Schulen im ländlichen Milieu auf NGO und Privatinitiativen angewiesen
Rumänische Dorfschulen sind insbesondere in benachteiligten Regionen eine reine Zumutung und die Kinder haben kaum gleiche Bildungschancen im Vergleich zu ihren Kollegen aus der Stadt. Eine NGO leistet Hilfe und zählt dabei auch auf Volontäre und Spenden.
Roxana Vasile, 10.02.2021, 17:30
Laut Spiru Haret, dem großen rumänischen Gelehrten und Gründervater des modernen rumänischen Bildungswesens im 19. Jahrhundert, wird das Land morgen so aussehen, wie die Schule heute aussieht. In den vergangenen Jahren stand das rumänische Bildungssystem jedoch vor zahlreichen Herausforderungen, und die gegenwärtige Pandemie hat diese Probleme noch verschärft. Die Schule auf dem Lande trägt derzeit die Hauptlast der aktuellen Situation.
BookLand, eine NGO, hat es sich zur Aufgabe gemacht, diese Situation zu verbessern und Kindern auf dem Land eine Chance auf qualitativ hochwertige Bildung zu bieten. Neben einer wandernden Buchmesse, Kulturcamps und verschiedenen Konferenzen für die jungen Leute hat sich die genannte Organisation auch an der Sanierung mehrerer Schulen beteiligt und sie mit der für die Ausbildung der Schüler notwendigen Ausstattung versehen.
Mihaela Petrovan, die Gründerin von BookLand, hat uns mehr über die Errungenschaften, Herausforderungen und zukünftigen Projekte dieser Organisation erzählt:
Ich glaube an Bildung, ich glaube, dass Bildung für den Gesundheitszustand der Rumänen von Vorteil ist. Und ich übertreibe nicht. Wir, das Team von BookLand, sind eine Gruppe ehrlicher, hart arbeitender Menschen, die ihr Wort halten und sogar die Extrameile gehen, um unsere Versprechen zu erfüllen. Letztes Jahr haben wir zum Beispiel versprochen, 10 Schulen zu sanieren, und haben stattdessen 14 saniert. Warum Schulen und warum auf dem Lande? Nun, ich kann sagen, dass ich eine große Leidenschaft für Bücher und Bildung im Allgemeinen habe. Ich bin auf dem Land geboren, in einem Dorf, und ich bin stolz darauf. In einem Dorf aufzuwachsen, gab mir Kraft, Stärke… Und diese Leidenschaft für Bildung kommt irgendwie von selbst zu mir. Ich möchte erzählen, dass wir die Idee, zu helfen und uns zu engagieren, von den Lehrern einer bestimmten Schule bekamen, die uns anriefen und um Hilfe bei einer Aktivität baten. Es war nicht kompliziert, in einer Excel-Tabelle zu schreiben, dass eine bestimmte Schule Türen und Fenster oder ein Dach oder Tische oder was auch immer braucht… Was kompliziert war, war, zu bestimmten Firmen zu gehen und sie zu bitten, Materialien und Fachkräfte zur Verfügung zu stellen. Solche Sanierungsarbeiten können nicht von Drohnen oder Robotern durchgeführt werden. Was man braucht, sind Arbeiter. Und das war die große Herausforderung — genug Geld für diese Tätigkeit zu finden.“
Doch Mihaela Petrovan und ihre Kollegen von BookLand gaben nicht auf und schafften es trotz der Geldknappheit, zunächst eine Schule zu sanieren, dann noch eine und noch eine. Firmen und Unternehmen beteiligten sich mehr und mehr an diesem Projekt, und schließlich wurden den Schulen im Durchschnitt jeweils fast 31 Tausend Euro zugeteilt. Innerhalb von einem Jahr und drei Monaten wurden 14 Schulen saniert. Die wichtigsten Errungenschaften? Eine Schule hat ein neues Dach, eine andere eine brandneue Heizungsanlage, berichtet Mihaela Petrovan mit Stolz:
Wir konzentrierten uns auf die ärmsten Regionen Rumäniens und gingen in die am meisten benachteiligte Region des Landes, die Moldau, die, obwohl sie von großartigen, hart arbeitenden Menschen bewohnt wird, nicht die Chance wie Siebenbürgen hatte, Investitionen anzuziehen. Ich bin in Siebenbürgen geboren, aber wir haben die Moldau gewählt, weil dort unsere Bemühungen am meisten gebraucht werden. Natürlich haben wir auch in Südrumänien gearbeitet, denn hier gibt es einige der ältesten Schulen des Landes, von denen einige dringend renovierungsbedürftig sind. Einige dieser Schulen wurden vor 100 Jahren gebaut. Man kann keine Leistung von Schülern verlangen, die gezwungen sind, in Schulen zu lernen, die wie Scheunen aussehen, Schulen, die auseinanderfallen. Und es ist eine Freude, in einer Schule zu lernen, in der alles neu ist und frisch riecht, nicht nach Schimmel und Feuchtigkeit. Wenn wir unsere Kinder respektieren, werden sie auch dem Land Respekt entgegenbringen.“
Laut den statistischen Daten, die auf dem Facebook-Profil von BookLand gepostet wurden, wurden 82% der rumänischen Schulen vor 1970 gebaut, 16% vor der antikommunistischen Revolution von 1989 und nur 2% nach 1989. Einige dieser Bildungseinrichtungen haben immer noch Außentoiletten, kein fließendes Wasser oder Abwassersysteme. Aufgrund der Armut gehen oft nur 77 von 100 Dorfkindern zur Schule, und 21% der Landbevölkerung haben nur eine Grundschulbildung genossen. Nur 4,74% dieser Menschen haben einen Schulabschluss und über 42% der Schüler sind bei der Abiturprüfung durchgefallen. Außerdem haben 40 von 100 Haushalten auf dem Land keinen Zugang zum Internet und das ist sehr traurig, denn aufgrund der derzeitigen Pandemie hat Rumänien auf Online-Bildung umgestellt. Mihaela Petrovan zu diesem Thema:
Mancherorts kann man sehen, wie Schulen sozusagen aus dem Nichts instand gesetzt werden. Diese Leute haben wahre Wunder vollbracht, z.B. haben sie die Lehrerpulte mit Stoffen abgedeckt, damit man die Löcher nicht sieht. Es ist herzzerreißend! Heutzutage kann man Menschen ohne Internetverbindung nicht unterrichten. Es gab Schulen ohne Tafeln, sie hatten einfach nur ein paar bemalte Holzbretter. Den Schülern fehlen grundlegende Einrichtungen, und wir reden über Online-Unterricht, Tablets und so weiter. Seien wir ehrlich, wir sind ein Haufen ignoranter Heuchler, wenn wir uns nicht um die Bildung im ländlichen Raum kümmern, denn die meisten von uns kommen von dort. Dorfkinder haben nicht die Bildungsmöglichkeiten wie ihre Stadtkollegen, und das ist nicht fair. Wir kritisieren niemanden, sondern haben angefangen, etwas zu tun, weil wir glauben, dass wir es können. Und jeder kann das tun, was wir gerade tun!“
BookLand will in diesem Jahr 20 Schulen im ländlichen Rumänien sanieren und möchte auch sonst noch etwas erreichen. Mihaela Petrovan über die Zukunftspläne der NGO:
Unser Traum in diesem Jahr ist es, einige Partnerschaften zu schließen und die erste Referenzschule für Rumänien zu bauen; von Grund auf neu gebaut, nach finnischem Vorbild, eine Schule, wie alle Schulen in Rumänien sein sollten, natürlich angepasst an unsere balkanischen Traditionen, mit unseren Lehrern und einem von uns vorgeschlagenen Lehrplan… alles kostenlos.“