Herztransplantationen: Kardiologen-Team in Târgu Mureș kümmert sich um die jüngsten Patienten
Ein Ärzteteam um den Kardiologen Horațiu Suciu kümmert sich seit einigen Jahren im zentralrumänischen Târgu Mureș um Herztransplantationen bei minderjährigen und jugendlichen Patienten. Die größte Schwierigkeit bleibt, Spender zu finden.
Luiza Moldovan, 11.05.2022, 15:00
Târgu Mureș (dt. Neumarkt am Mieresch), Siebenbürgen, Zentralrumänien. Wir befinden uns im Institut für kardiovaskuläre Krankheiten und Herztransplantationen. Hier führt ein Ärzte-Team um den Kardiologen Horațiu Suciu eine schwierige Herztransplantation durch. Nutznießerin ist eine junge Frau im zarten Alter von nur 16 Jahren. Der Augenblick ist beachtenswert und erinnerungswürdig. Zum einen erhält eine junge Patientin die Chance auf ein neues und besseres Leben; zum anderen findet der chirurgische Eingriff nach zwei Jahren der alles lähmenden Pandemie statt — während dieser Zeit waren nur 3–5 kardiovaskuläre Operationen im Jahr durchgeführt worden. Das zu transplantierende Herz war kurz davor mit dem Helikopter aus dem ostsiebenbürgischen Sfântu Gheorghe (dt. Sankt Georgen) eingeflogen worden, der Kreishauptstadt des überwiegend ungarischsprachigen Landkreises Covasna. Der Organspender war — kraft seiner Familie — ein 17-jähriger Teenager gewesen, der nach einem Polytrauma — auf gut deutsch: nach vielfältigen Verletzungen — im Koma lag.
Dieser Fall eröffnet somit schon die Diskussion über Transplantationen und Organspendern in Rumänien. Herztransplantationen bei Kindern und Jugendlichen sind ohnehin eher selten in Rumänien. Herzinsuffizienz, d.h. Herzschwäche, ist bei Kindern in der Regel nicht nur rasant in der Entwicklung der Krankheit, sondern meistens auch tödlich in der Folge. Zusätzlich kommt das Problem der fehlenden Organspender für diese Altersgruppe. Die Warteliste für Organe ist generell für Patienten aller Altersgruppen lang, so dass im Durchschnitt jederzeit 22 Patienten auf einen positiven Bescheid warten und sich in der Zwischenzeit auf einer Art Lebens- und Todesliste mit Geduld wappnen müssen.
Der Kardiologe Horațiu Suciu, Chef des Ärzte-Teams im Institut für kardiovaskuläre Krankheiten und Herztransplantationen in Târgu Mureș, das die Herzverpflanzungen durchführt, kennt die Probleme, die eine bessere Behandlung verhindern:
Das klinische Bild der Kinder, die auf der Warteliste für Transplantationen stehen, verändert sich zusehends — viel schneller als bei erwachsenen Patienten, deren hämodynamische Stabilität, also das Bild der Blutbewegung im Körper, medizinisch einfacher überwacht werden kann. Bei Kindern ändert sich der Gesundheitszustand viel schneller und dramatischer, und leider sind Organspender in diesem Alter auch viel seltener als bei Erwachsenen. Das ist auch ein Grund für unsere Unzufriedenheit, denn leider gibt es viel zu wenig Kinder, die in den Genuss einer Herztransplantation kommen.“
In Rumänien bleiben jährlich 400–500 Tausend Kinder mit kongenitalen Malformationen — auf gut deutsch: mit angeborenen Missbildungen im Herzbereich — unbehandelt. Davon sind 10 % Dringlichkeitsfälle bei Neugeborenen, die schon im ersten Lebensmonat operiert werden müssten. 40–50 % davon kommen wahrscheinlich gar nicht in den OP, sondern sterben an den Folgen der Missbildung. Und es heißt »wahrscheinlich«, weil niemand eine Statistik darüber führt. Die Herzklinik in Târgu Mureș ist die einzige ihrer Art in Rumänien, und ihre Aufnahme-Kapazität ist leider limitiert. In Rumänien werden jährlich etwa 1000 Kinder mit schwerwiegenden Missbildungen im Herzbereich geboren.
Hinzu kommt noch, dass die Entscheidung, Organe der eigenen Kinder zu spenden, die an lebensspendenden Apparaten hängen, für viele Eltern selbstverständlich schwierig ist. Gewöhnlich lehnen es Eltern ab, mit Ärzten über diese Möglichkeit zu diskutieren. Und das kommt nicht von ungefähr: Wer tatsächlich darüber nachdenkt, das Leben eines anderen Kindes zu retten, während das eigene Kind — theoretisch — noch eine Chance auf Überleben hat, gilt als Held oder als unrealistischer Luftikus. Für Ärzte ist es allerdings eine Herausforderung, das noch lebende Organ in einer angemessenen Umgebung aufzubewahren und es auch noch für eine aussichtsreiche Transplantation am Leben zu erhalten, weiß der Kardiologe Horațiu Suciu:
Die Nutznießer einer Herz-Transplantation werden unverzüglich danach einer sogenannten immunosuppressiven Behandlung unterzogen, um also das körpereigene Abwehrsystem für die Aufnahme des Transplantats fit zu machen. Das ist für uns die größte Herausforderung, nämlich die immunologische Toleranz für das neue Organ zu steigern. Um auf den Fall der 16-jährigen Patientin zurückzukommen, deren Behandlung Sie beiwohnen durften — das Mädchen ist geistesgegenwärtig, kooperativ und sehr froh über den chirurgischen Eingriff, denn vorher hatte sie kaum noch eine Chance auf Überleben. Ihre Mutter hatte mir erzählt, dass das Mädchen kaum noch eine Treppe hochgehen konnte.“
Die Familie des anfangs erwähnten Spenders — eines 17-Jährigen aus Covasna, der in einem Unfall ums Leben gekommen war — hat geholfen, weiteren zwei Kindern das Leben zu retten. Die Angehörigen spendeten auch die Leber und die Nieren des jungen Unfallopfers — die Leber wurde in Bukarest einem fünfjährigen Mädchen transplantiert, die Nieren kamen nach Klausenburg, wo sie ebenfalls einem Minderjährigen das Leben retteten.
Die Zahl der jungen Organspender sei dennoch niedrig, sagt der Kardiologe Horațiu Suciu, minderjährige Spender machten nur 10–15 % der Gesamtzahl aus. Als man in Rumänien in Bukarest und Târgu Mureș 1999 mit der Durchführung von Herz- und Lebertransplantationen begann, gab es landesweit nur 11 Organspender, erinnert sich der Arzt. Mit der Zeit sei die Situation viel besser geworden, 2018 wurden 200 Spender verzeichnet; das sei ein Rekord gewesen, die Zahl bleibe aber schwankend, heute finden sich rund 100 Organspender im Jahr. Die meisten gespendeten Organe sind Lebern und Nieren, Herzen machen nur etwa 10–15 % der Organspenden aus. Da die Anzahl der Organspender im Verhältnis zur Gesamtbevölkerung viel niedriger als in anderen Ländern ist, erklärt sich dadurch auch, warum in Rumänien nur relativ wenige Herztransplantationen durchgeführt werden, so der Kardiologe Horațiu Suciu.