Selbsthilfewerkstätten: Das Repair-Café in Klausenburg
Sogenannte Repair-Cafés – zu Deutsch Reparatur-Cafés“ – verbinden zwei große Trends miteinander: die neue Lust am Selbermachen und den Kampf gegen die Wegwerfkultur.
Ana-Maria Cononovici, 03.11.2016, 17:28
Heutzutage scheint es viel einfacher, neue Sachen zu kaufen und die alten, kaputten eher wegzuwerfen, als sie zu reparieren. Dennoch sei es angebracht, die Leute, die die betreffenden Produkte hergestellt haben, zu respektieren. Und dieser Respekt drückt sich auch dadurch aus, dass die von ihnen hergestellten Erzeugnisse — sei es der Wasserkocher, der nicht mehr richtig kocht, der Staubsauger, der nicht mehr anspringt, das T-Shirt mit der aufgerissenen Naht — nicht gleich auf den Müll landen. Altes Zeug zu reparieren, anstatt es gleich wegzuwerfen, stellt dazu einen guten Weg dar, die Umwelt zu schützen.
Sogenannte Repair-Cafés — zu Deutsch Reparatur-Cafés“ — verbinden zwei große Trends miteinander: die neue Lust am Selbermachen und den Kampf gegen die Wegwerfkultur. Das erste Repair-Café in Rumänien wurde in Cluj (dt. Klausenburg) eröffnet. Es war ein Pilotprojekt und stellte die Reaktion der Leute auf eine andere Art von Recycling auf die Probe. Die Selbsthilfewerkstatt lief mehrere Wochen im kleinen Format. Danach entwickelte sie sich immer mehr.
Das Repair-Café-Projekt in Klausenburg wurde von mehreren enthusiastischen jungen Leuten gefördert. Unter ihnen ist auch Dan Sânpetreanu. Er hat eine Leidenschaft für Mechanik und repariert gerne allerlei Gegenstände und Sachen. Außerdem glaubt er daran, dass sich jeder von uns einbringen sollte, um die Mentalität der Menschen im Hinblick auf alte, kaputte Sachen zu ändern und die Wegwerfkultur zu bekämpfen. Dafür setzte er sich schon vor der Umsetzung des genannten Projektes ein.
Wir haben viel von Leuten im In- Und Ausland gelernt. Es ist besonders wichtig, die wirtschaftlichen Kreisläufe nach innen, zu einer lokalen Zirkularität hin zu orientieren. Das bedeutet, wir sollten die vorhandenen Mittel und Ressourcen so oft wie möglich verwenden. Aus diesem Grund gründeten wir den Verein. Wir begannen, Projekte zu entwickeln, die sich vor allem auf die Wiederverwertung der Ressourcen beziehen. Wir arbeiten mit einem Konzept, das wir 5 R nennen. Es geht von dem Gedanken aus, den Konsum auf das streng Notwendige zu verringern. Mit anderen Worten verwende wieder, was du gekauft hast, repariere die Sachen, die kaputt gegangen sind. Falls etwas nicht mehr repariert werden kann, ändere seine Funktion und schicke es erst nachher zum Recyceln.“
Das Reparatur-Café läuft schon seit Dezember letzten Jahres. Die Impulsgeber des Vorhabens denken aber daran, das Projekt in eine permanente Angelegenheit zu verwandeln. Demnach soll es als Modellbeispiel fungieren. Damit die Leute lernen, den Müll richtig zu trennen und dass die Abfälle nicht bloß Müll sind, sondern wertvolle Ressourcen für die Menschen, die im Reparatur-Café mitwirken. Dazu Dan Sânpetreanu:
Ich lernte Menschen kennen, von denen ich behaupten kann, sie sahen den Wert der Gegenstände und Sachen, die sie üblicherweise als Müll und Abfälle betrachteten, tiefer ein, nach dem Gespräch mit mir. Ich erlebte Folgendes: Nachdem wir uns zum Thema unterhielten, sagten sie: ‚Ich wollte einen Kunststoff-Deckel, den ich nicht mehr gebrauchte, wegwerfen. Nach dem Gespräch mit dir überlegte ich noch einmal, ob ich ihn in den Mülleimer werfen sollte oder ob er vermutlich anderswo noch eingesetzt werden kann, bevor er auf den Müll landet.‘“
Kleine Reparaturarbeiten steuern große Änderungen an“ oder Wegwerfen? Von wegen!“ sind zwei Leitsprüche, nach denen sich die Klausenburger Handwerker, die in der Selbsthilfewerkstatt mitmachen, orientieren. Die Projektbeteiligten arbeiten aus dem Wunsch heraus, die Menge der Abfälle auf ein Minimum zu halten, so Dan Sânpetreanu. Denn in der Tat gäbe es überhaupt keine Abfälle, sie seien lediglich eine konsumistische Deutung des Lebens:
Es ist an die Zeit, unsere Ressourcen als etwas Wertvolles zu betrachten und nicht mehr als bloß wegwerfbare Stoffe. Ich glaube, was die Kultur der Wiederverwertung betrifft, liegen wir etwa 20 Jahre zurück im Vergleich zu anderen Staaten. Die ersten Leute, die das Repair-Café in Cluj mit einem kaputten Gerät in der Hand betraten, um es zu reparieren, waren etwas ältere Leute, die in einer Zeit gelebt haben, in der es an Elektrogeräten und an Ressourcen mangelte. Es waren Menschen, die den Wert dieser Ressourcen begreifen und sie gerne ehrenamtlich reparieren lassen. Denn das Konzept des Repair-Cafés ist simpel: Ehrenamtliche, die handwerkliches Geschick und Werkzeug besitzen, helfen anderen, ihre kaputten Sachen zu reparieren. Die sehr junge Generation zeigt ebenfalls großes Interesse für das Konzept. Allerdings gibt es einen Generationsunterschied — es gibt eine Kategorie von Menschen, die am Konsumismus stark hängen. Sie vertreten die Ansicht Ist doch egal, wir kaufen ein neues!“
Die Reparatur-Cafés wollen eine bedeutende Botschaft vermitteln — Abfälle sind in der Tat etwas Gutes, nur manchmal am falschen Ort. Dazu Dan Sânpetreanu:
Die neuen Generationen stellen fest, dass die vorhandenen Ressourcen beschränkt sind, dass die Erderwärmung Probleme verursacht, dass die Umweltverschmutzung gefährlich ist, dass die Abfalldeponien problematisch sind. Und sie suchen nach Lösungen. Es sind nicht die idealen Lösungen. Wir bieten keine landesweit gültige Lösung. Doch wir setzen kleine, zusammenlaufende Projekte um und versuchen dadurch eine Plattform zu schaffen, um eine allgemeine Lösung für die rumänische Gesellschaft letztendlich zu finden. Formell fehlt allerdings eine ganz wichtige Kategorie: die übrigen 4 R. Was passiert nämlich ab dem Einkauf bis hin zum Recycling. Und es stellt sich die Frage, inwiefern können diese Erzeugnisse mehrmals verwendet werden, bis sie in den Recycling-Prozess eingeführt werden. Denn Recycling bedeutet wiederum Energieverbrauch für die Herstellung eines Gerätes, das vermutlich zu früh weggeworfen wurde.“
Das Projekt Repair-Café zeigt uns zugleich, welcher der zu bezahlende soziale Preis für die konsumistische Haltung ist. Demnach sind viele Leute, die handwerkliches Geschick besitzen, arbeitslos. In weiterer Folge, leisten sich Arbeitslose nicht, neue Geräte zu kaufen. Die Konsequenzen seien nicht zu übersehen, so die Urheber des Projektes Repair-Café.