Migranten in Rumänien: IOM-Programm zur freiwilligen Rückführung
Auch in Rumänien geraten Migranten manchmal in schwierige Situationen oder landen sogar in Illegalität. Mit Hilfe der Internationalen Organisation für Migration gibt es seit 2002 ein Programm zur freiwilligen Rückführung.
Ana-Maria Cononovici, 25.06.2014, 19:54
Die Migration ist ein altes Phänomen, das aus und in alle Richtungen stattfindet. Menschen, die in der Regel mehr wollen, beschließen, in ein anderes Land auszuwandern. Dort müssen sie mit Situationen fertig werden, die sie sich oft gar nicht vorgestellt hätten. Gewisse Umstände können dazu führen, dass Migranten ihre Entscheidung bereuen und freiwillig rückgeführt werden wollen. Die Internationale Organisation für Migration unterstützt Migranten, die sich in dem Zielland nicht integrieren, durch das Programm zur Unterstützung freiwilliger Rückführungen.
Migranten konnten bereits ab 1993 freiwillig aus Rumänien in die Heimat zurückkehren. Allerdings hat die rumänische Regierung erst 2002 ein Memorandum mit der Internationalen Organisation für Migration (IOM) abgeschlossen, für die Schaffung eines optimalen Rahmens zur freiwilligen Rückführung und Reintegration. Das IOM-Programm wird von Maria Voica geleitet, sie fragten wir nach den Details.
Das Programm für humanitäre Hilfe und Reintegration bei freiwilliger Rückführung bietet die Chance eines Neuanfangs, es ist ein Programm, das illegalen Migranten in Rumänien bzw. Migranten, deren Aufenthaltserlaubnis abgelaufen ist, die Möglichkeit bietet, mit Würde nach Hause zurückzukehren, in sicheren Bedingungen und mit einem kleinen Koffer, um zu Hause einen Neustart unternehmen zu können, etwas Konstruktives sowohl für die Familie als auch für die Gemeinschaft, in die sie zurückkehren.“
Migranten können etwa durch die Übernahme von Reisekosten unterstützt werden, durch Betreuung während der gesamten Reise, beim Einsteigen und der Ankunft im Zielland. Nach der Landung in der Heimat werden sie von den IOM-Vertretern des jeweiligen Landes empfangen und bis zu ihrem Wohnort begleitet. Danach werden sie mit Blick auf die Reintegration im Heimatland beraten. Die Etappe der Beratung für die Reintegration gilt als sehr wichtig, da sie die Nachhaltigkeit des Projektes gewährleistet. Wie die Bilanz zwei Jahre nach Projektstart aussieht, erfuhren wir ebenfalls von Maria Voica:
280 Personen wurden beraten und mit Informationen über die freiwillige Rückführung versorgt. Unser Ziel lag eigentlich bei 400, allerdings ist die Anzahl der illegalen Migranten bzw. der Migranten mit abgelaufener Aufenthaltserlaubnis stark gesunken, deshalb war ein Erreichen dieses Ziels praktisch unmöglich. 32 Personen wurden für Umschulungen angemeldet, es waren Kurse für unternehmerisches Denken, die von den Kollegen vom Verein »Serviciul Apel« geleitet wurden, dem offiziellen Partner von IOM in diesem Projekt. 109 Personen wurden freiwillig rückgeführt, 20 davon haben Hilfspakete mit Lebensmitteln und Kleidung bekommen und 43 Personen wurden bei der Reintegration unterstützt und betreut, davon haben 30 tatsächlich auf den Hilfsfonds zugegriffen und Güter und Dienstleistungen im Wert von 1200 Dollar bekommen.“
Die Güter und Dienstleistungen im Wert von 1200 Dollar stehen einem Migranten nach der Rückkehr in die Heimat zu. Mit diesen Mitteln kann er entweder ein eigenes Geschäft oder eine Tätigkeit starten, die ihm mittel- oder langfristig ein Einkommen sichern kann. Er kann sich damit auch Aus- und Fortbildungen bzw. Umschulungen finanzieren lassen, um in der Heimat die Chance auf einen Neuanfang zu bekommen.
Die freiwilligen Rückführungen begannen schwach, im Jahr 2006 waren es 20 Personen pro Jahr. Jetzt sind es ungefähr 300 jedes Jahr. Das Inspektorat für Migrantenfragen ist der Ansicht, dass die Möglichkeit einer freiwilligen Rückführung illegalen Migranten einen höheren Schutz bietet, wie Mariana Dumitrache, Beamtin im Dienst des Inspektorats, erklärt:
Für uns ist es viel besser, zu wissen, dass ein ausländischer Bürger freiwillig rückgeführt werden möchte. Er versteckt sich nicht vor uns, wir müssen ihn nicht suchen, denn, wenn man sich illegal in Rumänien aufhält, kann einem alles Mögliche zustoßen. Man ist alleine auf sich gestellt.“
Adele stammt aus den Philippinen, sie hat sich an eine Arbeitsvermittlungsagentur in Manila gewendet, die sich um die Formalitäten bei der Auswanderung kümmert. Sie wählte Rumänien und eine Stelle als Babysitterin.
Ich bin im Oktober letzten Jahres nach Rumänien gekommen. Ich bin ausgewandert, weil ich eine alleinerziehende Mutter bin und für die Ausbildung meiner Tochter Geld verdienen muss. Ich wollte in den arabischen Ländern arbeiten, aber die von der Agentur haben mich gefragt, warum ich nicht in Rumänien arbeiten möchte, weil das Land in Europa sei. Und ich wollte es mal gesehen haben, wenn es schon in Europa ist. Das ist das erste Land in Europa für mich, das war mein Traum.“
Auch Ruby stammt aus den Philippinen und hat einen Arbeitsvertrag für eine Babysitter-Stelle in Rumänien unterschrieben. Während die Babysitterinnen aus den Philippinen in Rumänien als sehr fleißig gelten, weil sie für wenig Geld sich sowohl um die Kinder als auch um den Haushalt kümmern, werden sie bei ihnen zu Hause offenbar reingelegt. Die Arbeitsvermittlungsagenturen versprechen ihnen viel bessere Bedingungen, mehr Geld und leichtere Arbeit, wie Ruby vor ihrer bevorstehenden freiwilligen Rückführung erzählte.
Am Anfang waren sie sehr warmherzig, aber nach kurzer Zeit hat sich die Einstellung meiner Arbeitgeberin verändert. Deshalb musste ich diese Familie verlassen, wegen ihrer Haltung mir gegenüber, ich fühlte mich gequält. Sie sagten am Anfang, ich müsste mich nur um das Kind kümmern, als ich aber dort ankam, musste ich alle Arbeiten im Haushalt übernehmen: Kochen, Saubermachen, Wäsche waschen, alles alleine. Es ist für mich in Ordnung, hart zu arbeiten, aber wenn man mich gut behandelt. Ich habe nur das verlangt, aber sie haben sich nicht drum gekümmert. Deshalb bin ich jetzt weggegangen.“
Zudem haben Adele und Ruby von den versprochenen 400 Euro im Monat lediglich einmal 200 Euro bekommen und ansonsten ein Gehalt von nur 100 Euro. Deshalb haben sie ihre Arbeitgeber verlassen, sind jetzt ohne Arbeitsvertrag und gelten deshalb als illegale Migranten. Beide sind dem Programm zur freiwilligen Rückführung beigetreten und leben heute in den Philippinnen. Adele hat sich mit dem Geld von der IOM ein Motorrad gekauft, mit dem sie Waren für die Schule in ihrem Heimatort transportiert. Damit kann sie für den täglichen Unterhalt ihrer Tochter aufkommen.
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