Babyernährung: Stillen oder Milchnahrung aus der Fertigpackung?
Das Stillen war einmal unentbehrlich für das Leben des Neugeborenen. Es ist aber schon längst nicht mehr die einzige Ernährungsmethode für Babys in den ersten Lebensmonaten.
România Internațional, 04.12.2013, 15:30
Jährlich kommen etwa136,7 Millionen Kinder auf die Welt und nur 32,6% dieser werden auschließlich gestillt. In manchen Fällen verhindert der Gesundheitszustand der Mutter, das Baby zu stillen. Es gibt aber einen weiteren Grund dafür: die Vielfalt der Milchnahrung in den Geschäften, die für erschöpfte Mütter eine gute Alternative zu sein scheinen. Über die physischen und psychischen Schwierigkeiten des Stillens haben wir uns mit einer Mutter, die ihren Sohn eineinhalb Jahre lang gestillt hat, unterhalten:
Es tritt eine starke Abhängigkeit zwischen Mutter und Kind ein. Diese verhindert, dass das Kind schneller selbstständig wird. Zudem gab es in unserem Fall ein übermäßiges Stillen und das führte zu Problemen betreffend die Protein-Assimilation und zu Eisenmangel. Ich gaube aber nicht, dass die Einführung der Milchnahrung hilft. Ich würde empfehlen, dass die Diversifizierung der Nahrung im Alter von einem Jahr anfängt. Ich glaube, das einjährige Stillen reicht aus, wenn dass Kind keine Gesundheitsprobleme hat. Auch eine Diversifizierung beginnend mit dem Alter von 4-5 Monaten mit hoher Rücksicht auf Proteine.“
Weil sie die Anämie heilen wollte, hat unsere Gesprächspartnerin versucht, ihr Baby auch mit Baby-Pürees aus Fertigpackung zu ernähren.
Er hat das eine kurze Zeit gegessen, dann wollte er sie nicht mehr essen. Ich weiß nicht, inwieweit ich dieser Nahrung vertrauen soll, obwohl sie anscheinend sicher ist und aus der Ökolandwirtschaft stammt. Wir haben aber natürlich keine Kontrolle darüber, wir können nicht wissen, was Produkte in Fertigpackung beinhalten.“
Die Mutter eines einjährigen Jungens stillt noch ihr Kind, auch wenn man es ihr in der Entbindungsklinik in diesem Sinne nicht nahegelegt hat:
Ich weiß, dass er dort mit Milchnahrung ernährt wurde und das Kind war dann satt und wollte nicht mehr gestillt werden. Zum Glück habe ich von meiner Familie moralische Unterstützung bekommen. Es erscheinen neue Symptome, du bist anderen Schmerzen ausgesetzt. Aber ich blieb fest, auch wenn ich daran dachte, seine Ernährung zu diversifizieren. Das Kind hatte aber einige Gesundheitsprobleme, und das hat mich dazu geführt, ihn weiter zu stillen.“
Die Diversifizierung der Ernährung begann sie, als das Kind sechs Monate alt war, aber nicht mit fertig zubereiteter Nahrung aus dem Geschäft, sondern mit hausgemachter Nahrung.
Es ist viel sicherer. Die in Gläsern verpackte Nahrung stellt eine Alternative dar, wenn wir mit dem Baby länger im Auto reisen. Dann kann ich das, was ich zu Hause gekocht habe, nicht einfach mitnehmen.“
Die Mütter, mit denen wir diskutiert haben, gehören einer Kategorie an, die in Rumänien immer seltener wird: diejenigen die ausschließlich stillen und keine Milchnahrung nutzen. Laut einer Studie von 2011 des Instituts für den Schutz von Mutter und Kind, die in Partnerschaft mit dem Gesundheitsministeriums und der UNICEF durchgeführt wurde, würden in Rumänien nur 12,6% der Mütter ausschließlich stillen. Das ist einer der kleinsten Anteile in Europa. Überraschenderweise ist dieser Anteil auf dem Lande kleiner als in Städten. Voica Popa, Kinderschutz-Spezialistin bei UNICEF-Rumänien, erklärt:
Leider ist auf dem Lande der Informationsgrad vor und nach der Geburt, aber auch in der Entbindugsklinik, sehr niederig. Es gibt viele Frauen, die vor der Geburt gar keinen Arzt besuchen. Empfehlungen betreffend die Betreung des Babys, inklusive Stillen, Tips für Ernährung der Mutter während der Stillzeit, die Beibehaltung des Stillens, all diese Sachen werden vorbereitet, gleich nahdem die Frau erfährt, dass sie schwanger ist.“
Der Verlust der Traditionen bezüglich des Stillens auf dem Lande bleibt jedoch schwer erklärbar, so wie auch der Verzicht auf gesunde Ernährungsgewohnheiten des Kindes. Voica Popa:
Wir sprechen hier nicht nur von Milch oder Ersatzprodukten, sondern auch von anderen Produkten, die auf dem Markt zu finden sind. Diese werden aggressiv vermarktet, um in einem Alter genutzt zu werden, in dem Babys ausschließlich gestillt werden müssten. Ich meine damit Kinder jünger als sechs Monate. Im Alter von sechs Monaten beginnt die Diversifizierung der Ernährung. Unsere Studie zeigt, dass es 7-8 Monate alte Kinder gibt, die schon Pommes essen. In dem Alter müssten sie Früchte essen. Der Apfel, der auf dem Lande jedem zugänglich ist, wurde von der Banane ersetzt. Zudem wird das Gemüse aus dem Glas zuungunsten des frischen Gemüses aus dem Garten bevorzugt. Es ist ein Widerspruch, der auf die fehlende Informierung und Bildung zurückzuführen ist.“
Um die Lage EU-weit zu verbessern, haben die EU-Institutionen vor kurzem eine Richtlinie für die Etikettierung von Babynahrung verabschiedet. Dieselbe Richtlinie regelt auch den Inhalt der Milchnahrung. Die rumänische Europa-Parlamentarierin Daciana Sârbu hat diese Richtlinie, die den Inhalt der Babynahrung auf dem gemeinschaftlichen Markt regelt, unterstützt:
Die Verbraucher werden ganz genau wissen, was diese Schachteln beinhalten und welche die Zutaten sind. Andererseits ändert sich die ganze Werbung für diese Produkte, Ziel der Richtlinie ist es, das Stillen zu fördern. Meiner Meinung nach muss das Publikum die Bedeutung der natürlichen Ernährung wahrnehmen. Ich hätte mir gewünscht, dass das besser erklärt wird, weil wir hier mit der Werbung zu kämpfen haben, mit der wichtigsten Informationsquelle des Bürgers, mit dem Fernsehen. Es ist ein schwerer Kampf und die Menschen, die beschäftigt sind und ein hektisches Leben haben, nehmen ihre Informationen von dort, wo sie sie am leichtesten bekommen.“
Daciana Sârbu ist jedoch optimistisch, dass die Menschen zukünftig besser informiert sein werden. Vor kurzem wurden mehrere Internetseiten gegründet, die als Thema das Stillen haben. Anfang August wurde auch die Kampagne Internationale Woche des Stillens“ organisiert.
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