht mehr selbst helfen.“
Das Theater kann eine Hilfe sein. Alexa Băcanu, die als Quelle ihres Theaterstücks das Experiment Schrödingers Katze“ des Physikers Erwin Schrödinger hatte, schrieb einen Text, der denselben Titel trägt. Regisseur war Alexandru Berceanu. Eine Katze ist mit einem Fläschchen Gift in einer Schachtel eingeschlossen. In der Quantenmechanik heißt es, wenn das Giftfläschchen zerbricht, könnte die Katze gleichzeitig am Leben und tot sein. Wenn wir aber in die Schachtel schauen, dann sehen wir die Katze, die entweder tot oder am Leben geblieben ist. Alexa Băcanu über die Paradoxe des Textes:
Ich habe Schrödingers Anekdote als Metapher gebraucht: Wenn man an Depression leidet, ist man sowohl tot als auch am Leben. Wir haben versucht, etwas zu tun, um die Menschen darauf aufmerksam zu machen. Unser Team hat auch Therapie gemacht, damit wir alle Einzelheiten kennen.“
Leider vernachlässige man in Rumänien die psychische Gesundheit mehr als in anderen Ländern, so Alexa Băcanu. Deshalb kann ein Theaterstück ein Warnzeichen sein. Schrödingers Katze“ ist eine Einladung zur Empathie. Alexa Băcanu dazu:
Manchmal minimalisieren die gesunden Personen das Leiden der anderen, weil man es nicht sieht. Die Depression und die Angstanfälle sind keine offensichtlichen Krankheiten. Es gibt auch physische Symptome, aber nicht immer. Das Theaterstück lädt also zur Empathie ein. Ich hoffe, dass wir das geschafft haben. Die Personen, die leiden, müssen verstehen, dass sie nicht alleine sind. Das Leben geht weiter. Die Lage kann sich verbessern, man muss nur um Hilfe bitten.“
Die Theaterstück kam gut an. Alexa Băcanu über die Reaktionen der Zuschauer:
Ich habe mich sehr gefreut, als ich gesehen habe, dass man auch gelacht hat. Wir wollten nicht, dass unsere Zuschauer depressiv werden. Wir wollten mehr Humor. Mehrere Personen haben mir gesagt, dass sie sich im Text wiedergefunden haben. Die Menschen glauben, dass nur sie diese Erfahrungen erleben, und wollen nicht darüber reden und schämen sich, Hilfe zu verlangen. Deshalb haben sich die Zuschauer auch erleichtert gefühlt.“
Natürlich kann das Theater Therapie und Arzneimittel nicht ersetzen. Es kann aber helfen. Die Psychologin Flori-Ana Buzilă dazu:
Das Theater hilft, uns bewusst zu werden, dass wir erkennen müssen, dass wir ein Problem haben. Wenn ich ein Theaterstück sehe, in dem die Figuren Sachen sagen und so handeln, dass mir alles bekannt scheint, dann identifiziere ich mich mit ihnen. Und wenn ich weiß, dass diese Gestalten an Depression leiden, so kann ich verstehen, dass es mir genauso geht. Das Theater kann also helfen, aber nicht behandeln. Die Betroffenen müssen die Verantwortung aufbringen und die richtige Behandlung finden.“