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„80east“ – das Mini-Museum der Lebensbedingungen in den 1980er Jahren

Ein rumänischer Verein will zur politischen Bildung der Jugendlichen beitragen und gleichzeitig gegen Apathie und Nostalgie nach dem Kommunismus agieren. Zu diesem Zweck wurde ein Ausstellungsraum wie eine rumänische Wohnung in den 1980ern eingerichtet.

„80east“ – das Mini-Museum der Lebensbedingungen in den 1980er Jahren
„80east“ – das Mini-Museum der Lebensbedingungen in den 1980er Jahren

, 06.03.2019, 17:30

Im Dezember dieses Jahres verzeichnen wir 30 Jahre seit der antikommunistischen Revolution von 1989 in Rumänien — eine Zeit der Erinnerung, Andacht und Gedenken und vielleicht auch der Nostalgie. In der Auffassung des Vereins Funky Citizens“ ist dieses Jahr auch eine gute Gelegenheit, die bürgerliche Apathie zu bekämpfen. Ausgehend von dem Grundsatz, dass Schüler vielfältige Erfahrungen machen müssen, damit der Bildungsprozess, insbesondere in Bezug auf die politische Bildung, ein gründlicher wird, startete der Verein Funky Citizens“ ein Projekt mit dem Titel 80east“. Dabei sollen die Lebensbedingungen der Menschen in den 1980er Jahren anschaulich wiederhergestellt werden. Vereinsmitglieder rüsteten eine Wohnung mit allem aus, was die Menschen damals zu Hause hatten: von Möbeln über Haushaltsgeräte bis hin zu Dekorationsartikeln.



Die jungen Besucher dieser Wohnung können die Kluft zwischen den vielen Dingen, die den Menschen damals fehlten, und den Rechten, die sie heute genie‎ßen, wahrnehmen. In diesem bürgerlichen Schulungslabor wird den Gymnasiumschülern die Funktionsweise des derzeitigen demokratischen Systems erklärt, um ihnen zu helfen, sich ihrer Rechte und Pflichten bewusst zu werden und zu lernen, wie sie am Entscheidungsprozess teilnehmen können. Die Anfang des Jahres eingeweihte Wohnung aus den 1980ern wurde als Minimuseum des täglichen Lebens der Menschen während der letzten Jahren des Kommunismus in Rumänien und als bürgerliches Bildungslabor konzipiert, wie Cosmin Pojoran vom Funky-Citizens-Verein sagt:



In dieser Wohnung machen Kinder eine interaktive pädagogische Erfahrung. Wir beginnen mit Geschichten aus dem täglichen Leben der Menschen. Sie haben vielleicht zu Hause von Ceauşescu oder Gheorghiu-Dej gehört, wissen aber nichts über die persönlichen Geschichten der Menschen. Das ist, was wir tatsächlich in den Vordergrund stellen möchten: Welche Entscheidungen auf hoher Ebene getroffen wurden und wie sie das Leben der einfachen Menschen beeinflussten. Zuerst haben wir ein bisschen mit der Idee eines Museums gespielt, deshalb hat die Wohnung eine nostalgische Atmosphäre, und es wäre leicht, in einen Kult der Vergangenheit zu versinken, aber dies ist nur die erste Schicht. Kinder, die zu uns kommen, gehen aufs Gymnasium, sind also um die 18 Jahre alt und fühlen nichts von der Nostalgie derer, die diese Zeit erlebt haben. Au‎ßerdem haben wir uns zum Ziel gesetzt, eine Brücke zwischen den Generationen zu schaffen, zwischen diesen Kindern und ihren Eltern und Gro‎ßeltern. Wir möchten, dass sie nach ihrem Besuch hier nach Hause gehen und mit ihren Verwandten über den Kommunismus sprechen.“




Interaktivität ist die wichtigste Unterrichtsmethode in der 80east“-Wohnung, wie Anabella Costache vom Funky-Citizens-Verein sagte:



Durch Spiel und andere persönliche Erfahrungen, kombiniert mit historischen und theoretischen Informationen, können die Schüler mit dieser Umgebung interagieren und ihre eigenen Schlussfolgerungen ziehen, was in der Schule, in der politischen Bildung oder im Geschichtsunterricht nicht wirklich der Fall ist. Tatsächlich ist das Projekt von der folgenden Feststellung ausgegangen: dass das, was in der Schule unterrichtet wird, zu wenig ist, um die Schüler nachvollziehen zu lassen, was damals geschah, um ihnen zu ermöglichen die vielen Ungerechtigkeiten wahrzunehmen, die damals herrschten, damit die Heranwachsenden wissen, wie sie reagieren sollen, wenn sie Anzeichen sehen, dass ein ähnliches System wieder an die Macht kommt.“




Nach einem Spaziergang durch die Wohnung und dem Eintauchen in die Welt voller Engpässe der 1980er Jahre werden die jungen Besucher aufgefordert, bestimmte Aufgaben zu erfüllen, die ihnen helfen, Vergangenheit und Gegenwart besser zu unterscheiden. Das erläutert Andrei Bulearcă vom Funky-Citizens-Verein, der zur Aufstellung dieser Aufgaben beigetragen hat:



Diese Aufgaben sollen ihnen ein wenig auf die Nerven gehen und sie frustriert machen. Zum Beispiel bestand die Küchenaufgabe darin, Lebensmittel zu finden, die während des Kommunismus schwer zu bekommen waren und in der Küche nirgends zu finden sind. Offensichtlich werden sie diese Nahrungsmittel nie finden und am Ende werden wir darüber sprechen, wie frustriert sie sich darüber gefühlt haben, sie nicht zu finden. Dies wird ein Vorwand sein, über Engpässe und über das, was den Leuten damals fehlte, über einige ihrer Rechte, die damals verletzt wurden, jedoch heute in einer Demokratie gewahrt werden, zu sprechen. Somit möchte man den Unterschied zu den Entbehrungen während der kommunistischen Jahre betonen. Dadurch heben wir die Bedeutung der Demokratie hervor und betonen, warum es wichtig ist, dass junge Menschen sich am politischen Leben beteiligen.“




Der Verein versucht daher, die eher unzureichenden Informationen über den Kommunismus, die den Schülern in der Schule zur Verfügung gestellt werden, zu ergänzen. Zum Beispiel wurde bislang nur ein Wahlkurs zur Geschichte des Kommunismus in die Lehrpläne des Gymnasiums aufgenommen und den Schülern der 11. und 12. Klasse angeboten. Einige der Schüler, die an dem 80east-Projekt teilgenommen haben, hatten jedoch bereits Hintergrundinformationen von ihren Familien. Anabella Costache:



Wir waren angenehm überrascht, festzustellen, dass viele Leute über den Tag des 17. Dezember 1989 [Tag des Ausbruchs der antikommunistischen Revolution im westrumänischen Temeswar — Anm. d. Red.] sprachen. Diesen Tag heben wir auf besondere Weise hervor, indem wir eine von Radio Freies Europa an diesem Tag ausgestrahlte Sendung spielen. Die Aufnahme, die wir spielen, sollte dazu dienen, einen verschlüsselten Brief an einen Freund in der Bundesrepublik Deutschland zu schreiben, in dem sie Informationen über das Geschehen in Rumänien verlangen, da Ceauşescu eines im öffentlichen Fernsehen sagte und man von Radio Freies Europa etwas völlig anderes erfuhr. Der Brief musste verschlüsselt sein, da Briefe früher von der Securitate (der ehemaligen politischen Polizei) geöffnet wurden und das Briefgeheimnis somit verletzt wurde.“




Zweifellos besteht Bedarf an Aufklärung und Information über den Kommunismus. Ein Beweis dafür sind ältere Meinungsumfragen, da dieses Thema in letzter Zeit nicht erforscht wurde. Im Jahr 2010 gaben 44% der Rumänen an, dass der Kommunismus eine gute, aber nicht richtig umgesetzte Idee“ gewesen sei. In jüngerer Zeit, im Jahr 2016, antworteten mehr als die Hälfte der Befragten (52%), die bei einer soziologischen Umfrage gebeten wurden, die Leistung der kommunistischen Partei im Vergleich zu den gegenwärtigen Parteien zu bewerten, dass die Kommunisten besser“ regiert hätten, während nur 18% von ihnen schlechter“ antworteten. Über 40% der jungen Befragten glaubten, dass die Kommunistische Partei Rumäniens besser gewesen sei als die derzeitigen Parteien.



Andrei Bulearcă, 21, Student an der Fakultät für Politikwissenschaften, hat eine Erklärung für die Meinungen der Generation, der er angehört:



Junge Menschen haben diese Zeiten einfach nicht erlebt, au‎ßerdem haben wir kein Museum der Zeitgeschichte und nur eine Handvoll Kurse zur Geschichte des Kommunismus im Gymnasiums-Unterricht. Sie verfügen nicht über ausreichende Informationsquellen über den Kommunismus. Sie sind jedoch der Meinung, dass es damals besser war, weil sie, meiner Meinung nach, tatsächlich mangelndes Vertrauen in die gegenwärtigen oder jüngsten Regierungen Rumäniens zeigen.“




Die Menschen können ihre Enttäuschung über die Funktionsweise des derzeitigen Systems und der derzeitigen Institutionen nur dann überwinden, wenn sich der gegenwärtige Stand der Dinge ändert. Dies kann nur durch Wissen und Beteiligung der Bürger erreicht werden und dafür macht sich der Verein Funky Citizens“ stark.

foto: Camera Deputaţilor (Silviu Vexler)

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