Das Veronica-Krankenhaus: Wenn der Staat versagt, springt die Zivilgesellschaft ein
Der Tod einer alleinerziehenden und unbemittelten Mutter von fünf Kindern, die durch alle Raster des staatlichen Sozialschutzes durchgefallen war, hat die Zivilgesellschaft motiviert, ein privates Krankenhaus durch Spenden von Null aus aufzubauen.
Roxana Vasile und Alex Gröblacher, 03.04.2024, 17:30
Am 26. Februar 2021 starb eine der vielen alleinerziehenden Mütter Rumäniens, die ihren Alltag finanziell unterbemittelt bestreiten müssen. Bei Veronica Popa wurde Krebs im fortgeschrittenen Stadium diagnostiziert, aber sie hatte weder Ausweispapiere noch eine Krankenversicherung, so dass sie keine Behandlung erhalten konnte. Bis sie ihre Papiere in Ordnung bringen konnte, war Veronica bereits gestorben. Sie hinterließ fünf Kinder – und war Namensgeberin eines nach ihrem Tod entstandenen Fürsorgeprojekts, das seinesgleichen sucht.
Die Geschichte von Veronica beeindruckte Pfarrer Dan Damaschin, Seelsorger in der Entbindungs- und Gynäkologie-Klinik „Cuza Vodă“ in Iași (Jassy), der vor dem Tod der Frau sein Bestes tat, um ihr zu helfen. Er will nun möglichst vielen Menschen helfen, die ärztliche Hilfe brauchen:
„Ich habe eigentlich eine medizinische Berufsausbildung gemacht und habe dann als Krankenpfleger gearbeitet, während ich gleichzeitig Theologie studierte. Dann habe ich in ländlichen Gemeinden, wo es keine medizinische Mindestversorgung gab, parallel als Pfleger gearbeitet und auch als Apotheker ausgeholfen, denn die Leute kamen ins Pfarrhaus, wo ich sogar eine Apotheke eingerichtet hatte. In Iași konnte ich in der Entbindungsklinik diese sozialmedizinische Erfahrung voll nutzen. Ich wollte, dass alle Mütter und ihre Kinder, die unter Armut und Schmerzen leiden, nicht nur zu essen bekommen und ein Dach über dem Kopf haben, sondern auch in der Lage sind, sich um ihre Krankheiten zu kümmern, denn von ihrem Wohlergehen hängt das Wohlergehen ihrer Kinder und – durch sie – der ganzen Gemeinschaft ab.
Obwohl wir alle Krankenhäuser, Privatkliniken und medizinische Untersuchungseinrichtungen regelrecht angebettelt haben, mussten wir im Laufe der Jahre leider auch viele Niederlagen einstecken. Mütter mussten sterben, weil wir nicht genug Mittel hatten, weil wir nicht genug Zeit hatten, weil wir zu spät gekommen waren oder weil wir keine Leute hatten, die uns und den Müttern hätte helfen können, die Herausforderungen gemeinsam zu stemmen.“
Pfarrer Dan Damaschin kam auf die Idee, einen Ort zu schaffen, an dem Mütter in Not nicht nur medizinisch betreut und unterstützt, sondern auch würdevoll behandelt werden. Nur ein kleiner Schritt war es dann von der Umwidmung eines verlassenen Hotels zur ersten sozialen Klinik in Rumänien, die ausschließlich für arme Menschen bestimmt ist.
„Veronica steht als Symbol für alle Mütter. Sie hat uns sozusagen aufgetragen, von der Idee zum Handeln überzugehen und auch den Standort zu bestimmen, an dem wir das Krankenhaus einrichten können. Und, ja, Ressourcen zu finden, um das Projekt durchstarten zu lassen. Wir überlegten uns, wie das Projekt heißen sollte, denn man will ja, dass der Name haften bleibt und eine Menge Energie bündelt.
Sehr gute Freunde haben mir viele Namen aus dem Umfeld der klassischen Sprachen der Antike und auch aus dem englischen Sprachraum vorgeschlagen, die bei jungen Leuten sehr beliebt sind. Aber ich musste an Veronicas Kinder denken und daran, was sie für die Familie, für die Gemeinde, für die Kirche getan hat und schließlich dämmerte es mir: Auf keinen Fall geht ein anderer Name, Veronica muss in unserer Erinnerung bleiben, wir müssen uns von ihrem Namen inspirieren lassen. Und dann haben wir an Veronicas Namen festgehalten – ich betone erneut: Der Name steht als Symbol für jede Mutter, die für ihre Kinder ihre Karriere aufgibt, ihr Privatleben sehr oft hintanstellt und Entbehrungen in Kauf nimmt, um die Kinder glücklich zu machen und sie so aufzuziehen, dass sie großartige Menschen werden.“
Die Arbeiten am Veronica-Krankenhaus – so Pater Damaschin weiter – begannen im Jahr 2021:
„Während der Pandemie sind mehrere Krankenhäuser regelrecht abgebrannt und die Menschen, die mit einer Lungenentzündung eingeliefert wurden, starben an Verbrennungen. Dies führte zu einer Änderung zahlreicher Vorschriften im Bereich der Brandschutz- und Katastrophenschutzgenehmigung, und wir sahen uns mit einem Projekt konfrontiert, das von Grund auf nach den neuen Gesetzen genehmigt werden musste, während unter uns gesagt in Bukarest von 20 Krankenhäusern nur eines über eine Genehmigung vom Katastrophenschutz verfügt.
Wir mussten den Etat für dieses Projekt verdreifachen, so dass das Klinikgebäude ein Gebäude mit den höchsten Sicherheitsstandards ist, in dem wir alles Nötige eingebaut haben – angefangen am Dach, an der Isolierung, an den Fenstern – überall haben wir Brandsensoren und alle Arten von Hydranten im Wert von vielen, vielen Hunderttausend Euro eingebaut. Und wir haben eine Außentreppe, einen Aufzug und hocheffiziente Anlagen. Ob es sich gelohnt hat oder nicht, weiß nur Gott, aber wir wollten eben das Beste für unsere Mütter und haben es getan.“
Die Veronica-Klinik wurde am 8. März dieses Jahres eröffnet und verfügt über fünf Stockwerke mit jeweils 250 m² Fläche. Im Erdgeschoss befindet sich eine Apotheke, in der arme Patienten kostenlos Medikamente erhalten, sowie die Abteilung für bildgebende Verfahren mit der bestmöglichen Ausstattung für Magnetresonanz und Computertomographie. Im ersten Stock befinden sich die Stationen für Kardiologie und Gynäkologie, die ebenfalls mit Hochleistungsgeräten ausgestattet sind, und im zweiten Stock die Abteilung für Familienmedizin und Spezialgebiete wie Innere Medizin, Diabetologie, Lungenheilkunde und Nierenbehandlung, führt Pfarrer Damaschin weiter aus.
„Im dritten Stock ist der Bereich der chirurgischen Spezialitäten und wir sind froh, dass wir auch eine zahnärztliche Abteilung haben, leider nur mit zwei Stühlen, aber mit einem zahnärztlichen Röntgenkabinett. Wir haben auch eine mikrochirurgische, eine HNO- und eine augenärztliche Abteilung. Und im vierten Stock haben wir die pädiatrische Station eingerichtet, wo wir auch Sprechzimmer für Neuropsychiatrie haben sowie die Kapelle Hl. Veronica, in der die Patienten geistlichen Beistand finden werden. Nicht zuletzt bekommen alle unsere Patienten eine warme Mahlzeit, denn die meisten dieser Menschen kommen zur Klinik, haben aber nicht einmal Geld für ein Brötchen; und so wollen wir ihren Aufenthalt nicht nur angenehm gestalten, sondern ihnen auch zeigen, dass sie ihr Vertrauen, ihre Gesundheit und ihre Würde zurückgewinnen können, wenn sie getröstet, verpflegt und behandelt werden.“
Die künftigen festangestellten Mitarbeiter im Veronica-Krankenhaus werden von Spendengeldern bezahlt. Doch medizinische Fachkräfte sind bereit, ihr Fachwissen und ihre Erfahrung den Armen ehrenamtlich zur Verfügung zu stellen. Das Geld für den Umbau des verlassenen Hotels in ein Krankenhaus und dessen Ausstattung stammt ausschließlich aus Spenden und Patenschaften aus Iași, aus ganz Rumänien und aus dem Ausland. Von den auf 4,5 Millionen Euro geschätzten Gesamtkosten wurden bereits mehr als 3 Millionen Euro ausgegeben.