Kulturbarometer: 77% der Rumänen kulturell schwach eingebunden
Unlängst hat ein Forschungsinstitut eine Umfrage zu den Kulturkonsum-Gewohnheiten der Rumänen durchgeführt. Dabei wurde wieder einmal das Stadt-Land-Gefälle deutlich.
Corina Sabău, 21.06.2017, 17:30
Kirchen, Kulturhäuser, lokale Festivals und Bibliotheken sind in der Auffassung der Bevölkerung die verbreitetsten Elemente der kulturellen Infrastruktur in Rumänien. Das ist die Schlussfolgerung des Kulturkonsum-Barometers 2016, einer soziologischen Studie, die die Kultur-Präferenzen der Rumänen erfasst. Die Studie wird vom Nationalen Institut für Forschung und Kultur-Ausbildung INCFC durchgeführt. Laut derselben Studie wünschen sich 60% der Befragten mehr Presse-Kiosks, 68% wünschen sich mehr Bibliotheken, 62% mehr Buchhandlungen und 59% mehr Parks. Anda Becuţ von der Forschungs-Abteilung des Nationalen Instituts für Forschung und Kultur-Ausbildung INCFC erklärt:
Landesweit werden die Kulturhäuser, die Festivals, Feste und Parks als die wichtigsten Kultur-Infrastrukturelemente empfunden, es gibt aber Unterschiede von Region zu Region. Der wichtigste Anteil von Kultur-Konsumenten wird in Bukarest und im umliegenden Landkreis Ilfov verzeichnet. Das, weil die Hauptstadt sehr reich an Kultur-Infrastruktur ist, den anderen Städten überlegen. Es gibt Unterschiede zwischen den Städten und den ländlichen Regionen: Auf dem Lande sind die Menschen mit einer bestimmten Art von Kultur-Angebot nicht vertraut. Wir berechnen zum ersten Mal diese Kennzahl der kulturellen Teilnahme. Dabei haben wir die Eurostat-Methodologie eingesetzt.“
Die Studie des Nationalen Instituts für Forschung und Kultur-Ausbildung INCFC zeigt weiter, dass 32% der Rumänen in den letzten 12 Monaten kein Buch gekauft haben, 29% haben in derselben Periode kein Buch gelesen. Die Volks- und Ethno-Musik stellt für 53% der Rumänen die Lieblingsmusik dar, gefolgt von der rumänischen Pop-Musik mit 30%, der ausländischen Pop-Musik mit 20%, den sogenannten Manele (Balkanbeats) mit 15% und dem Blues mit 11%. Die letzten Plätze werden von der Hip-Hop-Musik, der klassischen Musik, der Rock-Musik und der Jazz-Musik eingenommen. Der Soziologe Dan Jurcan dazu:
70% der Rumänen gehen nicht ins Theater oder Kino. Dieser Unterschied zu Europa könnte man durch die Online-Piraterie begründen. Es gibt auch einen großen Unterschied zwischen Stadt und Land. Generell hat der Kultur-Konsument ein bestimmtes Profil: Er hat studiert und lebt in der Stadt. In 70% der Dörfer gibt es Kulturhäuser, es stellt sich aber die Frage, inwieweit diese noch kulturell sind. Die meisten Tätigkeiten, die hier abgehalten werden, sind Hochzeiten, Beerdigungs-Zeremonien und Wahlen. Eine Zahl, auf die wir aufmerksam geworden sind, ist das Verhältnis zwischen dem sozialen Erfolg und der Lektüre. 77% der Befragten sagten, sie würden eher arbeiten als lesen, und 55% sind der Meinung, man müsse nicht lesen, um im Leben erfolgreich zu sein. Das beweist, dass die Förderung des mühelosen Erfolgs in den Medien schädlich ist. 78% der Haushalte haben Kabel-TV und Internet. Nur 12% der Befragten sagten, sie hätten niemals Facebook benutzt. Das beweist, dass die sozialen Netzwerke auch von den Senioren benutzt werden. Der Zugang zur Information ist einfacher geworden, fraglich ist allerdings, wieviel Kultur wir im Internet suchen.“
Die soziologische Untersuchung zeigte, dass 77% der Befragten kulturell schwach eingebunden sind, 19% mittelmäßig, 3% stark und 1% sehr stark eingebunden. Carmen Croitoru, Geschäftsführerin des Nationalen Instituts für Forschung und Kultur-Ausbildung INCFC berichtet:
Eine andere wichtige Analyse bezog sich auf die Meinung der Befragten betreffend die sozialen Folgen der Kultur. Zum ersten Mal wurde diese erfasst, und es war für uns eine positive Überraschung, weil wir schlussfolgerten, dass die Menschen die Kultur als wichtig empfinden. Ein wichtiger Teil des kulturellen Konsums spielt sich im Internet ab. In Rumänien haben im Vergleich zu anderen europäischen Ländern viel mehr Leute Zugang zum Internet.“
Die am meisten verbreiteten Formen des kulturellen Konsums in der Öffentlichkeit (mindestens einmal im Jahr) waren: Museums- und Ausstellungs-Besuche (20%), Theater-Besuch (13%), Kino-Besuch (9%), Opernbesuch (7%), Philharmonie (6%), Unterhaltung und Musik (17%), der Besuch von öffentlichen Bibliotheken (6%). Laut dem Barometer stellt der Geldmangel den wichtigsten Grund dar, am Kulturleben nicht teilzunehmen. 42% der Befragten gaben diesen Grund an. Weiter Gründe sind der Gesundheitszustand (21%), das Alter (12%) und der Zeitmangel (7%).