Kunst und Kultur müssen stärker in der Schulpraxis zum Tragen kommen
In letzter Zeit wird immer mehr diskutiert über die Rolle der Kulturbildung – also der Bewusstseinsmachung für kulturelle Aspekte. Rumänien macht da keine Ausnahme.
Luana Pleşea, 29.11.2017, 17:30
Kulturelle Aspekte haben schon immer den Weg gefunden in das rumänische Bildungswesen, und die neuen Unterrichtsansätze, die das Institut für Erziehungswissenschaften ISE in Bukarest in den letzten Jahren federführend betreute, weisen die Schüler gezielt auf die unterschiedlichen europäischen und internationalen Kulturidentitäten hin. Dr. Magdalena Balica, stellvertretende Leiterin des ISE sagt, dass Kultur zum Unterrichtsstoff in vielen Disziplinen gehört: im Sprachunterricht, bei Musik, Geschichte, Geographie und Sozialkunde ist sie Teil des Schulalltags. Doch eine Studie des Instituts wies 2016 darauf hin, dass Kunst hingegen zu wenig berücksichtigt wird. Das spüren sowohl die Lehrkräfte, als auch die Entscheider, sagt Magdalena Balica: Es ist in der Tat so, dass die Erziehungspraxis einen wesentlichen zusätzlichen Beitrag zur Theorie leisten kann. Der Lehrer trägt zwar vor, was im Lehrplan steht, aber die Schule befindet sich in einem gesellschaftlichen und kulturellen Rahmen.“
Wie Balica weiter erklärt, ist ein Zusammenspiel der Schulen mit Vereinen der Zivilgesellschaft erstrebenswert. Ein Beispiel sind die Eheleute Adriana und Virgil Scripcariu. Sie ist Kunsthistorikerin, er Bildhauer. Zusammen betreiben sie im Dorf Piscu im Landkreis Ilfov eine Privatschule, nachdem die öffentliche Dorfschule geschlossen hat. Es traf sich gut, dass Adriana Scripcariu auch Schulbücher zum Thema Kulturvermögen schreibt. Wir stehen jetzt ganz am Ende einer Projekts, bei dem es um ein Lehrheft zum Thema UNESCO-Weltkulturerbe in Rumänien ging. Das Heft soll jetzt in diesem Unterrichtsjahr in einigen Schulen eingesetzt werden und der Stoff wird dann als Wahlfach in den Klassen 5–8 vorgeschlagen. Wir hoffen, dass dieses Fach gemocht wird, umso mehr von den Lehrern ja heute erwartet wird, ein interdisziplinäres Wahlfach anzubieten. Außerdem gestalten wir viele Workshops in Sachen Kulturerbe an Schulen“, sagt Adriana Scripcariu.
Die Schullehrer melden Bedarf an einer angemessenen Grundlage für den Kunstunterricht an — wer als Privatakteur etwas anbieten will, wird daher zusätzlich gefordert, meint die Kunsthistorikerin: Man muss wissen, was man den Kindern zeigt — und das ist ein wunder Punkt, denn die Generation der Lehrer ist selbst nicht in Genuss dieser Art von Unterricht über Kulturerbe gekommen und ist daher weniger empfindlich für Kultur. Lehrern aus den älteren Generationen fällt es schwerer, diese Art von Offenheit mitzubringen und Informationen kompetent weiterzugeben. Aber wir hoffen, dass durch unsere Arbeit und die Arbeit von Kollegen in anderen Vereinen oder in Museen die Kinder einen besseren Unterricht bekommen können“, so die Kunsthistorikerin und Lehrerin.
Wie Magdalena Balica vom Institut für Erziehungswissenschaften (ISE) in Bukarest sagt, ist die Zusammenarbeit zwischen Schulen und Vereinen nicht immer leicht: Was uns fehlt, ist eigentlich ein Kontext, in dem diese Kooperation verwertet werden kann. Schulen, Lehrer und kulturelle Akteure klagen über Ressourcenmangel. Wir müssen uns wahrscheinlich eine bessere Politik für diese Zusammenarbeit überlegen, so dass eine sinnvolle Kooperation möglich wird. Die Schule kann natürlich nicht alles tun und Dinge, die mit dem gesellschaftlichen und auch kulturellen Engagement der Schüler zu tun haben, nicht im Alleingang behandeln“, meint Magdalena Balica.