Pop-up-Museum: Kunst und Geschichte in Einkaufszentrum ausgestellt
Mehrere Bukarester Museen wollten durch thematische Ausstellungen mehr Publikum erreichen und brachten ihre Exponate in eine Shopping-Mall. Damit soll auch auch das sich verändernde Konsumverhalten hinterfragt werden.
Ana-Maria Cononovici, 18.03.2021, 17:30
Die Gäste eines Einkaufszentrums in Bukarest haben die Möglichkeit, nicht nur ihre Einkäufe zu erledigen, sondern auch eine Kulturreise zu unternehmen. Das Pop-Up-Museum bringt nämlich mehrere Ausstellungen verschiedener Bukarester Museen an einem Ort zusammen — dem Sun Plaza Mall. Das Museum der Rumänischen Bahn, das Museum der Parfüme sowie das Astronomische Institut der Rumänischen Akademie stellten einige Werke im Einkaufszentrum aus. Im Grunde geht es um ein Kulturprojekt, das die Museen näher an die Hauptstadteinwohner bringen will. In diesem Zusammenhang werden mehrere weniger konventionelle Ausstellungen organisiert.
Als erstes wurde dieses Jahr eine Foto-Ausstellung veranstaltet. Die ausgestellten Fotografien zeigen, wie einst eingekauft wurde. Sie erzählen zugleich Geschichten über wichtige Händler, die die Grundsteine des Bukarester Handels legten und zeigt, wie früher — als es noch keine Werbeindustrie gab — Waren und Erzeugnisse gefördert wurden. Die Ausstellung ist das Ergebnis einer Partnerschaft mit dem Museum der Stadt Bukarest. Der Historiker Adrian Majuru, der Leiter des Bukarester Stadtmuseums, lieferte uns mehr Einzelheiten zum Thema:
Es war die Idee des Einkaufszentrums. Wir antworteten auf seine Einladung, im Inneren des Einkaufszentrums eine Ausstellung zu organisieren, und schlugen das Konzept und das Thema vor — nämlich Einkäufe. Die Ausstellung zeigt die Entwicklung der Einkäufe und des Einkaufsverhaltens im Laufe der letzten 300 Jahre in Bukarest. Dadurch wollten wir feststellen, was sich im Laufe der Zeit verändert hat, was verloren gegangen ist und, vor allem, was noch verloren gehen wird: und zwar die Interaktion mit dem Verkäufer. Früher ging man in einen Textil-Laden, wenn man einen bestimmten Stoff für einen Anzug oder ein Kleid kaufen wollte. Man konnte die Stoffe sehen, anfassen und sich mit dem Verkäufer darüber unterhalten. Je nach dem, was man daraus nähen wollte, machte der Verkäufer Empfehlungen. Und genauso war es auch in einem Lebensmittelladen oder einem Wolle-Geschäft. Nach 19990, also nach der Wende, änderte sich dieses Verhalten beim Einkaufen. Den Leuten bot sich die Möglichkeit, sich selbst die Produkte auszuwählen. Die Interaktion mit dem Verkäufer trat in den Hintergrund. Nach dem Jahr 2000 wurde diese Entwicklung noch sichtbarer. Es wurden große Einkaufszentren gebaut — die sogenannten Shopping-Malls, die, unter uns gesagt, es ja schon immer gegeben hat, wir hatten hier auch eine Lafayette-Franchise, in der Calea Victoriei (Siegesstraße), in der Innenstadt von Bukarest. Wie gesagt, ab etwa 2000 wurde diese Entwicklung noch deutlicher. Es gibt Geschäfte, in denen die einzige Interaktion mit einem Menschen an der Kasse, beim Bezahlen der Einkäufe stattfindet.“
Online-Einkäufe sind die Gegenwart und die Zukunft des Handels. Die Produkte werden nach verschiedenen Kriterien ausgewählt, unter Berücksichtigung unter anderem des vorgesehenen Liefertermins. Das sagte uns unser Gesprächspartner. Er erzählte uns mehr über die Ausstellung im Einkaufszentrum.
Es ist wie eine Zeitreise — die Gäste werden ins 18. Jahrhundert zurückversetzt und beginnen danach eine Reise, die bis in die 1990er Jahre führt. Sie können beobachten, wie die Geschäfte früher aussahen, sowohl im Inneren wie auch von außen, es werden sowohl Käufer als auch Verkäufer vorgestellt und ganz viele Arten von Läden — Buchhandlungen, Gemüseläden, Geschäfte für Elektrohausgeräte, Möbel oder Teppiche. Es sind ganz viele Dinge, die heutzutage im Innendesign nicht mehr anzutreffen sind. Der Handel hat sich stark verändert, das Einkaufsverhalten der Menschen ebenfalls. Vor 50 Jahren hätte man sich so etwas nicht vorstellen können. Der Handel, der Alltag, haben ihre Besonderheiten, sie verändern Verhaltensweisen und Mentalitäten. Die künftigen Entwicklungen können im Einkaufsverhalten schon abgelesen werden: Der Wunsch nach mehr Komfort wird immer deutlicher.“
Das Pop-Up-Museum erzählt die Entwicklung der Einkäufe in Bukarest im doppelten Format. Mehr Einzelheiten über die Ausstellung und über die Zukunftspläne bringt ebenfalls Adrian Majuru, Historiker und Leiter des Museums der Stadt Bukarest:
Bild und Text gehen Hand in Hand, denn sie sind unzertrennlich. Das Einkaufszentrum befindet sich im 4. Bezirk der Hauptstadt, also haben wir uns bemüht, so viele Fotos wie möglich von diesem Stadtteil auszustellen. Wir haben seit mehreren Jahren schon angefangen, unsere Ausstellungen in Räumlichkeiten außerhalb des Museums zu zeigen. Denn das nicht-museale Publikum ist anderorts zu finden, zum Beispiel in Einkaufszentren. Wir waren auch in den Vorjahren in verschiedenen Shopping-Malls präsent. Und wollen auch am Internationalen Flughafen Otopeni sichtbar werden. Auch die Zusammenarbeit mit dem Verein Art Safari werden wir fortsetzen. Und sind sehr daran interessiert, mit Schulen zusammenzuarbeiten, in denen wir bildungsbezogene Ausstellungen präsentieren können.“
Das Pop-Up-Museum wird weitere drei Ausstellungen dieses Jahr beherbergen. Die im Zeitraum Februar — Juli 2021 veranstalteten Ausstellungen können kostenlos besichtigt werden. Mitte Mai soll eine weitere unkonventionelle Ausstellung folgen, diesmal über die Entwicklung der Telekommunikationstechnologie in Rumänien und der damit zusammenhängenden Ausstattung. Die Gäste werden Telefongeräte und Radioapparate sehen können, die unsere Großeltern mal verwendet haben, aber auch Kommunikationsgeräte, die während des 2. Weltkriegs eingesetzt wurden.
Eine weitere Ausstellung wird die Besucher in die Welt der rumänischen Luftfahrt begleiten — Flugmaschinen, Flugsimulatoren sowie vieles mehr werden künftig betrachtet werden können. Das Museum der Rumänischen Flugfahrt stellt einige seiner Exponate zur Verfügung. Auch diese werden im Rahmen der Ausstellung im Bukarester Shopping-Mall Sun Plaza beobachtet werden können.