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Mit der dualen Ausbildung gegen Fachkräftemangel

Das Fachkräftedefizit betrifft nicht nur hochqualifizierte Spezialisten wie Programmierer oder Ingenieure, sondern auch Facharbeiter. Abhilfe soll ein aus dem deutschen Kulturraum importierten System schaffen: die duale Ausbildung.

Mit der dualen Ausbildung gegen Fachkräftemangel
Mit der dualen Ausbildung gegen Fachkräftemangel

, 12.07.2017, 17:30

Vor 20 Jahren bereitete das Berufsausbildungssystem noch Facharbeiter für die verschiedenen Branchen der Volkswirtschaft vor. Doch im Jahr 2009 wurde das System abgeschafft — und später auf Drängen der Arbeitgeber, die kein Personal mehr fanden, wieder eingeführt. Laut aktueller Statistik ist einer von vier jungen Menschen arbeitslos. 16% der Menschen zwischen 18 und 24 studieren oder arbeiten nicht. Trotzdem entscheiden sich nur 20% der Schüler nach der 8. Klasse für eine Berufsschule, obwohl rund 50.000 von ihnen es nicht schaffen, auf ein Gymnasium zu kommen — und wenn ihnen das gelingt, schaffen sie später die Reifeprüfung nicht. Vor diesem Hintergrund haben finanzstarke Unternehmen versucht, ein duales Ausbildungssystem einzuführen, sagt Zoica Vlăduţ, stellvertretende Leiterin des nationalen Zentrums für die Entwicklung des beruflichen und technischen Schulwesens:



Im November 2016 wurde eine Eilverordnung erlassen, die diese Organisationsform der dualen Berufsausbildung unter stärkerer Mitwirkung der Arbeitgeber einführt. Hinter der Initiative stecken Unternehmen als potenzielle Arbeitgeber und Partner der praktischen Ausbildung. Grundlage ist ein Partnerschaftsvertrag zwischen der Ausbildungseinrichtung, einem Unternehmen und der jeweiligen Verwaltung. Zudem wird ein individueller Ausbildungsvertrag zwischen dem Schüler, dem Betrieb und der Schule geschlossen. Die Unternehmen müssen dabei so viel Unterstützungsgeld bereitstellen, wie auch vom Staat kommt.“




Dieses System wird bereits flächendeckend umgesetzt. Allein letztes Jahr haben über 5.000 Unternehmen Jobs für Absolventen der Berufsschulen im dualen System angeboten. Cristian Macedonschi, Stadtrat und Präsident des Vereins für Förderung und Entwicklung des Tourismus im Landeskreis Braşov, spricht über einen Erfolg:



Seit zwei Jahren läuft ein Pilotprojekt unseres Vereins zusammen mit den Hotels Kolping und Cronwell in Kronstadt, bei dem wir 14 Köche und 14 Kellner ausgebildet haben. Jetzt sind wir im dualen System und haben drei Klassen — eine mit 28 Köchen, eine Kellner- und eine Zimmerpersonalklasse. Insgesamt 90 Kinder, wobei der Bedarf viel höher liegt. Die Vertreter der Industrie sind am 10. Januar zum Schluss gekommen, dass sie doppelt so viele Azubis brauchen. Das Problem ist, dass wir auch die Ausbilder schulen müssen; dafür gibt es Erasmus-Projekte, im Rahmen derer wir unsere Ausbilder nach Österreich, Deutschland und in die Schweiz schicken, wo dieses System anerkannt wird und eine Tradition darstellt. Sobald wir mehr Ausbilder haben, können wir auch mehr junge Menschen schulen.“




Im dualen System fällt der Schwerpunkt auf praxisnahe Ausbildung. Im ersten Jahr hat die Theorie einen Anteil von 40%, im dritten Jahr sind es nur 25 Prozent, erklärt Cristian Macedonschi:



Die Schüler sind bei den Partnerbetrieben angestellt, wo sie innerhalb der drei Jahre den Beruf des Kochs, des Kellners und des Housekeepers erlernen. Die Kurse sind staatlich anerkannt und kostenlos. Die jungen Leute bekommen 200 Lei vom Staat und 200 Lei vom Arbeitgeber, also 400 Lei im Monat und lernen drei Jahre lang einen dieser Berufe. Abschlie‎ßend bekommen sie ein Zeugnis und nach der Ausbildung können sie im Betrieb bleiben, in dem sie gelernt haben. In Braşov ist die erste Schule nach diesem dualen Modell in 2012 eingerichtet worden, das war in der Luftfahrttechnik und dem Automobilbau. Seit 2012 haben hunderte Kinder diese Schule absolviert und 97% sind dann im Betrieb eingestiegen, wo sie in Ausbildung waren. Für die Unternehmen sind junge Menschen, die drei Jahre dort in Ausbildung waren, au‎ßerordentliche Spezialisten.“




Wenige Jugendliche glauben heute noch, dass Handwerk goldenen Boden hat. Der Arbeitsmarkt schreit geradezu nach qualifiziertem Personal, aber auch unter diesen Umständen ist die berufliche Ausbildung eine eher weniger attraktive Alternative zum klassischen Bildungsweg mit Gymnasium, Abitur und Hochschule. Das grö‎ßte Problem dabei ist die Mentalität, klagen Experten wie Zoica Vlăduţ — Kinder und auch Eltern ziehen es vor, arbeitslose Akademiker zu sein, als einen Beruf zu erlernen:



In den letzten Jahren wollen immer weniger eine berufliche Ausbildung machen, um eine Qualifikation zu haben. Um mehr Kindern diesen Weg zu eröffnen, hat das Bildungsministerium 2017 zum Jahr der Förderung der beruflichen Ausbildung gemacht.“



Laut Zoica Vlăduţ sollen Kinder und ihre Eltern gezielt über die Chancen dieser Ausbildungsform im dualen System informiert werden. Das muss selbstredend auch von den Firmen mitgetragen werden — sie müssen die Leute überzeugen, dass es sich hier nicht um eine Notlösung für Kinder handelt, die es anders nicht mehr schaffen, sondern dass es um den Start einer Karriere geht, die bis zum Studium an einer Universität und höher führen kann, meint die Bildungsexpertin.

(foto: Anqa / pixabay.com)
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