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Integration von Kindern mit sonderpädagogischem Förderbedarf in Regelschulen

Das Schuljahr 2020–2021 ist keineswegs ein übliches. Für die meisten Kinder und Eltern ist es ein ungewöhnliches, ja schwieriges. Besonders schwierig ist es für Kinder mit speziellem Förderbedarf, die in reguläre Schulen integriert werden müssten.

Integration von Kindern mit sonderpädagogischem Förderbedarf in Regelschulen
Integration von Kindern mit sonderpädagogischem Förderbedarf in Regelschulen

, 23.09.2020, 17:30

Ein Gesetz, das vorschreibt, Kinder mit besonderen Bedürfnissen in reguläre Bildungseinheiten zu integrieren, existiert zwar, aber nur auf dem Papier. In den meisten Fällen findet die Integration nicht statt, wie Anemari-Helen Necşulescu in einem kürzlich erschienenen Buch mit dem Titel Tagebuch einer Mutter. Urbane Szenen mit Kindern, Verkehr, Eltern, Hausaufgaben und anderen Herausforderungen“, herausgegeben vom Cartex-Verlag, feststellt. Anemari ist die Mutter von zwei Adoptivkindern, von denen eines, ein Junge namens Emi, mit ADHS (Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung) diagnostiziert wurde.




Das Buch erzählt die Geschichte, wie Anemari darum kämpfte, Emi in die Schule zu integrieren. Denn, wie die Autorin sagt, das Buch ist nicht unbedingt dazu gedacht, irgendwelche Probleme zu lösen, sondern Themen zur Diskussion zu stellen. […] Nicht über unsere Probleme zu sprechen und sie unter den Teppich zu kehren, ist viel gefährlicher für unsere psychische Gesundheit.“



Die Reaktion des Bildungssystems auf Schüler mit besonderen Bedürfnissen ist seit langem eines der Themen, die in Rumänien unter den Teppich gekehrt werden. Acht Jahre lange Bemühungen — Emi ist jetzt in der 8. Klasse — fasste Anemarie Helen Necşulescu in ihrem Buch zusammen und verdeutlichte, auf welche Arten von Widerstand sie in der Schule gesto‎ßen ist:



Es gibt viele Formen des Widerstands. Es gibt den deutlichen Widerstand, wenn von Anfang an »Nein« gesagt wird, oder »Kann ich nicht tun«, »Hab‘ ich nicht«, »Es ist nicht möglich«. Zufällig ist es genau das, was mich zum Handeln bewegt. Es gibt aber auch die Form des verdeckten Widerstandes, bei dem man so tut, als würde man das Gesetz respektieren. Diese Form war mir nicht bekannt und darum befasst sich ein gro‎ßer Teil des Buches damit und mit der Art und Weise, wie ein Elternteil damit fertig wird. Einerseits wünsche ich mir, dass die Lehrer das Buch lesen und das Einfühlungsvermögen entwickeln, diese Kinder nicht nur nach ihren Namen im Klassenbuch oder nach ihrem Gesicht im Klassenzimmer zu betrachten, sondern als Menschen mit einer eigenen Geschichte. Andererseits möchte ich, dass die Eltern die sich in meiner Situation befinden, verstehen, dass es nicht leicht ist. Einige bitten mich um Rat, und ich erkläre ihnen, was das Gesetz vorsieht und wie sie vorgehen sollten. Und es ist nicht einfach, beginnend mit dem Schreiben eines Antrags und seiner Registrierung in der Schule über das ständige Wiederkommen, um herauszufinden, was als Nächstes zu tun ist, bis hin zum systematischen Aufstieg in der Hierarchie zum Schulleiter oder Schulinspektoren. Meine Botschaft an die Eltern in meiner Situation lautet: »Sie sind die einzige Hoffnung Ihres Kindes. Ich wei‎ß, dass unser Alltag schon jetzt hart ist, aber als Eltern sind Sie die einzige Hoffnung Ihrer Kinder.« Auf diese Weise ist es mir gelungen, für mein Kind das Beste zu erreichen, was heute in Rumänien möglich ist.“




Die Erfahrungen eines Kindes mit besonderen Bedürfnissen und die Bemühungen seiner Eltern werden in diesem Buch mit Genauigkeit, Humor und energievoll von einer Mutter erzählt, die wei‎ß, dass sie — zumindest am Anfang — diesen Kampf ganz allein austrägt. Anemari-Helen Necşulescu:



In einem Kapitel spreche ich über Emis erstes Jahr in der Grundschule und wie wir schlie‎ßlich aus der Klasse herausgeworfen wurden. Das war schmerzhaft, aber ich habe versucht, mich auf das, was ich aus dieser Lektion gelernt haben und auf das, was ich zu tun habe, zu konzentrieren. Wenn so etwas passiert, möchte man normalerweise einen Krieg anzetteln, um sich Recht zu verschaffen. Es mag sein, dass das Recht auf unserer Seite ist, aber auf diese Weise kann man es nicht erreichen. Sie sollten in der Lage sein, die anderen Eltern als Menschen zu sehen, denen es einfach an Informationen, und nicht an Empathie mangelt. Sie lieben ihre eigenen Kinder und konzentrieren sich auf Ihre Bedürfnisse. Und so gelangen sie zu dem Schluss, dass die Lösung in der Aufklärung liegt. Es ist Ihre Aufgabe, diese Eltern zu informieren, weil dieser der einzige Weg zur Integration ihres Kindes ist. In der Schule gibt es kein System, das dies ermöglicht, keine Eltern-Lehrer-Treffen, bei denen über Vielfalt, besondere Bedürfnisse und Integration gesprochen wird. Sie müssen dies tun, Sie müssen diese anderen Eltern zu Ihren Verbündeten machen.“




Und da sie es gewohnt war, mit einem ungewöhnlichen Kind zu leben, adoptierte Anemari-Helen Necşulescu ein weiteres, ein fünfjähriges Mädchen, das mittlerweile 9 Jahre alt ist:



Wir fanden Rebeka auf einer Liste von Kindern, die als »schwieriger zu vermitteln« galten, denn sie war als ethnische Roma aufgelistet. Deswegen, denken wir, ist sie nicht schon früher adoptiert worden. Als ich sah, dass ihre ethnische Zugehörigkeit in ihrer Akte offengelegt wurde, obwohl dies illegal ist, war ich wütend, wie ich es jedes Mal bin, wenn mir jemand sagt, dass etwas »unmöglich« ist. Rebeka hat mein Leben verändert und mir in meiner Beziehung zu Emi sehr geholfen; und die Tatsache, dass sie Roma ist, war für uns irrelevant. Sie ist aber sehr dunkelhäutig, und das führt dazu, dass sich die Menschen Ihr gegenüber sehr unangemessen verhalten, was eine weitere Herausforderung darstellt. Ich habe gesehen, wie uns die Leute anstarren, weil sie und ich so unterschiedlich aussehen. In den letzten Jahren adoptieren immer mehr Menschen Roma-Kinder und müssen sich mit diesem Segregationsproblem konfrontieren — denn nicht nur das Kind, sondern die ganze Familie erleidet diese Erfahrung. Dies betrifft zum Beispiel auch Emi. Wenn jemand Rebeka »Du, Zigeunerin!« zuruft, ist Emi vielleicht in der Nähe, und er hat ein ungutes Gefühl dabei.“




Die Geschichte von Emi, Rebeka und ihren Eltern wird in dem Buch Das Tagebuch einer Mutter“ erzählt, zusammen mit den Geschichten all der anderen Herausforderungen, die das Leben in der überfüllten und geschäftigen Stadt Bukarest mit sich bringt, die alle mit Humor und Einfühlungsvermögen von Anemari-Helen Necşulescu beschrieben werden. Sie beweist, dass Probleme überwunden werden können, wenn man die richtige Einstellung findet.

(foto: Anqa / pixabay.com)
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