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Chancenlos am Arbeitsmarkt: Europas Jugend nach der Krise

Die Wirtschafts- und Finanzkrise sehen einige in Europa als schon vorbei – doch für die jungen Menschen Europas stimmt das nicht unbedingt. Das zeigte neulich eine Eurobarometer-Umfrage unter mehr als 10 Tausend Befragten aus den 28 Mitgliedsländern.

Chancenlos am Arbeitsmarkt: Europas Jugend nach der Krise
Chancenlos am Arbeitsmarkt: Europas Jugend nach der Krise

, 06.07.2016, 18:00

Viele junge Europäer zwischen 16 und 30 Jahren fühlen sich in ihren Ländern ausgegrenzt — die meisten in Griechenland, wo 93% der Befragten dieser Aussage zustimmten, die wenigsten in Deutschland, wo 27% der jungen Menschen dieses Gefühl empfinden. Rumänien liegt mit 71% irgendwo dazwischen. Der Hauptgrund für die meisten ist, dass sie keine stabilen und anständig bezahlten Jobs finden, sagt Diana Filip, Chefin des Büros von EuropeDirect, der EU-Informationsstelle in Bukarest. Abgesehen von den Nachwirkungen der Krise gibt es dieses Problem, dass frischen Absolventen schon Berufserfahrung abverlangt wird — das passiert überall in der Union, nicht nur in Rumänien. Der Unterschied wäre aber, dass in den anderen Ländern auch praktische Lehrgänge — zum Beispiel Azubi-Verhältnisse und Berufsschulen einen hohen Stellenwert haben, nicht nur akademisch-theoretische Studien. Wir stellen deshalb fest, dass Volontariate und Internships immer wichtiger werden. In einem Gesetz wird das so geregelt, dass ein Praktikum als Arbeitszeit gilt, meint Diana Filip.



Doch selbst vor dem Hintergrund der Unzufriedenheit mit dem rumänischen Arbeitsmarkt will eine gute Hälfte der jungen Leute nicht in einem anderen Land studieren. Laut Eurobarometer waren 85% nie zu Studien- oder Arbeitszwecken im Ausland. Wei sie aber aktiv in sozialen Netzwerken sind, würden sie gerne an öffentlichen Diskussionen mitwirken. Mihai Dragoş, Präsident des Verein Rat der Jugend, findet die beiden Aspekte eng miteinander verbunden. Zivilgesellschaftliches Engagement und der Wunsch, in Rumänien zu bleiben haben stark mit dem Versuch zu tun, die Situation im eigenen Land zu verbessern, sagt er. Das Interesse für demokratische Prozesse und für die Willensbildung ist echt, das zeigt das Eurobarometer. Eine signifikante Anzahl von jungen Leuten ist der Meinung, dass die sozialen Netzwerke im Internet einen Gewinn für die Demokratie darstellen, weil sie die Teilnahme an Kampagnen und den direkten Zugang zu Informationen fördern, die von den herkömmlichen Medien oft ignoriert werden, so Mihai Dragoş.



Diese Aufbruchsstimmung im Land hat aber auch damit zu tun, dass Jugendliche weniger ans Auswandern denken. Man bemerkt, sagt Mihai Dragoş, eine Zunahme der Hetze und des Extremismus in einigen EU-Ländern und auch das hält junge Leute davon ab, in andere Länder zu gehen, um dort eine Zukunft zu suchen. Dazu kommt, dass manche Länder heute grö‎ßere Probleme mit der Arbeitslosigkeit haben als Rumänien, und das kann Auswanderungsträumen auch einen Dämpfer aufsetzen. Gute Chancen würde es auch in Rumänien mehr geben, wenn in Brüssel oder Stra‎ßburg ausgedachte Instrumente hier umgesetzt würden, glaubt Mihai Dragoş. Es gibt da seit 2014 ein EU-Programm mit dem Namen Garantie für die Jugend”, in dem Rumänien über 560 Millionen Euro ausgeben darf, um die jungen Leute auf dem Arbeitsmarkt zu integrieren. Davon sollen besonders so genannte NEETs profitieren, also Menschen, die weder arbeiten, noch in irgendeiner Weise lernen oder studieren. Aber Rumänien hat mit der Umsetzung nicht begonnen und keinen einzigen Cent ausgegeben.”



Und auch sonst ist die Situation problematisch, fährt der Experte vom Rat der Jugend weiter: Das rumänische Jungendgesetz sieht zwar Initiativen und Mittel für die Jugend vor, aber die meisten Kommunalverwaltungen rühren das Geld aber gar nicht an — und dort wo das passiert, gibt es keine ständige Überprüfung der Ausgaben. Dieses Geld ist dazu da, um den Kontakt zwischen Arbeitgebern und jungen Bewerbern zu vermitteln und um Aus- und Fortbildung sowie Beratung zu finanzieren. Dabei meldet Rumänien über 21% Jugendarbeitslosigkeit.



Auch wenn sie nicht viel von dem EU-Angebot haben, ist das Interesse an Europa ungebrochen hoch. Fast 90 Prozent der Befragten gaben im Eurobarometer an, dass es wichtig sei, über die europäischen Institutionen Bescheid zu wissen. Und seitdem sie wissen, dass sie ihnen auch konkrete Chancen bieten können, sind junge Leute aus Rumänien immer besser über die Behörden der EU informiert, berichtet Diana Filip von EuropeDirect: Schon im Gymnasium wollen die Jugendlichen immer mehr wissen über das Institutionsgefüge der EU — nicht nur, weil sie eventuell an einem Job in Brüssel interessiert sind, sondern auch weil sie die Auswirkungen europäischer Politik auf die nationale Ebene, insbesondere am Arbeitsmarkt verstehen wollen”, sagt Diana Filip.

(foto: Anqa / pixabay.com)
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