RRI Live!

Hören Sie Radio Rumänien International Live

Rumänien: Gesundheitsversorgung in Schieflage

Die Lebenserwartung liegt in Rumänien deutlich niedriger als in der restlichen EU - Rumänen leben im Schnitt sieben Jahre weniger als Deutsche, acht Jahre weniger als Spanier und Franzosen und neun Jahre weniger als Schweizer.

Rumänien: Gesundheitsversorgung in Schieflage
Rumänien: Gesundheitsversorgung in Schieflage

, 06.05.2015, 18:00

Ein gemeinsamer Bericht der OECD und der EK zeigt, dass die Häufigkeit von Diabetes oder Krebs in Rumänien weniger problematisch ist, während die Kindersterblichkeit relativ hoch ist. Das hat auch damit zu tun, dass im ländlichen Bereich, wo 46% der Bevölkerung und fast 50% der Kinder leben, die Situation besorgniserregend ist: im Jahr 2013 lag die Kindersterblichkeit bei 10,4 je Tausend Kinder. In der Stadt belief sich die KS auf 6,8 je Tausend Kinder. Grund für diese Lage sind die vielen Frühgeburten, die bei 10% der Schwangerschaften eintreten. Dazu tragen der Lebensstil, die mangelhafte Aufklärung und Verhütung und nicht zuletzt das unzureichend finanzierte Gesundheitssystem in Rumänien. Am Land könnte vielen Sterbefällen vorgebeugt werden — dazu sind allerdings Förderprogramme für Mütter und Kinder sowie modern ausgestattete Geburtskliniken und Neonatologie-Abteilungen erforderlich.



Zu diesem Schluss kam eine von der Organisation World Vision und dem rumänischen Senat organisierte Debatte zum Thema Patientenansprüche. Entscheidungsträger aus Politik und Verwaltung wurden aufgerufen, gemeinsam nach Lösungen für eine bessere Versorgung mit hochwertigen Gesundheitsleistungen, insbesondere für verwundbare Familien am Dorf. Die Organisatoren der Debatte wollten prüfen, wie gro‎ß die Kluft zwischen Theorie und Praxis beim Anspruch auf gute ärztliche Leistungen eigentlich ist. Die Stiftung World Vision România arbeitet insbesondere auf dem Land — die Kinder hier sind generell unterversorgt, aber es fehlt vor allem eine gute medizinische Grundversorgung, sagte World-Vision-Chefin Daniela Buzducea:



Wir haben letztes Jahr in einer Studie zum Wohlbefinden der Kinder am Land festgestellt, dass eins von fünf Kindern im Alter von bis zu fünf Jahren im letzten Jahr nicht beim Arzt gewesen war — obwohl es allgemein bekannt ist, dass Kinder in diesem Alter geimpft und untersucht werden müssten und Ärzte ein aufmerksames Auge auf ihre Entwicklung werfen sollten. Gelingt es uns nicht, eventuelle Gesundheitsprobleme rechtzeitig zu erkennen, werden spätere Eingriffe nicht nur für die öffentliche Hand teurer, sondern auch für das Leben oder die Entwicklung der Kinder problematischer, so dass es schwieriger für sie wird, ihr Potenzial auszuleben und zur Gesellschaft beizutragen. In die Gesundheitserziehung der Eltern wurde nicht ernsthaft investiert, viele von ihnen wissen nicht, dass die Kinder einen gesetzlichen Anspruch auf medizinische Grundversorgung, egal ob die Eltern krankenversichert sind oder nicht. Das gilt auch für Schwangere. In letzter Zeit stellen wir leider auch fest, dass es immer mehr Kritik gegen Impfungen gibt. Wir müssten uns als Staat ernsthaft vornehmen, besser über die Wichtigkeit der Impfung aufzuklären. Keine einzige zuverlässige Studie rechtfertigt es, dass so viele Eltern vom Recht Gebrauch machen, die Impfung abzulehnen.”




Auch Dr. Vasile Ciurchea, der Präsident der Nationalen Krankenkasse, beteiligte sich an der Debatte. Er sprach auch über die elektronischen Versichertenkarten, die ab dem 1. Mai verbindlich gelten sowie über die Behandlungen im Ausland, für die die Kasse jährlich 70 Millionen Euro ausgibt, weil sie nicht in Rumänien verfügbar sind. Tatsächlich gibt es in viele Kommunen in Rumänien keine Familienärzte mehr — die Situation ist beispielsweise im Donaudelta gravierend, wo nur drei Ärzte arbeiten:



Landesweit haben 300 Kommunen keine Familienärzte — manche sind kleinere, andere wiederum grö‎ßere Gemeinden. Im Landeskreis Vaslui oder im Apuseni-Gebirge haben wir es entweder mit benachteiligten Gebieten oder schwer zugänglichen Orten zu tun. Wir haben versucht, die Niederlassung von Ärzte dort zu fördern und haben die Zuschläge für Landärzte angehoben. 25% dieser Ärzte bekommen mehr Geld. Im Delta, wo es tatsächlich extreme Umstände gibt, gehen die Zuschläge bis auf 200%…Ärzte dort betreuen viele Patienten — auf einen Arzt kommen rund 4500 Patienten…Wir reden auch mit den Verwaltungen auf Orts- oder Regionsebene, die auch etwas hinzuzahlen könnten, um für Ärzte attraktiver zu werden.”




Mit einem Problem ringt Rumänien seit schon geraumer Zeit: Tuberkulose ist heilbar, vorausgesetzt, sie wird rechtszeitig entdeckt. Aber auch hier ist Rumänien Schlusslicht in Europa: einer von fünf europäischen Tuberkulosekranken kommt aus Rumänien. Jeden Tag sterben hier drei Menschen an dieser Krankheit. Wird sie nicht behandelt, ist der Kranke auch für sein Umfeld eine Gefahr, da statistisch gesehen, eine Tuberkulose-Kranker jährlich im Schnitt 15 Menschen ansteckt. Die rumänische Stiftung Romanian Angel Appeal verlangte auf einer Konferenz, dass die Kommunalverwaltungen kostenlose soziale und psychologische Beratung für Tuberkulose-Patienten bereitstellen müssen. Solche Beratungsdienste bieten bereits vier Lungenkliniken an, die auch die Behandlung finanziell tragen. Dabei geht es um ein Projekt von Romanian Angel Appeal, das letztes Jahr angelaufen ist und 1000 Patienten hilft, mit der Tuberkulose fertig zu werden. Dr. Cristina Popa berichtete aus ihrer Erfahrung an der Lungenklinik “Marius Nasta” in Bukarest, eine der vier Einrichtungen im Programm der Stiftung:



„218 Patienten sind im Projekt angemeldet, in 163 Fällen ermittelten Sozialarbeiter den Bedarf an Unterstützung. 172 Menschen wurde finanziell geholfen — das waren 100 Lei für jeden Monat einer korrekten medikamentösen Behandlung. 26 Kranke sind in beruflicher Ausbildung. Die meisten dieser 218 Patienten sind Männer. Ich habe im Projekt die persönliche Erfahrung gemacht, dass der Patient bei einer Betreuung im Team eine qualitätsmä‎ßig bessere Behandlung bekommt, weil er mehr Informationen kriegt. Das Team und der Patient können dabei direkt und offen kommunizieren. Sehr wichtig ist die Krankenschwester, die die Patienten bei der Behandlung beaufsichtigt. Nur zwei Patienten sind ausgestiegen, weniger als ein Prozent der Gesamtanzahl. Zum Vergleich: Ein Nationalprogramm zur Kontrolle der Tuberkulose sieht einen Anteil der Aussteiger von 10% als tragbar an. Das zeigt, dass die Patienten diesem System vertrauen.“




Ein wichtiger Schritt in der Bekämpfung der Tuberkulose ist die Verabschiedung einer einschlägigen Strategie für 2015-2020, die mit einem Etat von umgerechnet rund 360 Millionen Euro flankiert ist.

(foto: Anqa / pixabay.com)
Sozialreport – der rumänische Alltag Mittwoch, 30 Oktober 2024

Reproduktive Gesundheit: 35 Jahre seit Freigabe der Verhütungsmittel

Für frühere Generationen war der Zugang zu Verhütungsmitteln während der kommunistischen Zeit an der Grenze der Legalität. Ein...

Reproduktive Gesundheit: 35 Jahre seit Freigabe der Verhütungsmittel
Ambasada Sustenabilității în România
Sozialreport – der rumänische Alltag Mittwoch, 23 Oktober 2024

Sustenlandia: Die Konferenz zur Nachhaltigkeit der Wirtschaft

Wer sich weigert, neue Standards zu erfüllen, wird außen vor bleiben. Das behaupteten die Redner bei der Konferenz Sustenlandia: Unternehmen...

Sustenlandia: Die Konferenz zur Nachhaltigkeit der Wirtschaft
Fotoquelle: pixabay@Vertax
Sozialreport – der rumänische Alltag Mittwoch, 25 September 2024

Arbeitsmigration aus Drittländern: immer mehr asiatische Arbeitnehmer in Rumänien beschäftigt

  RadioRomaniaInternational · Arbeitsmigration aus Drittländern: immer mehr asiatische Arbeitnehmer in Rumänien beschäftigt   Rumänien...

Arbeitsmigration aus Drittländern: immer mehr asiatische Arbeitnehmer in Rumänien beschäftigt
Publikationsprojekt mit Jugendlichen: Teenies sind sehr mitteilungsbedürftig

Publikationsprojekt mit Jugendlichen: Teenies sind sehr mitteilungsbedürftig

  RadioRomaniaInternational · Publikationsprojekt mit Jugendlichen: Teenies sind sehr mitteilungsbedürftig   Doch ist dem auch so? Die...

Publikationsprojekt mit Jugendlichen: Teenies sind sehr mitteilungsbedürftig

Zivilgesellschaft unterstützt Bildung am Land

In nur vier Jahren hat Bookland 80 Schulen und Kindergärten saniert und ausgestattet. Den Anstoß dazu gaben Statistiken über massive...

Zivilgesellschaft unterstützt Bildung am Land

Generation Z: Wandel in der Arbeitnehmer-Arbeitgeber-Dynamik

  RadioRomaniaInternational · Generation Z: Wandel in der Arbeitnehmer-Arbeitgeber-Dynamik   Interessant sind auch die veränderte...

Generation Z: Wandel in der Arbeitnehmer-Arbeitgeber-Dynamik

Rumäniens Pfandsystem hebt ab

Rumänien ist in Europa Schlusslicht beim Recycling. Da die EU alle Mitgliedstaaten aufgefordert hat, bis 2025 eine Quote von 55 % zu erreichen und...

Rumäniens Pfandsystem hebt ab

Medizinische Versorgung auf Rädern: die Ärztekarawane

  RadioRomaniaInternational · Medizinische Versorgung auf Rädern: die Ärztekarawane   Die NGO „Save the Children“ hat bei ihren...

Medizinische Versorgung auf Rädern: die Ärztekarawane

Partner

Muzeul Național al Țăranului Român Muzeul Național al Țăranului Român
Liga Studentilor Romani din Strainatate - LSRS Liga Studentilor Romani din Strainatate - LSRS
Modernism | The Leading Romanian Art Magazine Online Modernism | The Leading Romanian Art Magazine Online
Institului European din România Institului European din România
Institutul Francez din România – Bucureşti Institutul Francez din România – Bucureşti
Muzeul Național de Artă al României Muzeul Național de Artă al României
Le petit Journal Le petit Journal
Radio Prague International Radio Prague International
Muzeul Național de Istorie a României Muzeul Național de Istorie a României
ARCUB ARCUB
Radio Canada International Radio Canada International
Muzeul Național al Satului „Dimitrie Gusti” Muzeul Național al Satului „Dimitrie Gusti”
SWI swissinfo.ch SWI swissinfo.ch
UBB Radio ONLINE UBB Radio ONLINE
Strona główna - English Section - polskieradio.pl Strona główna - English Section - polskieradio.pl
creart - Centrul de Creație Artă și Tradiție al Municipiului Bucuresti creart - Centrul de Creație Artă și Tradiție al Municipiului Bucuresti
italradio italradio
Institutul Confucius Institutul Confucius
BUCPRESS - știri din Cernăuți BUCPRESS - știri din Cernăuți

Mitgliedschaften

Euranet Plus Euranet Plus
AIB | the trade association for international broadcasters AIB | the trade association for international broadcasters
Digital Radio Mondiale Digital Radio Mondiale
News and current affairs from Germany and around the world News and current affairs from Germany and around the world
Comunità radiotelevisiva italofona Comunità radiotelevisiva italofona

Provider

RADIOCOM RADIOCOM
Zeno Media - The Everything Audio Company Zeno Media - The Everything Audio Company