Eurostat: Rumänen gehören zu den leidenschaftlichsten Bergwanderern Europas
Rumänien ist berühmt für seine malerische und wilde Naturlandschaft. Der Karpatenbogen, der das Land durch die Mitte von Norden nach Westen durchquert, bietet Bergfreunden vielfältige Möglichkeiten, um ihrer Leidenschaft nachzugehen.
Christine Leșcu, 23.01.2019, 17:30
Die Karpaten bieten Resorts, Ruheplätze und Berghütten in Senken, am Fuße der Berge oder auf dem Gipfel, Entspannung für alle, die körperliche Anstrengung mit der Entspannung verbinden möchten. Das ist der Grund, warum gerade im Sommer, aber auch im Winter, die Bergpfade von vielen Wanderern und Kletterern durchkämmt werden. Die meisten jedoch die Wildheit vor, zum Nachteil des Komforts, den Hotels oder Pensionen bieten. Zu den begeisterten Bergwanderern gehört auch Ilinca Stoenică, zugelassene Bergführerin, Absolventin der Fakultät für Tourismusgeographie. In der Online-Community der Gleichgesinnten ist sie als Munțomama“ (Bergmama“) bekannt, nach dem Namen des Blogs, den sie seit vielen Jahren betreibt. Als Mutter von drei Jungen, von denen der kleinste noch ein Baby ist, flößte Ilinca ihren Kindern von klein auf die Liebe zum Wandern ein. Genauso ist auch sie aufgewachsen. Deshalb weiß sie, wie wichtig es ist, sich von Kindheit auf mit den Bergen anzufreunden. Das ist auch Teil ihres erzieherischen Vorhabens auf ihrem Blog. Ilinca Stoenică:
Ein Kind sollte anfangen, in die Natur raus zu gehen, vielleicht nicht unbedingt von Geburt an mit seinen Eltern die Berge zu besteigen. Dies bedeutet nicht, dass Eltern ihr neugeborenes Baby in gefährliche Bereiche bringen oder Gefahren aussetzen müssen, aber Ausflüge in die Natur kann man in jedem Alter machen. Was die Erziehung angeht, da kenne ich keine bessere oder selbstverständlichere Schule als die Natur. Nicht nur für die körperliche Entwicklung ist diese von wesentlicher Bedeutung, obwohl jeder in Bezug auf die Natur an Bewegung, körperliche Verfassung und Gesundheit denkt. Das ist auch wichtig, aber in der Natur entwickelt man eine Menge kognitiver und emotionaler Eigenschaften: kognitive, weil man mit vielen Problemen konfrontiert wird, die man selbst lösen muss, man muss improvisieren, was viele Kinder noch nicht können, aber auch emotionale, denn dadurch steigt die Strapazierfähigkeit und die Fähigkeit, mit anderen Freundschaften zu schließen. Man sagt ohnehin, dass Freundschaften, die in den Bergen geschlossen werden, ein Leben lang bestehen bleiben.“
In Rumänien aber handelt es sich bei den meisten Initiativen zur bergbezogenen Erziehung, wie sie Ilinca ihren Kindern zugutekommen lässt, um private Initiativen.
Derzeit gibt es in Rumänien keine kohärente Bildungspolitik zur Naturerziehung. Es gibt kleine private Initiativen wie meine und andere. Es gibt nicht viele. Es gab Diskussionen, an denen sowohl Bergbegeisterte als auch Lehrer teilgenommen haben, über die Einführung eines Schulfaches namens »Erziehung in der Natur«. Aber alles blieb im Raum hängen, weil der Lehrplan ohnehin sehr belastend ist, und für eine neue Disziplin braucht man qualifizierte Lehrer. Aber wer bildet sie aus und wer bereitet sie vor? Es ist ein Teufelskreis. Aber zumindest in der Woche »Die Schule anders« kann man Wichtiges in der Natur unternehmen, was für Kinder von Bedeutung ist.“
Unter diesen Umständen hat das europäische Statistikamt Eurostat Ende letzten Jahres eine erfreuliche, aber etwas überraschende Rangliste veröffentlicht: Die Slowaken und die Rumänen sind die leidenschaftlichsten Bergwanderer unter den Bürgern der EU-Mitgliedstaaten. Im Jahr 2016 waren die Berge einer der Hauptanziehungspunkte für 13% der Privatreisen von EU-Bürgern. Am leidenschaftlichsten waren die Bürger der Slowakei. 25% ihrer Reisen waren mit einem Ausflug in die Berge verbunden. Dann folgen die Rumänen — 24% ihrer Reisen gingen in die Berge. An folgenden Stellen standen die Bürger Frankreichs und Italiens mit jeweils 19%. Ilinca Stoenică glaubt, das für diese Rangliste einige Nuancen erforderlich sind.
Ich kann keinen Bezug zu der Realität vor Ort finden. Es gibt zwei Aspekte. Erstens hat die Anzahl der Wanderer in den Bergen offensichtlich deutlich zugenommen. Darüber hinaus hat man begonnen, geführte Wanderungen zu veranstalten. Somit ist der Appetit auf Wanderungen in der Natur gestiegen. Das Angebot an angemessener Ausrüstung ist heute viel breiter. Zu der Zeit, als ich mit dem Bergbesteigen anfing, war es schwieriger als jetzt, hochwertige technische Ausrüstung zu bekommen. Ich spreche einschließlich über wasserdichte Jacken von guter Qualität. Jetzt gibt es dieses Problem nicht mehr.“
Gerade wegen des erhöhten Interesses an Bergwanderungen lohnt es sich, dieses Thema genauer zu erforschen, glaubt Ilinca Stoenică.
In Rumänien gibt es keine zentralisierten Statistiken, was Bergtourismus anbelangt. Bergtourismus als solches ist in Statistiken sehr schwer zu erfassen, da Touristen, die auf Bergwanderungen gehen, dies selbstständig tun. Sie kommen selber für den Transport auf, haben ihr eigenes Zelt, und deshalb ist es sehr schwer, sie zu erfassen. Wenn sie nicht in einer Unterkunftsanlage übernachten, die Statistiken erstellt und weiterleitet, wenn sie nicht in einen Nationalpark oder ein Schutzgebiet gelangen, in dem Eintrittskarten verkauft werden, werden sie in keine Statistiken eingetragen. Tatsächlich gibt es eine Menge Leute, die aus diesen Statistiken völlig herausfallen. Meiner Meinung nach stammen viele der hier enthaltenen Zahlen von den Unterkünften, wo beispielsweise die Skifahrer im Winter übernachten, und beziehen sich auf die Anzahl der Übernachtungen oder die Anzahl der gebuchten Betten durch Urlauber, die sich in den Skigebieten aufhalten. In der Tat muss man unterscheiden, ob man einfach mal ins Gebirge fährt oder ob man die Berge auch tatsächlich besteigt. Die Rangliste ist für uns sehr ehrenhaft und ich möchte ihre Bedeutung nicht herunterspielen. Aber auf Ebene der Berufsverbände wie die Rumänische Gesellschaft der Bergleader und Bergführer versucht man, andere Statistiken zu erstellen, die näher an der Realität liegen, obwohl es schwierig ist, alle Personen, die selbstständig den Berg besteigen, in einer Statistik zu erfassen.“
Nicht nur Rumänen wandern in den rumänischen Karpaten, sondern auch viele Ausländer, darunter auch Slowaken, die Spitzenreiter in der Rangliste der Bergliebhaber. Ilinca Stoenică:
Im Sommer grüßt man einander auf dem Bergkamm im Făgăraş-Gebirge nicht einmal mehr auf Rumänisch. Drei Viertel der Leute, denen man dort begegnet, sind Ausländer und stammen aus Nachbarländern. Es sind viele Tschechen, Slowaken und Polen, die zu uns kommen, weil Rumänien etwas noch zu bieten hat: die wilde Natur. Die Wanderrouten sind die meiste Zeit nicht gesperrt, und man kann sein Zelt recht nach Belieben aufstellen, mit Ausnahme der Schutzgebiete, in denen Einschränkungen gelten.“
Bis zur Erstellung von genaueren Statistiken und zur Entwicklung der bergbezogenen Erziehung steht es den Rumänen und Ausländern frei, die Wildnis der Karpaten zu genießen, aber auch zu schützen.