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Religionsunterricht in der Schule – pro und kontra

Der Religionsunterricht beginnt in Rumänien schon in der Vorschulklasse. Als Lehrfach ist er umstritten, einige Eltern und ein Teil der Zivilgesellschaft möchte Religion durch Bürgerkunde ersetzt sehen.

Religionsunterricht in der Schule – pro und kontra
Religionsunterricht in der Schule – pro und kontra

, 30.07.2014, 15:56

Der Religionsunterricht beginnt in Rumänien schon in der Vorschulklasse. Als Lehrfach ist er umstritten, einige Eltern und ein Teil der Zivilgesellschaft möchte Religion durch Bürgerkunde ersetzt sehen. Die Glaubens- und Gewissensfreiheit sei durch den einseitigen Religionsunterricht verletzt, argumentieren sie. Es gibt Eltern, die ihre Kinder von diesem Fach fern halten wollen und begründen dies damit, dass sie anderen Religion als die orthodoxe Mehrheit angehören oder dass einige Lektionen aus dem Schulbuch und Lehrplan der Sensibilität des Kindes schaden könnten.



ASUR (Asociaţia Secular Umanistă — der Säkular-Humanistische Verein) hat eine Kampagne lanciert, um diese Aspekte zu klären. Laut Gesetz können die Eltern wählen, ob das Kind in der Schule Religion studieren soll oder nicht. Bietet die Schule eine Alternative? Können die Schüler während dieser Stunde ein anderes Fach studieren oder in einem anderen Klassenraum eine andere Aktivität unter der Aufsicht anderer Lehrkräfte unternehmen? Um die Antworten auf diesen Fragen finden zu können, haben die Vertreter von ASUR sowohl mit Lehrkräften als auch mit Eltern gesprochen. Monica Beliţoiu, Exekutivdirektorin bei ASUR, fasst die bisherige Erfahrung zusammen:



Viele Eltern waren überrascht. Sie wussten gar nicht, dass sie die Möglichkeit haben, ihre Kinder vom Religionsunterricht fern zu halten. Am Anfang des Schuljahres haben wir Informationskampagnen organisiert. Wir haben sogar mit den Schuldirektoren gesprochen. Einige sind damit einverstanden, dass die Schüler wählen dürfen, andere behaupten, wir hätten das Gesetz nicht verstanden. Es gibt Schuldirektoren, die meinen, sie verfügen nicht über Klassenräume und Lehrkräfte, um die Schüler, die am Religionsunterricht nicht teilnehmen möchten, in andere Klassenzimmer zu schicken. Auch wenn sie das Fach Religion nicht belegen, müssen die Schüler in der Klasse bleiben. Einige Eltern haben mit dem Religionslehrer vereinbart, dass ihr Kind in der Bibliothek oder in der After-School bleiben darf.“




Die Lehrkräfte und die Vertreter der Schulinspektorate erkennen die Freiheit der Eltern und der Kinder an, am Religionsunterricht nicht teilzunehmen, obwohl laut Gesetz Religion kein Wahlfach sondern Pflichtfach ist. Mihaela Ghiţiu, Religionslehrerin beim Ion Neculce“-Gymnasium in Bukarest, meint dazu folgendes:



Die Religion gilt als Pflichtfach. Die Kinder, die einer anderen Religion oder Konfession angehoren, haben die Möglichkeit, am Unterricht nicht teilzunehmen. Sie können statt dessen ihre Religion studieren. Der Lehrplan ist für jeden Kultus spezifisch und wurde vom Bildungsministerium genehmigt. Wenn die Eltern wünschen, dass das Kind überhaupt keinen Religionsunterricht in der Schule erhält, dann müssen sie ein Gesuch schreiben und sich dabei auf die Glaubens- und Gewissensfreiheit berufen, weil das Gesetz im Einklang mit der Verfassung steht. Das Kind wird folglich im Religionsunterricht nicht bewertet, die Durchschnittsnote wird ohne dieses Fach ermittelt.“




Die römisch-katholischen oder die moslemischen Schuler dürfen sich zum Beispiel dafür entscheiden, keinen orthodoxen Religionsunterricht zu erhalten. Sie bleiben aber während des Unterrichts im Klassenzimmer, weil es keine freien Räume gibt. Mihaela Ghiţiu dazu:



Ich habe einen moslemischen Schüler. Er nimmt an dem Unterricht teil und ist sogar sehr interessiert, wenn wir über Elemente seiner Religion sprechen. Ich prüfe ihn aber nicht, er bekommt keine Noten. Er studiert seine Religion und bringt die Zensuren, mit denen er bewertet wurde.“




Der Verband ASUR schlägt vor, dass die Religionsstunden die ersten oder die letzten im Stundenplan sein sollen. So kann ein Kind, das dem Religionsunterricht fern bleiben will, später in die Schule kommen oder früher weggehen. Die Initiative wird von den Eltern unterstützt. Mihaela Gună, Vorsitzende des Elternverbandes, erklärte dazu:



Ich bin der Meinung, dass es so korrekt ist. Viele Eltern verzichten nicht auf den Religionunterricht einfach deswegen nicht, weil das Kind dann eine Stunde unbeaufsichtigt verbringen würde. Sie entscheiden sich also für die Lösung, dass das Kind im Klassenzimmer bleibt. Vielleicht ist es besser, wenn man zur Wahl ein anderes Fach hinzufügen würde. Wenn nicht, dann soll die Religionsstunde die erste oder letzte im Stundenplan sein.“




Der Verband ASUR meint, dass anstatt Religion Geschichte der Religionen unterrichtet werden sollte. Die Schüler sollten die Möglichkeit haben, verschiedene Religionen kennenzulernen. Mihaela Gună vom Elternverband unterstützt diese Initiative, die für kleine Kinder willkommen sei:



Es ist interessanter, Geschichte der Religionen zu studieren, anstatt zu lernen, wie man einen Toten wäscht oder das Kind mit der Hölle zu erschrecken. Sie müssen lernen, was Religion bedeutet, also keinen Dogmatismus. Viele Kinder glauben, dass Gott sie bestrafen wird, wenn sie nicht brav sind oder nicht das tun, was man von ihnen verlangt.“




Religionslehrerin Mihaela Ghiţiu fügt hinzu, Elemente der Geschichte der Religionen würden dennoch sowohl in der Geschichtestunde als auch in der Religionstunde vorgetragen:



Die Religion vermittelt Werte und hilft, Tugenden zu entwickeln, richtet die Kinder darauf ein, Gemeinschaftssinn zusammen mit den Mitmenschen zu lernen. ASUR meint, man müsse nicht über Strafen, über Hölle und Tod sprechen. Man solle den aus der Gesellshaft verbannen und sagen, den Tod gibt es nicht. In den traditionellen Familien mssten die Kinder, zum Beispiel wenn ihre Gro‎ßeltern starben, um Vergebung bitten. Der Tod gehört doch zum Leben. Die Eltern könnten behutsam mit ihren Kindern darüber sprechen. Früher oder später werden sie sich ja in der eigenen Familie mit dem Tod konfrontieren.“




Wie man auch zur Frage des Religionsunterrichts in den rumänischen Schulen steht — die Debatte geht weiter. Als Beweis dafür steht auch eine parlamentarische Initiative, das Fach Religion durch Ethik oder Bürgerkunde zu ersetzen.



Deutsch von Dora Mihălcescu



Audiobeitrag hören:



(foto: Anqa / pixabay.com)
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