Worschtkoschtprob – Kulinarisches made in Banat
Worschtkoschtprob 2015: 30 hausgemachte und 35 industrielle Würste wurden dieses Jahr in Temeswar von einer sechsköpfigen Jury bewertet. Im Vergleich zu den letzten Jahren sind es Rekordzahlen.
Ana-Maria Cononovici, 12.02.2015, 17:30
Die Banater Zeitung hat auch im Januar 2015 ihre traditionelle Wurstverkostung veranstaltet. Der Ort des Geschehens war diesmal das Adam-Müller-Guttenbrunn-Haus in Temeswar. Über 60 Wurstsorten traten im Wettbewerb gegeneinander an. Industrielle sowie hausgemachte Würste made in Banat“ wurden von einer Jury benotet und am Ende der zweistündigen Veranstaltung wurde die Beste Banater Wurst“ ermittelt. Siegfried Thiel, Redakteur bei der Allgemeinen Deutschen Zeitung in Temeswar, spricht über die Tradition dieses Festivals, das die 24. Auflage erreicht hat:
Die »Worschtkoschtprob« wurde zur Zeit des Sozialismus, in den 1970er Jahren, von der Redaktion der Banater Zeitung gestartet. Damals war es eine interne Veranstaltung. In der Zeitung wurden die Leser aufgefordert, ihre hausgemachten Würste einzureichen. Die Redaktion bewertete sie, und schließlich wählte man die beste Wurst des Jahres aus. Die Veranstaltung wurde in den 1980er Jahren eingestellt, weil sie als etwas subversiv galt. Den damaligen Behörden war es nicht ganz geheuer, dass die Mitglieder einer Volksminderheit in einer Redaktion zusammenkamen und feierten. Und man muss auch die damalige wirtschaftliche Situation bedenken: Das Fest der Banater Zeitung war eine Wurstverkostung, die Redakteure und die Leser kamen mit ihren eigenen hausgemachten Würsten, mit Wein und Tzuika (Pflaumenschnaps), aber in den Lebensmittelgeschäften gab es so gut wie nichts zu kaufen. Es war ein Affront gegenüber der damaligen wirtschaftlichen Lage. Nach der Wende, im Jahr 1994, hat die Banater Zeitung die Idee wiederaufgenommen und daraus eine öffentliche Veranstaltung gemacht. Bis 2012 fand die Wurstverkostung stets in Temeswar, im Adam-Müller-Guttenbrunn-Haus statt. Die Redaktion hat beschlossen, die »Worschtkoschtprob« zu ihren Lesern zu bringen und daraus ein regionales Fest gemacht. In Großsanktnikolaus/Sânnicolau Mare, Lugoj/Lugosch sowie in der Arader Kleinsstadt Sanktanna/Sântana wurde die »Worschtkoschtprob« in den letzten Jahren veranstaltet. Nach einer dreijährigen Pause, sind wir jetzt wieder in Temeswar. Unsere Worschtkoschtprob ist sehr beliebt — wenn die Redaktion im Dezember nichts darüber schreibt, rufen uns die Leute an, um sich darüber zu erkundigen.“
Es steckt eine Heidenarbeit hinter der Vorbereitung der nur zweistündigen Wurstverkostung der Banater Zeitung. Einen Tag vor der Worschtkoschtprob“ gehen die Redakteure auf den Markt und kaufen sämtliche Industriewürste ein, die sie auftreiben können. Dabei ist Vielfalt besonders wichtig: Es wird geschaut, gefühlt und gekostet. Jeder der vier Redakteure, die am Vortag der Veranstaltung zu Einkäufern delegiert werden, mag seine Wurst anders. Manche essen gerne stark gewürzt und besonders scharf. Andere mögen es eher mild. Die verschiedenen Geschmäcker helfen, eine differenzierte Auswahl zu treffen. Am Ende haben sie fast 40 Wurstsorten, hergestellt in den verschiedensten Ecken des Banats. Die Stars der Worschtkoschtprob 2015 waren die geräucherten und die pikanten Würste aus Schweinefleisch, Schweine- und Rindfleisch-Mischung und aus Hammelfleisch. Die Jury hat beschlossen, dass die beste hausgemachte Wurst in der Ortschaft Knees/Satchinez aus einer Mischung von Schweine- und Kalbfleisch hergestellt wird. Sigfried Thiel:
Dieses Jahr hatten wir 30 hausgemachte und 35 industrielle Würste zu bewerten. Bei den Wurstspezialitäten aus dem Handel machen wir eine Evaluierung und vergeben Diplome. Die größten Überraschungen findet man nicht bei den industriellen Würsten sondern bei den hausgemachten. Schon Tage zuvor kamen private Hersteller, um ein Paar ihrer Würste für den Wettbewerb einzuschreiben. Für sie ist der Preis eine besondere Ehre. Darum haben manche Stammteilnehmer in den letzten Jahren lange Fahrten auf sich genommen, um an der »Worschtkoschtprob« teilzunehmen. Die hausgemachten Würste werden von den Jurymitgliedern probiert und benotet, die Punkte werden dann zusammengerechnet. Man weiß bis zur letzten Sekunde nicht, wer gewinnen wird. Der Gewinner war dieses Jahr Timotei Ţintoi aus Knees/Satchinez; den zweiten Platz belegte Mircea Pascu aus Temeswar, und dritter wurde Eduard Kling, der aus der Ortschaft Cenari, Kreis Timiş, stammt. Eduard Kling lebt seit 25 Jahren in Deutschland, und nachdem er über unsere »Worschtkoschtprob« gelesen hatte, wollte er unbedingt mitmachen.“
Der Gewinner der Auflage 2015, Timotei Ţintoi, stammt aus einer Metzgerfamilie ab und hat die letzten drei Jahre hintereinander die Worschtkoschtprob“ gewonnen. Der 53-jährige pensionierte Metzger verwendete traditionelle Wurstrezepte, die er von seinem Vater und Großvater geerbt hatte. Platz 1 ging dieses Jahr an seine Banater Wurst aus reinem Schweinefleisch; mit einer anderen Wurstspezialität aus Schweine- und Kalbfleisch belegte er einen dritten Platz. Damit steht für Timotei Ţintoi fest, dass er der beste Wursthersteller des Banats ist. Die Siegerwurst widmete er seinem Großvater. Das Erfolgsrezept von Timotei Ţintoi lautet: Das Schwein soll man auf dem Bauernhof züchten, das Fleisch soll ganz frisch und der Mensch recht hungrig sein.“
Abgesehen von der Verkostung leckerer Würste ist die Worschtkoschtprob“ auch eine willkommene Gelegenheit, mit den Lesern der Banater Zeitung zusammenzukommen. Siegfried Thiel:
Auch am Anfang, vor der Wende, war das Beisammensein die wichtigste Idee unseres Treffens. Jede Zeitung feiert einmal im Jahr ein Treffen mit ihren Lesern, Freunden, Sponsoren und Geschäftspartnern. Der Gründungstag der Banater Zeitung ist der 10. November, aber am 10. November gibt es noch keine Würste. Deshalb verlegten wir unsere Feier auf den letzten Donnerstag im Januar. So bringen wir zwei schöne Sachen zusammen: den Geburtstag unserer Zeitung und die Aufbewahrung der lokalen schwäbischen Traditionen. Viele Banater haben seit vielen Jahren keine hausgemachte Wurst mehr hergestellt, aber jetzt machen sie doch ein paar Würste, um an dieser Veranstaltung teilzunehmen, um dabei zu sein. Auf diese Weise spricht man mehr über die Banater Zeitung und wir tun auch etwas, um die schwäbischen Traditionen am Leben zu erhalten. Für die Banater Schwaben waren das Züchten und Schlachten eines Schweines sowie die Herstellung von Würsten und anderen Schweinefleischspezialitäten immer sehr wichtig. Je größer das Schwein, desto reicher der Bauer — so war es immer bei uns, und so ist es auch heute.“