Hilfe für Alkoholsüchtige in Rumänien
Rumänien belegt einen der ersten Plätze in Europa beim Alkoholkonsum. Nur wenige NGO und Fachkräfte helfen dabei den Menschen, die der Trinksucht verfallen.
România Internațional, 08.01.2014, 17:56
Rumänien belegt einen der ersten Plätze in Europa beim Alkoholkonsum. Es gibt kein exaktes Profil des Alkohol-Verbrauchers, Fachleuten zufolge spiele aber der genetische Faktor eine wichtige Rolle. Personen mit engen Verwandten, die ein Alkohol-Problem haben, sind dem Risiko ausgesetzt, selbst eine Alkohol-Abhängigkeit zu entwickeln. Laut der Allianz für die Bekämpfung des Alkoholismus und der Drogensüchte (ALIAT) liegt in Rumänien der Alkohol-Konsum bei 9 Litern purer Alkohol pro Kopf im Jahr. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) macht darauf aufmerksam, dass der Alkoholkonsum bei Jugendlichen weltweit steigt.
Trotz dessen gebe es in Rumänien kein solides Programm zur Konsum-Vorbeugung und für die Heilung der Alkohol-Abhängigen, meint Dan Prelipceanu, Psychiater und Ehrenvorsitzender der Allianz für Bekämpfung des Alkoholismus und der Drogensüchte (ALIAT):
Das ist ein in Rumänien, aber auch in Europa großes ungelöstes Problem. Man erkennt seit langer Zeit enormes Desinteresse, sogar eine Gleichgültigkeit der Gesellschaft und der Behörden gegenüber diesem Alkohol-Problem. Die aufgetretenen Sozialkosten stellen in diesem Zusammenhang ein wichtiges Problem dar. Es werden Dutzende Milliarden Euro für die Bekämpfung der Folgen des Alkoholmissbrauchs ausgegeben. Dazu zählen die direkten Kosten für Folgeschäden, aber auch die indirekten Kosten für frühzeitige Todesfälle, Pensionierungen, verlorene Jahre und Traumen der Minderjährigen, die aus Alkoholiker-Familien stammen, häusliche Gewalt.“
Der gemäßigte Konsum von Wein — ein Glas täglich — habe laut Spezialisten nur bei Nichtrauchern positive Folgen. Die Statistiken zeigen, dass in Rumänien etwa 2 Millionen Menschen exzessiv Alkohol trinken. 70% der Fälle häuslicher Gewalt und knapp 50% der Mordfälle sind auf den Alkohol-Konsum zurückzuführen. Für jeden Alkoholiker haben weitere sieben Personen zu leiden. Die Daten der Weltgesundheitsorganisation zeigen, dass der Alkohol mehrere Menschen tötet als AIDS und Tuberkulose zusammen. Dan Prelipceanu:
Das findet man in allen Ländern. Bei uns aber viel mehr. Der Alkohol ist eine legale Droge und eine gute Gelegenheit, riesige Geschäfte zu entwickeln. Das ist die Kultur, in der wir leben.“
Um denen, die Probleme mit dem Alhokol-Konsum haben, entgegen zu kommen, hat die Allianz für Bekämpfung des Alkoholismus und der Drogensüchte (ALIAT), die 1993 von Fachleuten gegründet wurde, vor 3 Jahren zwei Behandlungs-Zentren in Bukarest und Târgovişte eröffnet. Das ist das erste kostenlose Projekt für die Behandlung der Alkohol-Abhängigkeit, das in Rumänien mit Hilfe europäischer Fonds entwickelt wurde. In den drei Jahren seit der Eröffnung wurden mehr als 1.200 Patienten von den ALIAT-Fachleuten behandelt. Die meisten gehörten der Altersgruppe 25-54 Jahre an.
66% der Behandelten hatten einen Abitur-Abschluss oder waren Akademiker. 42% hatten einen Arbeitsplatz, als sie die kostenlose Behandlung anfingen. Die Spezialisten von ALIAT haben in den letzten 20 Jahren versucht, den Alkohol-und Drogenabhängigen zu helfen. Gabriela Bondoc, ärztlicher Direktor von ALIAT:
In den mehr als 20 Jahren seit der Gründung hat ALIAT ihre Dienstleistungen für die Behandlung unterschiedlicher Substanzen-Erkrankungen (Alkohol und Drogen) 18.300 Personen angeboten. Wir haben alle möglichen Eingriffsbreiche in puncto Alkohol-Konsum angesprochen, weil wir die größte Organisation sind, die sich mit der Alkohol-Problematik beschäftigt. Wir haben primäre Präventions-Tätigkeiten in den Schulen abgewickelt, haben unter Jugendlichen die Folgen des Alkohol-Konsums bekannt gemacht. Weiter haben wir sekundäre und tertiäre Präventions-Tätigkeiten durchgeführt. Zudem hat ALIAT die wichtigste Fachliteratur, die sich mit Alhokol-Problemen beschäftigt, nach Rumänien gebracht. Wir haben auch über 800 Spezialisten in diesem Bereich ausgebildet.“
Adrian Mihai ist 40 Jahre alt und wurde bei ALIAT behandelt. Obwohl er in einem Supermarkt arbeitet und die Alkoholflaschen in die Regale stellt, hat er seit acht Monaten keinen Alkohol mehr getrunken. Während seines Militärdienstes begann er zu trinken. Zunächst war es ein Vergnügen. Danach kam die Gewohnheit. Weil er manchmal tagelang nicht nach Hause kam, versuchte seine Frau, ihn zu überzeugen, medizinische Hilfe zu suchen. Dass er ein Gesundheitsproblem hat, verstand er, als er begann, 7 Liter Bier am Tag zu trinken.
Ich versäumte Tage und Nächte mit dem Trinken. Die Arbeitskapazität reduzierte sich. Es gab Auseinandersetzungen mit der Familie. Ich verprasste mein ganzes Geld. Die Familie hat mich dazu gebracht, zu versuchen, auf den Alkohol-Konsum zu verzichten. Jahrelang habe ich es für 2-3 Monate versucht. Ich habe auch private Zentren besucht, da wurde für meine Behandlung Geld ausgegeben, aber ohne Ergebnis. Mein Glück war, dieses ALIAT-Team zu treffen, es hat mir die Augen geöffnet. Ich kann sagen, ich fühle mich wie neugeboren!“
Adrian Mihai ist einer der 1.200 Patienten der ALIAT-Zentren, die kostenlos behandelt wurden. Seit Dezember 2013 wird jedoch die Organisation nicht mehr mit Hilfe europäischer Fonds finanziert. Das bedeutet, die Patienten werden die Kosten für ihre Behandlung selbst tragen müssen. Das sind umgerechnet knapp 1.500 Euro für drei Monate.
Audiobeitrag hören: