Leseförderung: Bukarester Stadtbibliothek wirbt um Leser im öffentlichen Verkehr
Die junge Generation liest weniger, so heißt es zumindest immer. Und teilweise stimmt es auch. Derzeit gibt es aber viele Projekte, die das Lesen fördern.
Christine Leșcu, 26.07.2017, 17:30
Laut einer Umfrage von 2015 hätten 25% der in der Provinz lebenden Rumänen in den letzten 12 Monaten kein Buch gekauft. In Bukarest lag dieser Prozentsatz bei 6%. Zudem erklärten 62% der Bukarester, sie hätten in derselben Zeitspanne ein bis fünf Bücher gekauft. 48% der Bewohner anderer rumänischer Regionen gaben dieselbe Antwort. Diese Daten wurden vom Kultur-Konsum-Barometer vor zwei Jahren erfasst. Jetzt hat der Verein Curtea Veche“ eine neue Studie durchgeführt. Curtea Veche“ fördert das Lesen in den Reihen der Kinder. Valentina Roman, Leiterin des Vereins erklärt:
Nur 8% der Kinder in Bukarest lesen aus Vergnügen in ihrer Freizeit. Ein Teil derer, die nicht lesen, sagen, sie hätten keine Zeit dazu, weil sie Schule und zusätzliche Kurse besuchen, oder sie würden keine Bücher finden, die ihnen gefallen. Die Eltern würden sie zwingen, Bücher zu lesen, die sie nicht interessant finden.“
Im Rahmen der Studie wurden 1082 Schüler zwischen 11 und 14 Jahren befragt. Dabei stellte sich auch die Frage der Bibliothek-Besuche. Ob die Schüler in die Bibliothek gehen oder nicht, erfahren wir von Valentina Roman:
Knapp zwei Drittel sagten uns, sie würden die Schulbibliothek nicht besuchen, weil es da keinen Leseraum gibt. Ein anderer Grund ist, dass sie keine für ihr Alter passenden Bücher finden. Ein kleiner Anteil besucht auch die öffentlichen Bibliotheken. Sie tauschen eher Bücher unter sich. Die meisten Lese-Empfehlungen kommen ja von den Freunden. Die Kinder bevorzugen diese den Empfehlungen der Schule oder der Eltern.“
Auch wenn sie wenig bekannt und besucht werden, bieten die Bibliotheken in den unterschiedlichen Stadtteilen passende Leseräume und Bücher zum Ausleihen. Zugleich sind sie Orte, wo die Menschen in Kontakt miteinander kommen und wo gemeinschaftliche Projekte abgewickelt werden. Das wollten die Bibliothekare der Bukarester Stadtbibliothek Mihail Sadoveanu“ zeigen. Die Bibliothek hat Filialen in allen Bezirken der Stadt und in fast allen Stadtteilen. Die jüngste Kampagne der Bibliothek war Reise mit einem Buch“ und wurde in Partnerschaft mit dem Bukarester Verkehrsbund RATB abgewickelt. Anfang März haben die Bibliothekare in den öffentlichen Verkehrsmitteln Lächeln und Leseaufforderungen verteilt, wie uns Anca Râpeanu, Geschäftsführerin der Stadtbibliothek, erzählte:
Ein Großteil der Bukarester verbringt täglich, wegen des Verkehrs, viel Zeit in den öffentlichen Verkehrsmitteln. Was wäre, wenn sie diese Zeit fürs Lesen ausnutzen würden? Was haben wir dann gemacht? Am 1. März, ein besonderer Tag für die Damen, haben wir ihnen Glückwunschkarten geschenkt. Diese wurden von den Kindern, die an den Kunst-Workshops unserer Bibliothek teilnehmen, gebastelt. So teilen wir den Bukarestern mit, dass wir viele gute Bücher haben und ihnen auch andere kostenlose Programme anbieten.“
In den sechs Tagen haben 50 Bibliothekare, 7 Volontäre und 10 Praktikanten in den öffentlichen Verkehrsmitteln in Bukarest mit etwa 11 Tausend Bukarestern diskutiert und außer Glückwunschkarten auch Visitenkarten verteilt. Worum es sich handelt, sagt uns Marilena Chiriţă, Leiterin der Marketing- und PR-Abteilung der Bukarester Stadtbibliothek:
Was für eine bessere Visitenkarte als die Broschüre mit unseren 34 Filialen könnte die Bibliothek haben? In den Verkehrsmitteln zeigten sich die Menschen interessiert, wo es uns gibt und was wir anbieten. Wir haben auch Menschen getroffen, die unsere Angebote in Anspruch genommen haben.“
Das Motto der Kampagne lautete: Ein gutes Buch kann in jedem öffentlichen Verkehrsmittel gelesen werden“. Noch ist es zu früh, um zu sagen, ob es ein Erfolg war. Eine andere Kampagne war aber ein Erfolg und findet jetzt wöchentlich statt, weil das Interesse groß ist. Anca Râpeanu, Geschäftsführerin der Stadtbibliothek, berichtet über Die Märchen-Stunde“:
Wir haben mit 16 Filialen angefangen. Ein Volontär erzählt den Kindern zwischen 3 und 6 Jahren, die von Eltern begleitet werden, ein Märchen. Die Idee war folgende: Ein Dreijähriger ist kein Leser, das kann er aber werden, wenn man ihm vorliest und er Bücher sieht. Wir hoffen, dass dann auch die Eltern ihren Kindern vor dem Schlaf mindestens 10-15 Minuten vorlesen werden.“
Und vielleicht wird auch diese in der Bibliothek verbrachte Märchenstunde die Eltern dazu bringen, ein Buch auszuleihen, um es im Bus zu lesen.