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Social Distancing einmal anders: die Anti-Coronavirus-Schuhe

Ein Schuster aus Klausenburg entwarf ein Schuhmodell, das sich bestens für soziale Distanzierung eignet. Zunächst aus Spaß, aber dann wurde er mit Bestellungen aus der ganzen Welt überrollt.

Social Distancing einmal anders: die Anti-Coronavirus-Schuhe
Social Distancing einmal anders: die Anti-Coronavirus-Schuhe

, 23.07.2020, 17:30

Die Entwicklungen der letzten Monate, ausgelöst durch die Coronavirus-Krise, drängten uns dazu, neue Lösungen für unser Leben zu suchen. Die auferlegte Isolierung brachte die Menschen dazu, nahezu ihr ganzes Leben in den Online-Bereich zu verlegen. Allerdings gibt es unter uns auch erfindungsreiche Leute. Darunter auch einen begabten Schumacher in Cluj (dt. Klausenburg). Er entwarf ein Schuhmodell, das bestens an die gegenwärtigen Gegebenheiten angepasst ist. Der kreative Schuster hei‎ßt Grigore Lup. Er erzählte für unseren Sender die Geschichte der Schuhe, die eine räumliche Trennung gewährleisten.



Ich kam auf den Gedanken, Schuhe für die räumliche Trennung zu entwerfen, gleich nachdem ich die Pressemittelung, in der der Notstand ausgerufen wurde, hörte. In meiner Werkstatt arbeiten etwa 10 Mitarbeiter. Sie hatten aber nichts mehr zu tun, weil es plötzlich keine Bestellungen mehr gab. Die Werkstatt blieb einfach leer. Ich sah mich gezwungen, Kurzarbeit einzuführen. Doch ich kam gelegentlich in die Werkstatt. Und wie ich so alleine in der Werkstatt sa‎ß, erinnerte ich mich daran, dass wir vor einiger Zeit Lederschuhe für eine Theateraufführung entworfen hatten. Sie waren etwas länger als üblich. Und ich hatte im Fernseher gehört, die räumliche Trennung sei schwer einzuhalten, obwohl es äu‎ßerst wichtig war, sich sozial zu distanzieren. Deshalb überlegte ich, drei Paar Schuhe herzustellen, die die Beachtung der räumlichen Trennung bewirken würden. Ich wollte sie auf meiner Facebook-Seite posten, blo‎ß als Spa‎ß. Ich stellte die Schuhe her und fotografierte sie. Ich postete sie auf Facebook mit der Bezeichnung »Schuhe für räumliche Trennung«.“




Wir baten Grigore Lup, uns mehr über die Herstellung der genannten Schuhe zu erzählen:



Die Schuhe für soziale Distanzierung sind nicht einfach herzustellen, sie bedürfen nämlich eines speziellen Schnittmusters. Der Schnittmuster muss von der Hand genäht, danach geklebt werden. Dann folgt die Maschinennaht, es werden die Facetten hergestellt, danach muss eine Form geschaffen werden. Die Randform ist ebenfalls meine Erfindung — grundsätzlich müssen zwei Formen zu einer einzigen zusammengetragen werden. Man muss daran schleifen, die Form verlängern. Um ein Beispiel anzuführen: Der berühmte Basketballspieler Ghiţă Mureşan, der aus Klausenburg stammt und 2,31 m hoch ist — er war nämlich der höchstgewachsene NBA-Spieler, den es jemals gab –, hat die Schuhgrö‎ße 53. Die von mir entworfenen Schuhe entsprechen der Grö‎ße 75 — nur so, zum Überlegen. Die Schuhe sind also sehr gro‎ß. Und alles wird von der Hand hergestellt. Und darüber hinaus müssen wir sehr leichte Stoffe einsetzen, damit die Schuhe auch tatsächlich getragen werden können.“




Grigore Lup ist 55 Jahre alt, er stellt Schuhe seit 39 Jahren her, also seitdem er 16 Jahre alt war. Er stammt aus einer Familie mit acht Kindern. Mit 16 beschloss er, einen Beruf zu erlernen. Die Schule konnte er leider nicht mehr fortsetzen, weil die Familie ein weiteres Einkommen zum Auskommen brauchte. Er erlernte in nur drei Monaten — und nicht in sechs, wie üblich — den Schusterberuf. Und gleich danach stellte er sein erstes Paar Schuhe her. Seit damals lehnte er niemals eine Bestellung ab. Grigore Lup erzählte uns, wie lange an einem Paar Schuhe für soziale Distanzierung gearbeitet wird:



Ein Schuh wird in zwei Tagen hergestellt. Nachdem alle manuellen Abläufe fertig sind, muss der Schuh trocknen. Denn es werden verschiedene Klebstoffe und Lösungen eingesetzt. Jetzt, da die Leute wieder arbeiten, könnte ich mehr Paar Schuhe herstellen, falls der Wunsch besteht. Ich habe ganz viele Ideen.“




Grigore Lup ist stolz darauf, berühmte Volkssänger mit von ihm entworfenen Schuhen beliefert zu haben. Im Laufe der Zeit nahm er Bestellungen von Volksmusikgruppen und Tanzensembles entgegen. Auch Ausländer nehmen seine Dienste in Anspruch. Sie bestellen volkstümliche Schuhe und kommen nach Klausenburg, um rumänische Volkstänze kennenzulernen und zu deren Ausführung zu versuchen. Allerdings waren es die Schuhe für soziale Distanzierung, die ihm weltweite Berühmtheit einbrachten, sobald sie auf Facebook gepostet wurden.



Ich habe es so weit gebracht, wie ich es mir niemals vorstellen konnte. Und das mit meinen Schuhen! Ich will Ihnen eine kurze Geschichte erzählen: Mein Opa zog vor einhundert Jahren, zusammen mit mehreren Bauern aus Siebenbürgen, nach Amerika aus. Er verdiente dort Geld, dann kam er zurück und kaufte Grundstücke in unserer Gemeinde. Und schau an, die Geschichte meiner Schuhe erreichte ihrerseits die USA. Denn die »New York Times« berichtete nämlich darüber. Mit Hilfe einiger Werbeagenturen, die meine Werkstatt weltweit bekannt machten, werde ich aus Kanada, Australien und Amerika angerufen. Ich bekomme Anrufe aus Russland, Deutschland und Italien. Meine Geschichte wurde in der Zeitschrift »El Mundo« in Spanien veröffentlicht. Auch »The Telegraph« berichtete über mein kleines Geschäft. Und neuerdings suchte mich die grö‎ßte Werbeagentur in Südamerika auf. Und sie werben schon für mich in Argentinien und Brasilien. Unglaublich!“




Und, nach so viel Werbung, trafen sogar Bestellungen aus Rumänien ein — sehr zur Belustigung von Grigore Lup. Und wenn die Schutzmaske schon mal Pflicht ist, könnten auch die Schuhe zur sozialen Distanzierung es irgendwann mal werden. Wieso nicht?

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