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Ausbaufähig: Wahlfächer in rumänischen Schulen

Seit einigen Jahren beinhalten die Gymnasialprogramme in Rumänien auch einige Wahlfächer. Durch die Zusammenarbeit zwischen Schulen, Eltern und Schülern kann man diese Fächer bereits ab der 3. Klasse wählen.

Ausbaufähig: Wahlfächer in rumänischen Schulen
Ausbaufähig: Wahlfächer in rumänischen Schulen

, 27.04.2016, 17:45

Seit einigen Jahren beinhalten die Gymnasialprogramme in Rumänien auch einige Wahlfächer. Durch die Zusammenarbeit zwischen Schulen, Eltern und Schülern kann man diese Fächer bereits ab der 3. Klasse wählen. Eines der Wahlfächer für die Drittklässler ist Architektur. Kurz nach dessen Genehmigung hat der Verband De-a arhitectura“ (Architektur — spielend gelernt“) mithilfe des Architektenordens einen Kurs und ein Lehrbuch für die 3. und 4. Klasse ausgearbeitet. Dieses Lehrbuch kann man entweder im Laufe eines Jahres oder zweier Jahren in der 3. und 4. Klasse unterrichten. Die Architektin Miruna Grigorescu — Gründungsmitglied des Verbandes De-a arhitectura“ — über den Kurs, den sie entworfen haben.



Dieser Kurs wurde im Rahmen eines Pilotprojekts in 7 Bukarester Klassen im Schuljahr 2012-2013 vorgestellt. Dann ist der Unterricht dieses Kurses exponentiell gestiegen. Im folgenden Jahr hatten wir 60 Klassen und seitdem wird dieses Wahlfach in über 100 Klassen im ganzen Land unterrichtet. Letztes Jahr haben wir Lehrbücher nach 37 Ortschaften versandt.“




Die Kinder, die diesen Kurs besuchen, erfreuen sich auch der Anwesenheit eines freiwilligen Architekten in der Klasse, der die Lehrerin beim Unterricht begleitet. De-a arhitectura“ ist ein Kurs, der Theorie mit Praxis verbindet. Der Fokus wird auf die Entdeckung der Stadt gelegt, in der die Kinder leben, und zwar geht es um eine Erkundung zu Fu‎ß. Miruna Grigorescu:



Im Alter von neun, zehn oder elf Jahren ist es wesentlich für unsere Kinder, mir der Stadt zu experimentieren. Man muss sie leiten und fördern, damit sie diese auf verschiedene Weisen verstehen. Zurück in der Klasse werten sie gemeinsam mit dem Architekten das aus, was sie erfahren haben, und dann bauen sie von Hand verschiedene Miniaturmodelle und sogar Miniaturstädte, zu denen die ganze Klasse beiträgt. Die Kinder lernen somit, auf einen gewissen Ma‎ßstab herunter zu gehen, und verstehen was eine Plandarstellung, eine Fassade oder Ergonomie ist. Ab jetzt studieren sie Materialien und Texturen sowie den geografischen und klimatischen oder sogar historischen Kontext der Gebäude. Dann erfahren sie über die Stadt, wie diese als ein Mechanismus oder Organismus funktioniert. Sie lernen über das urbane Regelwerk und dessen Bedeutung.“




Da die bereits unterrichteten Wahlfächer sehr beliebt sind, besprechen die Bildungsbehörden gemeinsam mit der Zivilgesellschaft die Möglichkeit der Einführung weiterer Fächer. Eines davon ist Rechtserziehung. Richter Cristi Danileţ, Mitglied des Obersten Rates der Richter und Staatsanwälte, beteiligte sich an diesen Gesprächen. Er hat sogar ein Lehrbuch für Gymnasiasten erarbeitet, das verwendet werden kann, wenn Rechtserziehung in den Lehrplan aufgenommen wird. Was glaubt Richter Danileţ, dass dieses neue Lehrfach beinhalten müsste?



Wir überwinden die Theorieebene und sagen den Kindern konkret, was sie tun dürfen und was sie nicht dürfen, um die Gesetze des Staates, von der Verfassung bis zum Strafgesetz, nicht zu brechen. Sie erfahren, welche Verpflichtungen und auch welche Rechte sie haben, wenn sie auf der Stra‎ße zur Schule gehen oder in der Familie sind. Au‎ßerdem lernen sie über ihre Rechte und Verpflichtungen, wenn sie mit einer öffentlichen Anstalt in Kontakt treten. In den letzten Jahren ist die Zahl der Kinder gestiegen, die Rechtswidrigkeiten begangen haben. Es gibt immer mehr Kinder als Delinquenten, immer mehr Opfer-Kinder und immer mehr Kinder, die von ihren Eltern missbraucht werden. Wenn die Gesellschaft nichts unternimmt, um Rechtsverletzungen vorzubeugen, könnte es sein, dass diese Kinder in zehn Jahren, wann sie erwachsen sind, zu Gesetzesbrechern werden.“




Das Lehrbuch für Rechtserziehung beinhaltet bereits Kapitel, die die Kinder mit den geltenden Gesetzen vertraut machen. Cristi Danileţ:



Es enthält 15 Lektionen für Rechtserziehung, wodurch den Kindern in einer verständlichen Sprache mit vielen Beispielen die richtige Verhaltensweise in der Gesellschaft beigebracht wird, beginnend mit ihren Rechten bis zur Ausstellung oder Erneuerung des Personalausweises. Aus dem Buch lernen die Kinder, was mit ihnen passiert, wenn ihre Eltern im Ausland leben und arbeiten oder wenn sie geschieden sind, und wie sie sich im Falle häuslicher Gewalt schützen können und was eine Kinderentführung darstellt. Au‎ßerdem erfahren sie, welche Genussmittel Minderjährigen verboten sind. Ich spreche über Alkohol, Tabak und Drogen und wie sie sich schützen können, wenn sie ein Produkt mit überzogenen Verfalldatum oder ein Elektrogerät kaufen, das nicht richtig funktioniert. Weitere Kapitel beziehen sich auf Verkehrsregeln, was passiert, wenn ein Kind ohne Fahrkarte in öffentlichen Verkehrsmitteln erwischt wird, wann ein Kind ein Bankkonto eröffnen kann, ab welchem Alter es einen Dienstleistungs- oder sogar einen Arbeitsvertrag schlie‎ßen kann.“




All diese praktischen Aspekte werden von den Schülern sehr geschätzt, wie wir von Horia Oniţă, dem Vorsitzenden des Nationalen Schülerrates, erfahren:



Wir haben diese Initiative von Anfang an unterstützt, ausgehend von unserem Gedanken, dass die Schule den Schüler erziehen müsste, um ein guter Bürger zu sein, um sich in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Leider tut die Schule zurzeit weder das eine noch das andere. Die Schule bietet eine Menge theoretischer Kenntnisse, die für den Schüler uninteressant sind. Dieser lernt nicht, wie er lernen soll, wie er sich selbst vorbereiten kann. Diese Wahlfächer bringen Mehrwert in das System und viele finden eine breite Anwendung. Ich spreche über Rechtserziehung und über finanzielle Kenntnisse. Wir haben vor einigen Monaten sogar eine Umfrage unter 7000 Schülern durchgeführt. Diese sagten, sie waren enttäuscht, dass sie 12 Klassen abschlie‎ßen, viele Informationen sammeln, dass man ihnen aver nicht beigebracht hat, was ein Arbeitsvertrag ist, welchen Unterschied es zwischen einem Gesetz und einem Regierungsbeschluss gibt, welche Aufgaben das Parlament hat. Egal wo sie später mal arbeiten, werden sie mit diesen Sachen zu tun haben: Was ist die Mehrwertsteuer, was ist eine Steuer usw. Es sind Sachen, über die man im rumänischen Bildungswesen nicht spricht.“




Auch die bereits genehmigten Wahlfächer können nicht so gewählt“ und unterrichtet werden, wie sich die Schüler das wünschen würden. Horia Oniţă:



Leider wählen nicht sehr viele Schulen diese Fächer so aus, wie sie es tun müssten — durch eine einfache Mehrheitsentscheidung. Schüler und Eltern wählen aus den Wahlfächern aus, die die Schule vorschlägt. Leider beinhaltet dieses Angebot oft nicht Fächer wie Rechtserziehung, Architektur oder andere, denn die Schule schlägt nur klassische Fächer als Wahlfächer vor, damit das Arbeitspensum der Lehrkräfte aufgestockt wird.“




Neulich hat der Bildungsminister den Rahmenplan für das Gymnasium zur öffentlichen Debatte gestellt. In diesem Rahmenplan finden sich mehr Wahlfächer als bisher wieder.

(foto: Anqa / pixabay.com)
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