Rumäniens Teenage-Mütter: Armut und soziales Umfeld ausschlaggebend
Im heutigen Sozialreport beleuchten wir das Thema Schwangerschaften im Teenageralter – Rumänien nimmt diesbezüglich den Spitzenplatz in der Europäischen Union ein.
Luiza Moldovan, 17.03.2021, 17:30
Hauptgrund für die desolaten Zustände ist der Mangel an Aufklärung und die extreme Armut. Die Organisation Save the Children“ hilft den Müttern, da es für sie und die Babys zu psychologischen und körperlichen Traumata kommen kann. Gabriela Alexandrescu, die geschäftsführende Präsidentin von Save the Children“, kennt die Lage vor Ort.
Rumänien liegt bei der Zahl der Mütter unter 15 Jahren auf Platz 1 und bei der Zahl der Mütter unter 19 Jahren auf Platz 2, hinter Bulgarien. Fast 10% aller Geburten entfallen auf Mütter unter 19 Jahren. Was uns Sorgen macht, ist, dass es in Rumänien jährlich fast 750 Geburten bei Mädchen unter 15 Jahren gibt.“
Kinder, die Kinder kriegen, sagt Gabriela Alexandrescu, die auch die typischen Probleme einer werdenden Teenagermutter beschreibt:
Der größte Teil der Schwangerschaften betrifft Mädchen, die aus sozial schwachen Familien stammen. Nur 52% der Teenager-Mütter lassen sich vom Arzt wie empfohlen untersuchen, obwohl 90% von ihnen beim Hausarzt angemeldet sind. Eine mögliche Erklärung ist, dass 90% der Mütter, die in ländlichen Gebieten leben, für eine gynäkologische Untersuchung in einen anderen Ort fahren müssen und das Geld nicht haben, sich das zu leisten.“
Oftmals sind diese Mädchen auch Schulabbrecherinnen, was ihre berufliche Zukunft ernsthaft gefährdet, fügt Gabriela Alexandrescu an. Stichwort Zukunft: Abgesehen davon, dass das Leben einer Mutter im Teenageralter zu einem überwältigenden Teil völlig aus den Fugen gerät, haben auch ihre Kinder kein leichtes Leben.
Eine Schwangerschaft im Teenageralter stellt eine besondere Herausforderung für die medizinischen und sozialen Dienste, für die Schule, die Familie und in erster Linie für die werdende Mutter dar. Sie setzt sie einer Reihe von besonderen Risiken aus. Medizinisch, aber auch in Bezug auf ihre schulische Situation. Die Folgen sind hart, sowohl für die Mutter als auch für ihr Kind — Schulabbruch, Armut, Arbeitslosigkeit. Die Mütter können gesundheitliche Probleme bekommen, wie Anämie, Depressionen, Blutungen. Andererseits gibt es höhere Kindersterblichkeit, mehr Frühgeburten, Totgeburten oder verzögertes Wachstum. Laut einer Umfrage von »Save the Chilrdren« haben 5 von 10 Müttern noch nie eine Untersuchung beim Frauenarzt gehabt, und deshalb ist die Frühgeburtenrate um das Vierfache gestiegen. Außerdem ist die Impfrate bei den Kindern von Müttern im Teenageralter um 10-20% geringer als bei den Kindern anderer Mütter.“
Oft beginnen die Probleme in der Familie der werdenden Mutter, sagt Gabriela Alexandrescu.
Nach den Informationen zu urteilen, die wir vor Ort bekommen haben, konnten wir sehen, dass sehr viele rumänische Familien am Rande der Armut leben müssen. In der Regel haben die sozial unterstützten Familien viele Kinder, während die Unterkünfte nicht das richtige Umfeld für die Entwicklung sicherstellen. Es gibt Fälle, wo sich 4, vielleicht 5 Kinder verschiedener Altersklassen ein Zimmer teilen. Mit einem Besuch bei Haus- oder Fachärzten (da schwangere Mädchen eine vorgeburtliche Untersuchung benötigen, während Mütter medizinische Dienste, einschließlich Familienplanung, in Anspruch nehmen müssen) sind hohe Kosten verbunden, so dass die Mädchen nicht in der Lage sind, zum Arzt zu gehen, wenn es am nötigsten ist. Es ist wichtig, dass sich eine Reihe von personalisierten Diensten entwickelt, die den Zugang zu ortsnaher Unterstützung erleichtern.“
Durch eine Vielzahl von Programmen engagiert sich ihre Organisation im Leben der jungen Mütter und ihrer Kinder, eröffnet Gabriela Alexandrescu von Save the Chilrdren“:
»Save the Children« hat umfassende Programme zur Unterstützung von schwangeren Mädchen und Müttern im Teenageralter in den unterprivilegierten ländlichen Regionen entwickelt: Neben der Versorgung von Krankenhäusern lag uns die Eindämmung der Kindersterblichkeit durch Frühgeburten am Herzen. Bislang haben wir 100 Entbindungsstationen mit 850 Kits für fast 100.000 Neugeborene erreich. »Save the Children« hat in 14 Landkreisen und 42 Kommunen ein Netzwerk der sozialen Eingliederung und der Armutsbekämpfung auf lokaler Ebene geschaffen, um schwangeren Frauen und Mädchen und ihren Kindern unter fünf Jahren integrierte nachhaltige und hochwertige Dienste anzubieten.“
Die Organisation bietet medizinische Unterstützung, informiert schwangere Mädchen über die Wichtigkeit des Stillens, über die Bedeutung von Impfungen, von richtiger Ernährung. »Save the Children« hilft mit Nahrung, stellt Medikamente, Vitamine und alles bereit, was eine Mutter braucht. Mehr als 55.000 Frauen konnte bisher geholfen werden. Der Verein erstellt auch Info-Support-Material zu verschiedenen Themen wie die Bedeutung von Umarmungen und die postpartale Depression, da es wichtig ist, dass jede Frau weiß, was sie durchmachen kann. Das Material wurden von Neonatologen und Psychologen zusammengestellt. In mehreren Entbindungsstationen im ganzen Land laufen Spots über TV-Bildschirme — mit Informationsmaterial, das sich die Mütter noch im Krankenhaus ansehen können. Nun plant die Organisation, auch in die Republik Moldau zu gehen und dort ihre Dienste anzubieten.