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Bildungstheater: Bukarester Ensemble „Replika“ bringt Alltagsthemen auf die Bühne

Unweit der Bukarester Innenstadt – aber doch etwas abseits – spricht ein Künstlerensemble junges wie erwachsenes Publikum mit kostenlosen Theateraufführungen an. Dabei geht es um Themen, die vom Alltag diverser Gesellschaftsgruppen inspiriert sind.

Bildungstheater: Bukarester Ensemble „Replika“ bringt Alltagsthemen auf die Bühne
Bildungstheater: Bukarester Ensemble „Replika“ bringt Alltagsthemen auf die Bühne

, 29.06.2016, 17:51

Wir spazieren entlang eines der gro‎ßen Bukarester Boulevards, der an den südlichen Stadtrand führt. Hier biegen wir rechts ab und finden eine Volksschule, die unterschiedliche Kurse für Kinder anbietet. Die Volksschule und das Staatliche Bildungstheater Replika“ teilen sich den Innenhof. Auf dem Hof und drau‎ßen, auf dem Bürgersteig, warten Kinder und Jugendliche aller Altersklassen auf den kostenlosen Einlass zu einer Theateraufführung, bei der es um ihre alltäglichen Probleme gehen soll.



Die Räumlichkeiten sind unspektakulär. Im Februar 2015 gründeten fünf Menschen hier das erste soziale Theater in Bukarest: Die Kritikerin und Dramaturgin Mihaela Michailov, der Regisseur Radu Apostol sowie Katia Pascariu, Schauspielerin am Jüdischen Staatstheater, Viorel Cojanu und Mihaela Rădescu, beide Schauspieler am Kleinen Theater. Die Idee von Theaterprojekten zu sozialen und bildungsbezogenen Themen sei allerdings viel älter, ebenso die Zusammenarbeit zwischen den Gründern, erzählt Mihaela Rădescu.



Die erste Aufführung war »Die Offline-Familie«, an der Mihaela Mihailov und Radu Apostol eineinhalb Jahre lang gearbeitet haben. Dabei haben sie sich mit den Schülern in Bukarest unterhalten. Mit der Aufführung waren wir oft auf Tour, in der Moldau und in Siebenbürgen, das Thema ist sehr heikel. Es handelt sich um Eltern, die als Gastarbeiter ins Ausland ziehen und ihre Kinder zurücklassen. Dann haben wir »Die Geständnisse eines Hundes« gespielt, ein Stück über Tierrechte. Anschlie‎ßend haben wir »Das Theater der Kinderrechte« bearbeitet, daraus wurde die Aufführung »Recht im Gesicht«, nach einem Text von Mihaela Michailov.“




Es folgten Aufführungen über die Schule, etwa Böse Kinder!“ und Erinnerungen an die Schulzeit“, bei denen es stets um Bullying, Missbrauch und Gewalt in der Schule geht. Die Texte sind ausnahmslos aus dem gewöhnlichen Alltag inspiriert, was für das Bildungstheater des REPLIKA-Teams von wesentlicher Bedeutung ist, wie die Schauspielerin Katia Pascariu erklärt.



Die Bildungskomponente ist nicht streng aus schulischer Sicht zu betrachten. Unter Bildungskomponente verstehen wir, dass das Publikum eines jeden Alters zu uns kommen kann. Unsere künstlerischen Ansätze zu bestimmten schulgebezogenen Themen beinhalten bereits diese Bildungskomponente. Der ästhetische Teil ist weniger wichtig, dafür sind die Botschaft und das Thema viel wichtiger. Die Bildungskomponente bezieht sich auch auf das Publikum, das wir anziehen wollen, auf das Umfeld, aus dem es stammt, auf die Recherche, die wir für die Aufführungen betreiben, also auf die Vorarbeit zu den Stücken. Das Bildungstheater hat grö‎ßtenteils mit den Jugendlichen zu tun.“




Wenn die Themen die Jugend und ihre alltäglichen Probleme im Mittelpunkt haben, dann gehört die Dramaturgie auch der Gemeinschaft, sagt die Schauspielerin Mihaela Rădescu. Die Texte entstehen mit der Entdeckung der Themen, im Rahmen der Recherche und in den Gesprächen mit den Menschen. An der sogenannten Sammlung“ der Texte sei das gesamte Team beteiligt, verrät Katia Pascariu.



Die Themen sind in unterschiedlichen Quellen zu suchen: in den Medien, in echten Fällen, in den Gesprächen mit den Jugendlichen, die an unseren unterschiedlichen Werkstätten für Schüler mitmachen. Au‎ßerdem finden wir immer Themen in den Bereichen, die uns, also die Teammitglieder, interessieren. Dann kommt der Moment, in dem all die gesammelten Themen sortiert werden — und dann schauen wir, welche geeignet wären für eine Aufführung, jenseits der persönlichen Neugier.“



Die sozialen Stücke des REPLIKA-Theaters sind sowohl für die Stadt- als auch für die Landbevölkerung relevant. Und das entsprechende Umfeld im Allgemeinen, die Stimmung oder die Gemeinschaft spielen eine zentrale Rolle für das Theaterteam. Aussagekräftig ist der Stadtteil, in dem das REPLIKA-Zentrum seinen Sitz hat, so Katia Pascariu.



Die Bewohner dieses Stadtviertels entdecken uns langsam und wir versuchen, unser Vorhaben aufrechtzuerhalten, die Entdeckung einer Gegend, die über keinen eigenen Kunstraum verfügt. Wir versuchen, vor allem diese Menschen im Stadtteil selbst zu erreichen. Es ist eine sehr interessante Gegend, man ist nah am Stadtzentrum und hat doch auch das Gefühl, in einem Randbezirk zu stehen. Es ist eine Gegend mit hohem Verkehrsaufkommen, eine ehemaliges Gewerbegebiet, in dem heute viele Plattenbauten zu sehen sind. Viele sind vom Theater regelrecht überrascht. Sehr viele haben vor unseren Stücken noch nie einer Aufführung beigewohnt. Andere sind begeistert von den alltäglichen Themen, die wir behandeln, weil sie sie sofort wiedererkennen und unmittelbar darauf reagieren können. Sie haben sehr direkte, unmittelbare Reaktionen und für uns ist ihr Feedback an Ort und Stelle sehr wichtig.“




Weil Partnerschaften mit bestimmten Schulen bestehen und weil es sich um ein Bildungstheater handelt, sind die meisten Zuschauer Kinder. Dennoch möchte das REPLIKA-Theam sein Publikum erweitern, sagt Mihaela Rădescu.



Wir möchten Partnerschaften schlie‎ßen und eine Annäherung an die Verantwortlichen in Kinder- und Altersheimen suchen. Unsere Aufführung »Unser alltäglicher Hunger«, die im vergangenen Jahr ihre Premiere feierte, ist älteren Menschen gewidmet. Wir versuchen, konsequent Aufführungen für die anfälligen Gesellschaftsgruppen zu spielen, und ihnen so Mut einzuflö‎ßen.“




Ebenfalls verletzlichen Personen ist ein Theaterprojekt gewidmet, an dem die Schauspielerin Katia Pascariu selbst beteiligt ist. Es handelt sich um die Theateraufführung Maşkar“, die im Rahmen eines gleichnamigen, grö‎ßeren, Projekts stattfand. Dabei ging es um eine sozio-kulturelle Intervention in Roma- und Nichtromagemeinschaften im südrumänischen Landkreis Teleorman, berichtet Pascariu.



Dieses Projekt hatte auch eine Forschungskomponente, und am Ende ist es uns gelungen, auch eine Aufführung zu erarbeiten, die nach unserer einjährigen Arbeit eigentlich unerwartet kam. In Teleorman finden sich viele der rumänischen Probleme von heute wieder: entvölkerte Städte, die Kluft zwischen Armen und Reichen, Diskriminierung, schulische Segregation usw. Die Region hat aber auch eine eigene Besonderheit aufgrund der Geschichte der dort seit langem lebenden Roma-Gemeinschaften. Sie sind sehr unterschiedlich und in ländlichen Gebieten gut integriert. Wir, das Team, haben festgestellt, dass es sehr schwer ist, aus einer uns fremden Perspektive zu berichten. Und wir sind zum Schluss gekommen, dass die Mehrheit ein gro‎ßes Problem hat, denn das Problem ist bei denen die diskriminieren zu suchen. Wir haben versucht, eine Aufführung auf die Beine zu stellen über Wege zur Beseitigung der Diskriminierung — ausgehend von uns, die selbst diskriminieren und von Haus aus eine herablassende Haltung haben.“




Maşkar” bedeutet in der Sprache der Roma Dazwischen“, eine Anspielung auf die Positionierung des Bildungstheaters REPLIKA: zwischen der pur ästhetischen oder künstlerischen Erfahrung des Theaters und dem Eingriff in die Gemeinschaft.

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