Projekte zur Integration der rumänischen Roma-Gemeinschaften
Die Roma stellen die ärmste und schutzbedürftigste Ethnie in Rumänien dar. Laut Statistik leben 80% der rumänischen Roma-Gemeinschaften unter prekären Bedingungen.
România Internațional, 04.03.2015, 18:45
Die Roma stellen die ärmste und schutzbedürftigste Ethnie in Rumänien dar. Laut Statistik leben 80% der rumänischen Roma-Gemeinschaften unter prekären Bedingungen. Die Hauptprobleme, mit denen die Roma-Bevölkerung konfrontiert wird, sind nichtausreichende Einkommen, Mangel an Berufsausbildung, der niedrige Bildungsstand, Arbeitslosigkeit, begrenzter Zugang zu öffentlichen Anstalten, Diskriminierung. Was dennoch für die Eingliederung der Roma getan wird, erfahren wir aus dem folgenden Beitrag von Teofilia Nistor. Die deutsche Fassung bringt Florin Lungu.
Die Mehrheit der Roma lebt in Häusern ohne Grundausstattungen wie Küche, Toilette, Dusche, Bad oder Elektrizität. Der größte Anteil an Analphabetismus wird wiederum in der Roma-Bevölkerung verzeichnet. Auch wenn es Initiativen zur Verbesserung der Lebensbedingungen und zur sozialen Eingliederung der Roma sowohl auf nationaler als auch auf internationaler Ebene gegeben hat, stellen die Roma die europaweit meistdiskriminierte Gruppe, verglichen mit anderen Mnderheiten, dar.
Um eine bessere Übersicht über die Lage dieser Gemeinden zu haben und in dem Versuch, ihre Lebensbedingungen zu verbessern, wurde neulich in Bukarest das Projekt Die soziographische Kartographie der rumänischen Roma-Gemeinden für eine Überwachung auf Gemeinschaftsebene der Änderungen hinsichtlich der Integration der Roma“ (SocioRoMap) ins Leben gerufen. Das Projekt soll Informationen und Daten für die öffentlichen Anstalten bieten, die Aufgaben in der Erarbeitung von öffentlichen Politiken haben, um Maßnahmen zur Eingliederung dieser Gemeinden zu treffen. Außerdem werden die Ergebnisse des Projekts die Behörden bei der Entwicklung von Programmen und Finanzierungsschemen für die Projekte zur Bekämpfung der Armut, für lokale Entwicklung und für die Förderung der Erfolgschancen einiger Randgruppen unterstützen.
Das Projekt SocioRoMap wird von dem Institut zur Erforschung der Probleme der nationalen Minderheiten in Klausenburg in Zusammenarbeit mit der Stiftung für eine Offene Gesellschaft und dem Forschungszentrum für Zwischenethnische Beziehungen gefördert. Kartographiert werden sollen über 3000 rurale und urbane Verwaltungseinheiten. Dadurch soll man sich eine bessere Übersicht über die Bedürfnisse und Prioritäten dieser Roma-Gemeinden verschaffen. István Horváth, Präsident des Instituts zur Erforschung der Probleme der nationalen Minderheiten:
Unser Ziel ist nicht nur eine einfache Inventur. Wir möchten, dass die Beschreibung und Vorstellung dieser Gemeinschaften auf möglichst verständlicher Weise erfolgt. Deren Probleme sollen visuell durch einige Karten vorgetragen werden. Darüber hinaus wollen wir ein Funktionsnetzwerk von Personen aufbauen, die relevante Informationen über den Stand dieser Gemeinden bieten können. Es wird Netzwerke der Sozialarbeiter geben, der NGOs, die bereits mit verschiedenen Gemeinden gearbeitet haben, der befugten Anstalten, also der Personen, die in Institutionen arbeiten, deren Aufgabe der Schutz der Roma ist. Dazu zählen Schul- und Sanitärmediatoren usw. Unser Ziel ist also, diese Gemeinden aufzuzeichnen, zu erfahren, welche Maßnahmen es gegeben hat und welche nicht, denn es gibt Gemeinden, für die man viele Maßnahmen getroffen hat, andere zu denen man gar nicht gelangen kann, denn sie sind zu arm und abgeschottet.“
Bei der Einweihungsveranstaltung des Projekts SocioRoMap beteiligte sich Bruvik Westberg, die Botschafterin Norwegens in Rumänien und der Moldaurepublik:
Ein leichterer Zugang zur Bildung und zum Gesundheitssystem für diese unterprivilegierten Völkergruppen, einschließlich der Roma, sind die Hauptrichtungen dieses Programms. Es basiert auf dem Glauben, dass eine gute und gerechte Gesellschaft jene ist, die die ganze Bevölkerung miteinschließt: Sie akzeptiert und toleriert jeden und bietet Dienstleistungen für alle. In Norwegen sind nicht alle gleich, doch die Gleichheit ist eine Norm. Menschen haben eine unterschiedliche Familienherkunft, unterschiedliche Einkommen, doch die Rechte sind für alle gleich, was sehr wichtig ist. Wir müssen die Realität in den rumänischen Roma-Gemeinschaften erkunden. Das haben wir durch dieses Projekt vor. Wir müssen den Entscheidungsträgern für die Planung der öffentlichen Politikrichtungen nützliche und relevante Informationen zur Verfügung stellen. Aus verschiedenen Gründen sind nur wenige Informationen über die Roma-Gemeinschaften auf Regierungsebene verfügbar. Wir müssen die fehlende Verbindung zwischen der Realität dieser Gemeinschaften und den Gesetzgebern herstellen. Wir müssen vielfältige Informationen über die Lage dieser Gemeinden sammeln: Lebensbedingungen, Bildungsstand und Zugang zu medizinischen Sozialdiensten.“
Ein weiteres Projekt, diesmal zur Förderung der Kultur und der Künste in den benachteiligten Roma-Gemeinden wurde von vier rumänischen Verbänden ins Leben gerufen. Diese sind T.E.T.A., ADO, REPER 21 und Urbanium. Es handelt sich dabei um das Projekt Maskar“, ein Projekt zur Erziehung durch Theater. Dieses soll in zwei Städten im südlichen Landkreis Teleorman laufen: Alexandria und Turnu Măgurele. 40 Jugendliche und 60 Erwachsene aus diesen beiden Städten sollen 10 Monate lang Teil eines Projekts sein, das Kunstprogramme, Werkstätten, Ausstellungen und Aufführungen über die Kultur und Tradition der Roma beinhalten wird. Ausgehend von der Realität der beiden Städte, in denen zahlenmäßig bedeutende Roma-Gemeinschaften leben, nimmt sich das Projekt vor, die positiven Geschichten dieser Städte vorzustellen. Mithilfe der Trainer sollen die Jugendlichen lernen, besser untereinander und mit anderen zu kommunizieren. Sie sollen außerdem ihr Selbstvertrauen stärken, ihr kreatives Potential entwickeln und sich derselben Rechte erfreuen. Ana Maria Pălăduş von dem Verband Kunst für Menschenrechte“ (ADO):
Wir sprechen eine empfindliche Angelegenheit an, jene der Diskriminierung der Roma-Bevölkerung in diesen beiden Gemeinden. Wir machen das aber auf ganz neue Weise, durch Kunst. Wir schlagen das Theater als Mittel vor, um Brücken zwischen der rumänischen und der Roma-Kultur zu bauen. Wir werden zwei Gruppen von Jugendlichen bilden. Diese werden mehrere Monate lang an Werkstätten teilnehmen und anderen mitteilen, wie sie die Diskriminierung der Roma-Bevölkerung in ihrer Stadt sehen. Wir werden mit romastämmigen Jugendlichen, aber auch mit Nicht-Roma arbeiten. Diese werden einen Dialog untereinander führen. Am Ende der Werkstattreihe sollen zwei Theaterstücke inszeniert werden, eines in Turnu Măgurele und eines in Alexandria. Diese werden wir auch nach Bukarest und nach Klausenburg bringen.“
Das besagte Projekt sieht auch die Einrichtung zweier Ausstellungen über die Roma-Kultur aus den beiden Städten und den umliegenden Ortschaften vor. Diese werden Kleidungsstücke, Handarbeit, Fotos, Schmuck, Melodien, Gedichte, Volkssagen oder Symbole beinhalten. Die Veranstalter des Projekts sind über den hohen Beteiligungsgrad der Roma-Kinder an diesem Projekt überrascht. Ana Maria Pălăduş:
Wir haben eine unglaubliche Bereitschaft in den etwas schwächeren Schulen und Gymnasien der Stadt festgestellt. Als wir dort angekommen sind und nachgefragt haben, hat es, glaube ich, keinen Jugendlichen gegeben, der nicht mitmachen wollte, insbesondere da viele aus Roma-Familien stammen. Bei den etwas besseren Schulen und Gymnasien gab es eine starke Zurückhaltung, sogar eine rassistische Haltung der Roma-Bevölkerung gegenüber.“
Die beiden Projekte, die den rumänischen Roma-Gemeinschaften gewidmet sind, werden durch den Norwegischen Finanzmechanismus finanziert.