Künstlerische Erziehung in den rumänischen Schulen
Am 15. September fängt in Rumänien, nach den Sommerferien, das Schuljahr an. Für die etwa 3,2 Millionen Schüler bringt das neue Schuljahr einige weniger angenehme Überraschungen mit sich.
Christine Leșcu, 17.09.2014, 15:01
Am 15. September fängt in Rumänien, nach den Sommerferien, das Schuljahr an. Für die etwa 3,2 Millionen Schüler bringt das neue Schuljahr einige weniger angenehme Überraschungen mit sich. Die Schüler der 1. und 2. Klasse werden in einer ersten Phase keine Schulbücher haben. Grund dafür ist eine Entscheidung des Nationalen Schlichtungs-Rates. Infolge einer Beschwerde eines Verlags ordnete dieser Rat die Wiederholung der Ausschreibung für digitale und gedruckte Schulbücher an. Die gute Nachricht ist die Einführung neuer Fächer.
Den Grundschulkindern wird ein Architektur-Wahlfach angeboten und die Schüler an den Musikschulen werden Jazz-Geschichte studieren können. Eine andere künstlerische Überraschung bringt der Musiksender des Rumänischen Rundfunks, Radio Romania Muzical. Dieser Musiksender und das Bildungsministerium haben ein Protokoll unterzeichnet, aufgrund dessen das Projekt Höre 5 Minuten klassische Musik“ ein nationales Programm in den Schulen, beginnend mit dem Schuljahr 2014-2015 wird. Was den Schülern dieses Projekt vorbereitet, erfahren wir von Cristina Comandaşu, stellvertretende Chef-Redakteurin bei Radio Romania Muzical.
Die Initiative wurde 2010 ins Leben gerufen. Unser Sender bereitet diese fünf Minuten klassische Musik seitdem. Es war ein Projekt, das seit 2010 jedes zweite Jahr, stattgefunden hat. Es wurde in unkonventionellen Plätzen, wo viel Publikum zusammen kommt, aber wo gewöhnlich keine klassische Musik zu hören ist, organisiert: in Supermärkten, Einkaufszentren, Firmensitzen. Unser Hauptziel war den Jugendlichen in Rumänien Zugang zu dieser Musikrichtung anzubieten.“
Dank der Partnerschaft mit dem Bildungsministerium werden die Audio-Dateien mit den fünf Minuten Musik per Internet in alle Schulen geschickt. Cristina Comandaşu dazu:
Diese Musikstücke dienen als didaktisches Material für die Musikstunden, sie können aber auch bei anderen Kursen als Audio-Hintergrund benutzt werden, zum Beispiel während der Kurse aus dem Kunst-Bereich. Mittels eines zentralisierten Systems schicken wir bestimmter Schlüssel-Personen in jedem Landkreis, den entsprechenden Inspektoren, die Audio-Dateien. Dieselben 31 Musikstücke wird man beginnend mit dem 1. Oktober sowohl in Schulen, als auch in öffentlichen Plätzen hören können. Es handelt sich dabei um Stücke unterschiedlicher Musikrichtungen, von Barock-Musik bis hin zur moderner Musik. Wir nennen diese Hits“ der klassischen Musik. Wir wollten diese ewigen Werte in den Vordergrund bringen, wir wollten, dass die Kinder diese kennenlernen um dann einen Schritt weiter zu gehen und andere weniger zugängliche Musikstücke zu entdecken.“
Nicht nur die Musik, sondern auch andere Bereiche der Kunst können kreativ und nonkonformistisch während der Kurse eingesetzt werden. Mihai Iacob, Forscher beim Institut für Bildungs-Wissenschaften erklärt:
Die Künste können auch während der Geschichts-Kurse und der Kurse für technologische Bildung eingesetzt werden. Das stimuliert die Kinder. Die Kurse werden dynamisch, sie beschränken sich nicht mehr auf den Lehrer, der seine Geschichte erklärt. Durch ihr Aussetzen zur Kunst, bieten wir den Kindern Zugang zu mehreren Bereichen an.“
Die Künste können nicht nur während der normalen Kurse eingesetzt werden. Mit ihrer Hilfe, kann den Kinder geholfen werden, ihre unterschiedlichen sozialen Kompetenzen zu entfalten und manche emotionale Probleme zu überwinden. Das haben auch die Projekte an denen Mihai Iacob in benachteiligten Milieus teilgenommen hat, bewiesen.
Ich habe mit Künstlern zusammen gearbeitet, die in benachteiligten Milieus mit Kindern gearbeitet haben. Es gab solche Projekte in Azuga, in der Kommune Conţeşti im Landkreis Teleorman. Da habe ich mit einem Choreographen für zeitgenössische Tänze und einem Choreographen für Volkstänze zusammen gearbeitet. In diesem Sommer haben wir in der Nähe von Brasov-Kronstadt ein Ikonen-Malerei-Camp organisiert. Die Kunst ist ein sehr starkes Motivations-Instrument, es bringt die Energien der Kinder in Bewegung, sie muss aber in einen bestimmten Prozess integriert werden. Die Kinder müssen die künstlerische Erfahrung verdauen.“
Angesichts all dieser Vorteile, ist die Kunst ausreichend in den Schulen anwesend? Raluca Pop, Managerin des Verbands KubikMeter. Ressourcen für die Kultur“.
Sie ist mangelhaft vertreten. Aber ich bemerke auch einen großen Unterschied zwischen Stadt und Dorf. Sehr viele innovative Tätigkeiten, insbesondere was die Zusammenarbeit mit Künstlern und Künstler-Organisationen anbetrifft, finden in urbanen Zentren statt. Die Kultur-Tätigkeit in ruralen Gegenden ist viel schwächer. Das geschieht aus finanziellen Gründen, aber auch weil die Nichtregierungsorganisationen üblicherweise in den Städten anwesend sind.“
Abgesehen vom Ort, an dem die künstlerische Erfahrung stattfindet, ist ihr Effekt umso stärker, desto mehr der Schüler daran beteiligt ist. Raluca Pop erläutert:
Was zurzeit funktioniert und vertieft werden sollte, sind die Partnerschaften zwischen Organisationen und Schulen. Aber diese Partnerschaften sollten nicht in der Schule abgewickelt werden. Zugleich können die Sportsäle auch für andere Tätigkeiten besser benutzt werden. Es macht einen großen Unterschied, ob die Kinder die Kultur passiv erleben- sich eine Aufführung anschauen oder ein Museum besuchen — oder direkt verwickelt sind. Die größten Auswirkungen erfolgen, wenn das Kind die Kunst auch ausübt: ein Instrument spielt, Mitglied einer Tanz-Truppe ist, in einer Aufführung spielt.“
Zurzeit wickelt das Institut für Bildungs-Wissenschaften in Bukarest eine Studie über die Anwesenheit der Künste in den Schulen ab. Zugleich möchte man durch diese Studie die Wünsche der Schüler, Eltern und der Lehrer in diesem Bereich herausfinden.