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Arbeitsmarktintegration: Inaktive Jugendliche oft vernachlässigt

Im März haben in Bukarest mehrere Veranstaltungen zur Situation der Jugendlichen aus der sogenannten NEET-Kategorie stattgefunden.

Arbeitsmarktintegration: Inaktive Jugendliche oft vernachlässigt
Arbeitsmarktintegration: Inaktive Jugendliche oft vernachlässigt

, 05.04.2017, 17:30

NEET ist ein Akronym des englischsprachigen Begriffs Not in Education, Employment or Training“ — nicht in Ausbildung, Arbeit oder Schulung — und bezeichnet die Gruppe Jugendlicher und junger Erwachsener, die keine Schule besuchen, keiner Arbeit nachgehen und sich nicht in beruflicher Ausbildung befinden und dies auch nicht unmittelbar anstreben. Bei den unterschiedlichen Konferenzen ging es um mögliche Lösungen für die Integration der genannten Gruppe, die bereits einen besorgniserregenden Anteil an der Gesamtbevölkerung hat.



In der EU ist der Anteil der NEET-Jugendlichen rückläufig, im Schnitt beträgt er 12%. Laut Statistiken aus dem Jahr 2011 beläuft er sich in Rumänien hingegen auf 18%. Das wären insgesamt zwischen 400 und 500 Tausend Jugendliche, wobei viele von ihnen nicht identifiziert werden können, da sie von keiner Behörde erfasst sind.



Vor diesem Hintergrund veranstaltete der Think-Tank Social DOers eine Konferenz mit nationaler Beteiligung bei der die Plattform der Europäischen Koalition für die Rechte der NEET-Jugendlichen“ lanciert wurde. Die Initiative wird durch das Programm Erasmus+ finanziert, zum ersten Mal gab es im Januar eine Präsentation dazu in Brüssel. Ausgangspunkt sei die Tatsache, dass das Problem der angesprochenen Jugendlichen nicht nur Rumänien betreffe, sondern auch andere Staaten in Europa, sagt Veronica Ştefan, die Vorsitzende von Social DOers:



Durch dieses Pilotprojekt wollten wir die spezifischen Situationen in sechs Staaten untersuchen. Rumänien war einer davon, aber wir haben unseren Blick auch auf Gro‎ßbritannien oder Österreich gerichtet, Länder, in denen diese Kategorie von Jugendlichen einen sehr niedrigen Anteil hat. Ferner wurden Portugal, Italien oder Belgien analysiert. Und wir sind zum Schluss gekommen, dass es gemeinsamer Anstrengungen bedarf. Einerseits brauchten wir eine Plattform, auf der die auf dem Gebiet spezialisierten NGOs mit anderen Partnern zusammengebracht werden: den Sozialpartnern, Gewerkschaften und Arbeitgeberverbänden, dazu die Politiker, die Entscheidungsträger sind. Also richtet sich die Plattform an drei Kategorien: die NGOs, die Organisationen der Arbeitnehmer und Arbeitgeber und die Europaabgeordneten, denn sie stellen die direkte Verbindung zwischen den europäischen Beschlüssen und den Bürgern in den Staaten dar.“




Victor Negrescu von der Fraktion der Sozialdemokraten ist als Europaabgeordneter laut eigenen Angaben mit den Problemen der Jugendlichen befasst, vor allem seien die Jugendlichen aus der NEET-Gruppe ein Anliegen für ihn. Auf EU-Ebene gebe es bereits mehrere Programme zur Unterstützung der Jugendlichen, sagt Negrescu. Allerdings:



Man muss sagen, dass viele dieser Programme das Problem der Jugendlichen global sehen, mit einem allgemeinen Ansatz, dabei gibt es nicht genügend ma‎ßgeschneiderte Lösungen, die auf die NEET-Jugendlichen gezielt hinwirken. Vor allem sollten wir uns vergewissern, dass diese jungen Menschen, die eine recht zahlreiche Kategorie ausmachen — 21 Millionen europaweit –, dass sie die Vorteile der europäischen Programme auch zu spüren bekommen. Bei den Debatten in Bukarest habe ich für bedürfnisorientierte Programme plädiert und dafür, dass wir den Bedarf auf lokaler Ebene identifizieren, was bislang nicht zufriedenstellend erreicht wurde.“




Eine halbe Million inaktiver junger Menschen — die Statistik mag vielleicht nicht so schlimm klingen. In Wirklichkeit aber ist die Situation schwerwiegender, als man denkt. Denn die früheren Jugendlichen bleiben auch im fortschreitenden Alter inaktiv und die Kategorie wächst über die Jahre. Die Inaktiven unter 25 Jahren stellen also 18% der Bevölkerung dar, ihr Anteil steigt aber in der Kategorie unter 30 bis auf 25% und pendelt sich bei etwas über 20% in der Kategorie unter 35 ein. Damit entsteht eine Generation von inaktiven Jugendlichen, die nichts produzieren. Das sei ein Problem, denn dadurch entstünden Kosten für die Wirtschaft, folgert Veronica Ştefan:



Eine europäische Agentur hat errechnet, dass Rumänien 2011 1,54% des Bruttoinlandsproduktes ausgab, oder, genauer gesagt, dass es neben den geplanten Ausgaben diesen Verlust gab. In absoluter Höhe waren es etwa zwei Milliarden Euro. Was bedeutete dieser Verlust? Das bedeutete, dass etwa eine halbe Million Jugendlicher aus der Kategorie eine Mindestsumme als Sozialhilfe bezogen bzw. dass sie keine Eigenbeiträge leisteten. Mit anderen Worten: Die Unter-25-Jährigen sind jedes Jahr für einen wirtschaftlichen Verlust von circa zwei Milliarden Euro verantwortlich.“




Das trübe Bild wird ferner durch das Phänomen der alternden Bevölkerung in Rumänien und Europa ergänzt. Die Nachfrage nach Erwerbstätigen steigt also immer mehr, deshalb müsse man sich bewusst werden, dass schnell Lösungen her müssen. Und das habe man sich mit der Plattform der Europäischen Koalition für die Rechte der NEET-Jugendlichen“ vorgenommen, sagt Veronica Ştefan:



Mit diesem Dialog zwischen allen Interessensvertretern wollen wir zum einen erreichen, dass die NGOs, die den leichtesten Zugang zu den Jugendlichen und die freundlichsten Dienstleistungen bieten, als Vermittler zwischen den Behörden und der Zielgruppe fungieren. Für die Jugendlichen selbst ist klar, dass, sobald sie sich in dieser Situation wiederfinden, sie sich nicht mehr so leicht befreien können und sich das vielleicht auch nicht mehr so sehr wünschen. Zum anderen wollen wir mit den Behörden zusammenarbeiten, damit sie eine flexiblere Politik schaffen. Bislang waren vor allem die europäischen Fördergelder im Mittelpunkt, da gibt es einzelne Projekte und nicht unbedingt Programme. Die beginnen im ersten Jahr und enden mit dem dritten Jahr und am Ende hat man bereits vergessen, was mit diesen Jugendlichen geschehen ist. Es wäre wichtig, laufend Programme zu haben, mit einem viel freundlicheren Ansatz, der an die Bedürfnisse der Jugendlichen angepasst ist.“




Eine klare Schlussfolgerung verweist also auf die notwendige Identifizierung der inaktiven Jugendlichen, die keiner Form von schulischer oder beruflicher Ausbildung nachgehen. Erst danach sollten ihre Situation überwacht und ma‎ßgeschneiderte Lösungen vorgeschlagen werden. Gleichzeitig müssen nationale Programme entworfen werden, begleitet von öffentlichen Politiken.

(foto: Anqa / pixabay.com)
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