Kleinbauern gegen Konzerne: Landwirte fordern mehr Rechte gegenüber Großunternehmen
Den Kleinbauern in Rumänien fällt es immer schwerer, die kleinen Grundstücke, die sie besitzen, anzubauen. Die UNO und lokale Vereine möchten jedoch helfen, mehr Rechte durchzusetzen und eine regionale Vernetzung und Nachhaltigkeit zu erzielen.
Christine Leșcu, 22.11.2017, 17:30
Die ländlichen Gebiete gelten in Rumänien als Hüter der Tradition. Die Dörfer konfrontieren sich jedoch mit großen wirtschaftlichen und sozialen Problemen. Viele dieser sind auf die Gestaltungsweise des postkommunistischen rumänischen Dorfes zurückzuführen. Hier wird noch die sogen. Subsistenzwirtschaft betrieben. Laut Statistiken leben 46% der Rumänen auf dem Lande. Hier wird in 3,6 Millionen Haushalten zum Großteil nur für den Eigenkonsum produziert. Das bedeutet, dass die Hälfte der Subsistenz-Landwirtschaft in der EU in Rumänien betrieben wird. Die Kleinbauern können aber nicht mit den großen landwirtschaftlichen Unternehmen konkurrieren.
Laut etwas älteren Daten vom rumänischen Statistikamt sind in der Zeitspanne 2002–2010 etwa 150 Tausend kleine Farmen verschwunden. In derselben Periode sei die Zahl der großen Farmen um 3% gestiegen. Zudem hätten diese großen Unternehmen in den letzten Jahren mehr Grundstücke gekauft. Ramona Duminicioiu vom Verband Eco Ruralis berichtet:
Sehr viele rumänische und ausländische Konzerne haben Millionen Hektar Ackerland in den letzten 20 Jahren gekauft. Jetzt besitzen Konzerne etwa die Hälfte der Ackerfläche Rumäniens. Die andere Hälfte ist im Besitz der mehr als 4,7 Millionen aktiven Landwirte. Unsere Flächen werden immer kleiner.“
Viele Landwirte sind alt oder besitzen nicht die nötigen Maschinen, um das Land zu bearbeiten. Deswegen verkaufen sie ihre Grundstücke. Die typisch bäuerlichen kleinen Farmen, die für den Eigenkonsum wirtschaften, können nur schwer die Bestimmungen einhalten, die die Großproduktion in der Landwirtschaft fördern. Die kleinen Landwirte fühlen sich bedroht und meinen, man würde ihre Rechte verletzten. Ramona Duminicioiu dazu:
Wenn wir kein Saatgut von den großen, sogenannten zugelassenen Großunternehmen kaufen, können wir nichts produzieren. Unser Saatgut, das nährreiche und gesunde Nahrung produziert, soll nicht normenkonform sein. Das Saatgut wurde geregelt, Rumänien hat einige internationale Normen eingeführt. Es müssen bestimmte Kriterien eingehalten werden: Das Saatgut muss uniform, stabil und distinkt sein. Das Saatgut der Landwirte ist distinkt, hält aber die anderen beiden Kriterien nicht ein. Genetisch ist es sehr vielfältig, das ermöglicht die Anpassung an das Wetter und macht die Produkte sehr nährstoffreich. Im Vergleich zu diesem ist das hybride, moderne oder genetisch veränderte Saatgut nährstoffarm. Dieses kann nur mit Hilfe von chemischen Düngemitteln und intensiven Produktionsmitteln der industriellen Landwirtschaft angebaut werden.“
Wegen dieser gravierenden Probleme leitete die UNO die Verabschiedung einer Erklärung für die Rechte der Kleinbauern und anderer Personen ein, die in ländlichen Gebieten arbeiten. Das Dokument hat 27 Artikel und wurde schon zur öffentlichen Debatte vorgelegt. Ramona Duminicioiu dazu:
Das Recht zur Wiederverwendung des Saatguts muss rechtlich verankert werden. Unsere Kleinbauern-Märkte sollen nicht mehr privatisiert, an private Verwalter übergeben oder von Zwischenhändlern übernommen werden. Wir sind der Meinung, dass wir an öffentlichen Beschaffungsprojekten für Lebensmittel, die vom Staat für die Belieferung von öffentlichen Schulen, Kantinen und Krankenhäusern eingeleitet werden, teilnehmen können und müssen. Die kommunalen Grundflächen müssen rechtlich geschützt werden. Wenn sie verkauft werden, muss die lokale Gemeinde Priorität haben, sie sollen nicht auf dem freien Markt verkauft werden, weil das zu einem unfairen Wettbewerb führen würde.“
Damit die Produkte der Kleinbauern ohne Zwischenhändler direkt zu den Endkunden gelangen, implementiert der Verband Creştem România Împreună“ (Gemeinsam lassen wir Rumänien wachsen“) ein Projekt, das die ländlichen Gebiete mit den Städten verbindet. Das Projekt heißt Adoptiere einen Kleinbauer“. Der Stadtbewohner werden aufgefordert, alle nötigen Produkte von einem Kleinbauer zu kaufen. Mihai Mihu vom Verband Creştem România Împreună“ berichtet:
»Adoptiere einen Kleinbauer« ist der soziale Teil eines größeren Projekts, das versucht, die Städte mit den ländlichen Gebieten zusammen zu bringen. Wir identifizieren rurale Höfe, wir schildern ihre Geschichte, wir treffen die Kleinbauern, die in diesen Höfen arbeiten. Dann fördern wir diese zusammen mit ihrer Geschichte auf unserem Online-Portal und in den Sozialnetzwerken. Wir versuchen die lokale Wirtschaft zu unterstützen und zu fördern. So bleibt das Geld in der Gemeinde, und der Gemeinde geht es dann besser.“
Bis zum Ende der Verhandlungen und Billigung der UNO-Erklärung für die Rechte der Kleinbauern können solche lokale Projekte die Stadtbewohner und die Kleinbauern in Verbindung bringen.