Historisches Bauerbe in Bukarest gefährdet
Viele denkmalgeschützte Häuser in Bukarest befinden sich in einem sehr schlechten Zustand. Ein Bericht bescheinigt dem Bauerbe zudem geringe Überlebenschancen.
România Internațional, 14.08.2013, 13:13
Viele denkmalgeschützte Häuser in Bukarest befinden sich in einem sehr schlechten Zustand. Weil es keine Strategie zur Wiederbelebung der historischen Stadtteile und zur Erhaltung der Gebäude mit hohem architektonischen Wert gibt, könnte die chaotische Immobilien-Entwicklung das Überleben des historischen Bukarests gefährden. Das ergibt sich aus einem Bericht über die denkmalgeschützten Gebäude in Bukarest.
Der Bericht analysiert die letzten vier Jahre und wurde von mehreren Nichtregierungsorganisationen, die als Ziel den Schutz dieser Gebäude haben, erstellt. Die Vize-Vorsitzende des Verbandes für Schutz und Dokumentierung des Bauerbes in Rumäniens, Roxana Wring:
Wir erleben eine systematische Zerstörung des historischen und architektonischen Kerns Bukarests. Die Bukarester beobachten das täglich und ich glaube, wir haben uns daran gewöhnt. Wir gehen an diesen Gebäuden vorbei und sehen sie nicht mehr. Wir haben uns daran gewöhnt, in einer Stadt zu leben, die zerstört wird. Sollte dieser Prozess weiter gehen, wird meiner Meinung nach die architektonische und kulturelle Identität der rumänischen Hauptstadt verloren gehen. Wir merken, dass die letzten 20 Jahre für die historischen Stadtteile Bukarests nichts Gutes gebracht haben, nachdem die Stadt in der kommunistischen Periode viel zu leiden hatte.“
Laut dem Bericht wurden Hunderte von architektonischen Juwelen abgerissen, weitere sind gefährdet. Der Vorsitzende des Verbandes Salvaţi Bucureştiul“ (Rettet Bukarest), Nicuşor Dan, meint, der Grund dafür wäre nur das wirtschaftliche Interesse.
Ceauşescu hat etwa 15 % der Altstadt zerstört. Nach 1990 wurden etwa 5 % der Gebäude in den historischen Stadtteilen abgerissen. Die Zerstörung ist noch schlimmer, weil in diesen historischen Stadtteilen völlig unpassend gebaut wurde. In jedwelchem zivilisierten Land hat ein Investor zwei Möglichkeiten in einer Stadt: Er kauft sich im Zentrum ein denkmalgeschütztes Haus und restauriert es, öffnet hier seinen Firmensitz und hat so soziales Prestige oder er baut am Stadtrand und macht Profit. Wenn aber die öffentliche Verwaltung schwach ist, dann kauft der Investor ein historisches Gebäude, reißt es ab und baut ein hohes Gebäude. Jedwelches denkmalgeschützte Haus ist zehnmal billiger als das Grundstück, auf dem es steht.“
Die Assan-Mühle in Bukarest in ein gutes Beispiel für den Zustand der denkmalgeschützten Gebäude. Die Mühle wurde 1853 gebaut. Sie liegt seit Jahren in der Ruine und fiel mehrmals zum Opfer unbekannter Brandstifter. Im Bericht sind mehrere solcher Beispiele enthalten. Auf dem Aviatorilor-Boulevard im Zentrum Bukarests befindet sich in unmittelbarer Nähe des Regierunssitzes eine Villa mit einer besonderen Architektur. Alle Ecken des Hauses wurden mit Neobarock-Elementen verziehrt. Heute ist das Haus eine Ruine. Die dekorativen Elemente sind teilweise zerstört und ein Teil des Dachwerks fehlt. Das Haus steht unter Denkmalschutz und wurde nach den Plänen des berühmten rumänischen Architekten Petre Antonescu erbaut. Im Zentrum von Bukarest sieht man leider mehrere Häuser in diesem Zustand.
Die Altstadt von Bukarest ist voller Leben, in den letzten Jahren haben die vielen Cafés, Pubs und Restaurants die Gegend wiederbelebt. Hier gibt es auch eine Menge denkmalgeschützter Häuser. Ihr Zustand lässt aber leider zu wünschen übrig. In den letzten fünf Jahren wurde die Straßeninfrastruktur rehabilitiert, die Häuser wurde jedoch nicht saniert. Roxana Wring dazu:
Die Sanierungen, die durchgeführt wurden, sind nur oberflächlich, meistens unangemessen, ohne historische Studien. Andere Häuser wurden abgerissen. Das zeugt von einer falschen Vision über die wirtschaftliche Entwicklung. Die Altstadt ist sehr wertvoll. Da gibt es Potential, langfristig zu investieren, aber auch die Stadtverwaltung muss seine Hausarbeit erledigen.“
Der Bericht über die denkmalgeschützten Gebäude erwähnt noch, dass es inBukarest sehr viele hochwertige modernistische Gebäude aus der Zwischenkriegszeit gibt. Nach dem 1. Weltkrieg und der Vereinigung Rumäniens mit Siebenbürgen hat eine Generation von jungen Architekten, die im Ausland studiert hatten, die ersten modernistischen Bauten geplant. Zur Zeit sind viele dieser Gebäude in einem sehr schlechten Zustand. Die wenigen Konsolidierungen oder Sanierungen haben leider meistens zu einem Verlust des architektonischen Werts geführt. Roxana Wring:
Diese Bauten sind fast überhaupt nicht bekannt. Sie liegen entweder in der Ruine, wie das Aro-Gebäude, das konsolidiert werden müsste, weil es bei einem stärkeren Erdbeben verschwinden würde, oder werden unangemessen saniert, beziehungsweise mit Styropor thermisch isoliert. Wenn man ein modernistisches Hochhaus thermisch isoliert, sieht er wie ein kommunistischer Wohnblock aus. Dann werden sie noch gelb und rosa gestrichen, die Fenster werden umgebaut. Das sieht man auf dem Magheru-Boulevard im Zentrum von Bukarest. Dieser Boulevard könnte für den Modernismus in Bukarest repräsentativ sein.“
Der Disput zwischen den Behörden und den Nichtregierungsorganisationen wurde mehrmals vor Gericht fortgesetzt. Die NGOs, die sich für den Schutz der historischen Häuser in Bukarest einsetzten, wollen erreichen, dass die Kommunalverwaltung die historischen Gebäude schützt und saniert. Zudem schlagen sie eine Reihe von Maßnahmen zur Verbesserung der Lage der denkmalgeschützten Häuser in Bukarest vor.
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