Reenactment: Disko im Stil der 1970er–80er Jahre wiederbelebt
Die Musik der 1970er und 1980er Jahre blieb vielen in Erinnerung, vor allem durch die Hippies und die Disco-Welle. In Rumänien herrschte damals eine kommunistische Diktatur. Doch den Rumänen blieb die internationale populäre Musik nicht unbekannt.
Ana-Maria Cononovici, 06.02.2020, 17:30
Mehr als 200 Bewohner der Stadt Oradea (dt. Großwardein) nahmen an der Eröffnung der Dauerausstellung Die Diskothek der 1970er und 1980er Jahre“ im Städtischen Museum teil. Eine Zeitreise, die es den Teilnehmern ermöglichte, herauszufinden, wie die Jugendlichen in den 70er und 80er Jahren in den Diskos in Rumänien Spaß hatten.
Die Tonbandgeräte, Kassettenrekorder und Tonbänder waren ein Teil der damaligen Wirklichkeit. Allerdings war es damals nicht erlaubt, der gewünschten Musik ohne Weiteres zuzuhören. Es gab einen sogenannten Kontrollausschuss, der diskret entschied, was für Musik in einer Diskothek aufgelegt werden durfte. Die Museographin Cristina Puşcaş erzählte uns, dass mehrere Spenden an das Museum die Veranstaltung einer solchen Ausstellung anregten. Gefolgt von einer gründlichen Recherche.
Im Jahr 2016 starteten wir die Kampagne »Wirf die Vergangenheit nicht weg, bring sie zum Museum!«. Zahlreiche Bewohner der Stadt Oradea beteiligten sich aktiv an dieser Kampagne zur Sammlung von Gegenständen aus dem Kommunismus. Tausende Gegenstände und Geräte wurden uns gespendet, darunter Vinylschallplatten, Schallplattenspieler, Tonbandgeräte, Tonbänder. Somit brachten wir eine beträchtliche Kollektion zusammen, die von der Ausstattung der Diskotheken in der damaligen Zeit zeugt. Wir dachten, es wäre besser, diese Gegenstände, Geräte und Vorrichtungen der Öffentlichkeit vorzustellen, als dass sie irgendwo in einem Lager in Vergessenheit geraten. Und so entstand der Ausstellungsentwurf. Wir sind vom Gedanken ausgegangen, dass bislang niemand eine solche Recherche, über die Art und Weise, in der früher — also im Kommunismus — die Diskotheken organisiert waren, durchgeführt hat. In der vorbereitenden Phase der Recherche fanden wir keine Regelung über die Organisierung der Aktivität in Diskotheken. Danach untersuchten wir das Archiv. Und da fanden wir tatsächlich einige Vorschriften über die Funktionsweise der Diskotheken. Es gab zentral angeordnete Bestimmungen in Bezug auf die Musik und die Inhalte, die in Diskotheken vorgeführt werden durften. Wir konnten nachvollziehen, worin die Zensur bestand, was für Einschränkungen es gab. Doch wir beschränkten uns nicht auf die Erforschung einer einzigen Stimme, der Stimme der öffentlichen Institutionen. In einem zweiten Schritt unterhielten wir uns mit DJs in Oradea, die während des Kommunismus, vor allem in den 70er und 80er Jahren, in Diskotheken Musik aufgelegt hatten. Und so entstand diese Diskothek in unserem Museum. Sie stellt nicht nur Gegenstände und Geräte aus der kommunistischen Zeit aus, sondern versucht auch die damalige Stimmung erneut ins Leben zu rufen.“
Die Diskotheken waren in der Regel in den örtlichen Gemeindezentren beherbergt. Tanzabende mit Diskomusik wurden auch in Klubs, Bars oder Restaurants veranstaltet. Manchmal auch in Hotels oder in anderen Erholungseinrichtungen. Diese Veranstaltungsräume mussten verbindlich die Regeln für die Veranstaltung von Diskothek- und Videothek-Programmen“ beachten. Die Diskotheken bedurften demnach einer jährlich durch den Ausschuss für sozialistische Kultur und Bildung erlassenen Genehmigung. Der Erlass der Genehmigung wurde nur nach Zustimmung eines technischen Ausschusses gebilligt, der sich zum Inhalt der in der Diskothek aufgeführten Programme im Voraus äußerte. Die von den Diskos aufgeführten Programme sahen in den 80er Jahren eine verbindliche Quote rumänischer Musik vor. Und zwar mussten zwei Drittel der aufgelegten Musik einheimischer Herkunft sein. Wir erkundigten uns bei Cristina Puşcaş, wie die Ausstellung von den Besuchern wahrgenommen wurde, was die Besucher im Museums erlebten:
Die Besucher betreten eine echte Diskothek — mit Disko- und Spiegelkugel, Stroboskop, UV-Lampen, buntem Licht. Die Ausstellung umfasst auch Vinylschallplatten mit Musik aus der damaligen Zeit. Wir haben auch mehrere Tonbandgeräte der Marken Tesla oder Tescam, aber auch Schallplattenspieler und Originalfotos, die einen DJ aus der damaligen Zeit bei der Arbeit abbilden. Die Fotos sind eine Spende des Inhabers. Wir verfügen über wenig Dokumentarmaterial zum Thema, die DJs ließen sich nicht unbedingt fotografieren, sie hatten keine Ahnung, dass sie irgendwann mal ein Teil der Geschichte der hiesigen Gemeinschaft sein würden. Wir verfügen auch über Songtexte, die von der Hand von den Jugendlichen der 70er Jahre geschrieben wurden. Wir haben auch Liebesbriefe von jungen Menschen, die sich einander erzählten, was für Musik sie hörten. Oder sie schickten sich Ausschnitte aus Zeitungen mit verschiedenen Musikern. Das sind alles Originalteile. Wir sind stolz, ein derartig umfangreiches Dokumentarmaterial zu besitzen.“
Cristina Puşcaş erzählte uns auch, wo die Ausstellung untergebracht ist:
Die Ausstellung wurde in der Stadtburg veranstaltet, wo derzeit auch das Museum der Stadt Oradea untergebracht ist. Im zweiten Stock, im A-Gebäude, fanden wir einen geeigneten Raum. Es ist der größte Saal, über den wir verfügen. Und hier organisierten wir unsere Diskothek. An der Eröffnung nahmen so viele Besucher teil — mehr als 200 –, dass er viel zu eng schien. Wir hatten nicht mit einem solchen Erfolg gerechnet. Nachdem Musik ertönte und die Leute zu tanzen anfingen, hatten wir nach einer Weile den Eindruck, der Sauerstoff sei alle. Der nach der klassischen Eröffnung veranstaltete Diskoabend mit Musik aus den 70er und 80er Jahren war ein Riesenerfolg. Es beteiligten sich viele Nostalgiker, aber auch junge Menschen, die gerne zur damaligen Musik tanzen. Der Tanzabend brachte uns allen viel Freude!“
Zu kommunistischen Zeiten dauerte das Diskothek-Programm zwischen 2 und 4 Stunden. Daher machte auch die im Museum der Stadt Oradea veranstaltete Diskothek rechtzeitig um 8 Uhr abends ihre Türe zu.