Ernährungskultur: frisches Obst und Gemüse in den rumänischen Schulen
In einer Zeit, in der wir mit Informationen über ungesunde Lebensmittel bombardiert werden, und unsere Eßgewohnheiten gar nicht ernährend sind, ist eine Änderung angebracht. Die EU-Einrichtungen arbeiten schon seit einigen Jahren daran.
Christine Leșcu, 02.05.2013, 17:27
In einer Zeit, in der wir mit Informationen über ungesunde Lebensmittel bombardiert werden, und unsere Eßgewohnheiten gar nicht ernährend sind, ist eine Änderung angebracht. Die EU-Einrichtungen arbeiten schon seit einigen Jahren daran. Eine der Änderungsmaßnahmen trägt den Titel Schema zur Verteilung von Obst und Gemüse in Schulen“. Seit 5 Jahren wird dieses Programm von der EU-Kommission finanziell unterstützt, und die Anzahl der Kinder, die daran beteiligt sind, ist ständig gestiegen.
Ein Beispiel: Im Laufe des Schuljahres 2011-2012 haben mehr als 8,1 Mio. Kinder aus den beteiligten EU-Ländern regelmäßig Obst- und Gemüse-Portionen in den Schulen erhalten. Dazu gehören auch die rumänischen Kinder, die seit 2009 jeden Tag in der Schule je einen frischen Apfel bekommen. Irina Creangă, Beraterin für EU-Fragen im Ministerium für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung, erklärte uns, wie dieses EU-Programm in Rumänien verlaufen ist und wie die Schüler darauf reagiert haben:
Seit Beginn dieses Programms haben wir nur Äpfel verteilt und wir werden womöglich weiter so verfahren — das steht aber noch nicht fest. Im Schuljahr 2010-2011 waren über eine Million Kinder aus 6200 Schulen an dem Programm beteiligt. In derselben Zeitspanne wurden in Rumänien auch Umfragen durchgeführt. Das Programm ist bei den Schülern sehr gut angekommen. Etwa zwei Drittel der Befragten sagten, sie hätten die erhaltenen Äpfel gleich in der Schule gegessen. 86% der Befragten waren der Meinung, dies sei ein nützliches Programm, das fortgesetzt werden sollte. In puncto Geschmacksvorlieben der Kinder stehen die Äpfel ganz hoch unter den Lieblingsfrüchten. Der Bericht hat aber erwiesen, daß in den ländlichen Regionen die Kinder eher exotische Früchte vorziehen, zum Beispiel Bananen.“
Das Programm scheint auch in anderen EU-Ländern mit Erfolg zu laufen. Darüber sprachen wir mit dem rumänischen EU-Abgeordneten und Mitglied im Ausschuß für Umweltfragen, öffentliche Gesundheit und Lebensmittelsicherheit, Claudiu Ciprian Tănăsescu:
Laut dem Evaluierungsbericht sei dieses Programm ein notwendiger und richtiger Beitrag zum Sichern einer ausgewogenen Ernährung der Kinder. Die Kinder selbst und auch die Schulen sind sehr zufrieden mit dem Programm und wollen sich auch in Zukunft daran beteiligen. In den teilnehmenden EU-Ländern wurde eine beträchtliche Steigerung des Obstkonsums in den Schulen festgestellt und es wurde mehr Obst als die verteilte Menge konsumiert. Man kann aber noch nicht sagen, ob dieses Programm im Laufe der Zeit zu einer Verbesserung der Eßgewohnheiten unserer Kinder führen wird.“
Weil das Programm so erfolgreich war, beschloß die EU-Kommission, die Fonds für das Schuljahr 2013-2014 aufzustocken. Für dieses Schuljahr hat das Schema zur Verteilung von Obst und Gemüse in Schulen“ EU-Fonds in Höhe von 90 Millionen Euro zur Verfügung. Die Hauptnutznießer sind Italien (20,5 Mio. Euro), gefolgt von Polen (3,6 Mio. Euro), Deutschland (2 Mio. Euro), Rumänien (4,9 Mio. Euro), Frankreich (4,7 Mio. Euro), Ungarn (4,5 Mio. Euro), Spanien (4,4 Mio. Euro) und die Tschechische Republik (4,2 Mio. Euro).
Das Schema zur Verteilung von Obst und Gemüse in Schulen“ hat auch eine Erziehungskomponente: Die Schüler lernen, sich gesund zu ernähren, und erfahren auch, wie die Fruchte, die sie essen, angebaut werden. Irina Creangă, Beraterin für EU-Fragen im Ministerium für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung, erläutert erneut:
Im Vordergrung stehen unsere Ziele in den Bereichen Gesundheit und Erziehung, wie das Fördern eines gesunden Lebensstils, basierend auf dem Essen von frischem Obst und Gemüse, die Herausbildung gesunder Eßgewohnheiten und das Verstehen der Vorteile, die wir durch das Essen von Obst und Gemuse haben. Neben Gesundheit und Erziehung haben wir noch ein Ziel, und zwar den Kindern das Leben auf dem Lande näher zu bringen. Wir organisieren Ausflüge mit Besichtigungen von Obst- und Gemüsegärten, Agrarmessen und Ausstellungen, wie zum Beispiel die bekannten ‚Erntetage‘. Ferner werden in den Schulen Gärtnerei-Kurse und -Wettbewerbe veranstaltet, das sind unsere sog. ‚Stunden für die Gesundheit‘.“
Auch wenn sie mit dieser Initiative zufrieden sind, meinen die Eltern doch, daß die Erziehungsmaßnahmen nicht entsprechend verstanden und umgesetzt werden. Der stellvertretende Vorsitzende der Nationalen Föderation der Elternverbände, Adrian Topor, spricht über die Verteilung von Äpfeln in den Schulen:
Wir haben Signale bekommen, daß das Programm in einigen Regionen schwieriger gelaufen ist. Die Äpfel sind etwas später angekommen, und die Qualität ließ zu wünschen übrig. Unserer Ansicht nach wurde das Programm nicht in seiner Gesamtheit durchgeführt und orientierte sich nicht in die Richtung, die für unsere Kinder besonders wichtig ist — das Beibringen von gesunden Eßgewohnheiten im jüngsten Alter. Es reicht nicht, wenn wir dem Kind einen Apfel geben, und ihm sagen, er soll bitte schön den Apfel essen. Da müssen wir mit gutem Beispiel vorangehen — wenn wir als Erwachsene kein Obst und Gemuse essen, so werden es unsere Kinder auch nicht tun. So werden wir nur verlieren. Es wäre normal, den Kindern auch zu erklären, warum sie den Apfel essen sollten. Und wir müssen aufpassen, daß der Apfel auch frisch und schmackhaft ist, nicht sauer oder fade. Ein großes Problem ist aber das Fehlen der Räumlichkeiten, wo unsere Kinder unter hygienischen Bedingungen essen können. Das Brötchen, der Apfel, die Milch werden einfach im Klassenzimmer gegessen und getrunken.“
Eine Kantine, ein Speisesaal wären angebracht, meinen die Eltern. Ab nächstem Jahr wird das EU-Programm Schema zur Verteilung von Obst und Gemüse in Schulen“ in den rumänischen Schulen bei den Klassen 1-8 und bei der vorbereitenden Klasse (der sog. Klasse Null) durchgeführt.
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