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Neues Museum thematisiert Zwangskollektivierung der Landwirtschaft

Die Zwangskollektivierung in Rumänien bedeutete, dass zwischen 1949 und 1962 den Bauern Land und Vieh beschlagnahmt wurde und sie gezwungen wurden, sich den neuen landwirtschaftlichen Genossenschaften anzuschließen.

Neues Museum thematisiert Zwangskollektivierung der Landwirtschaft
Neues Museum thematisiert Zwangskollektivierung der Landwirtschaft

, 17.12.2020, 17:30

Im Jahr 1951 wurden 80.000 Bauern eingekerkert oder zu Zwangsarbeit an den berüchtigten Donau-Schwarzmeer-Kanal geschickt, weil sie den Beitritt in die Genossenschaften verweigerten. Insgesamt wurden 800.000 Bauern in kommunistische Gefängnisse eingesperrt, weil sie ihr Land nicht freiwillig aufgaben. Nach 13 Jahren der Zwangskollektivierung, in denen Propaganda und Terror Hand in Hand gingen, konnte die Kommunistische Partei die Kollektivierung der Landwirtschaft in Rumänien als abgeschlossen erklären. Das Ereignis wurde im Rahmen einer Sondersitzung der Gro‎ßen Nationalversammlung gefeiert. Sie fand zwischen dem 27. und 30. April 1962 statt. 11.000 Bauern nahmen daran teil. Die damaligen kommunistischen Führer erklärten, der Sozialismus habe sich in der Volksrepublik Rumänien endgültig durchgesetzt.



Im Dorf Tămăşeni im Bezirk Neamţ wurde zur Erinnerung an diese Ereignisse ein Museum eröffnet. Es stellt typische Gegenstände bäuerlicher Haushalte aus den 1950er Jahren aus. Iulian Bulai, der Projektleiter, erzählte Radio Rumänien davon:



Heute eröffnen wir die ersten drei Räume des Museums der Kollektivierung. Seit eh und je fragen wir uns schon, warum die Landwirtschaft in Rumänien im Chaos versinkt, warum sich die Menschen nicht wie in anderen Ländern um den öffentlichen Raum kümmern, warum es ein solches Entwicklungsgefälle zwischen ländlichen und städtischen Gebieten in Rumänien gibt und warum es einen solchen Unterschied zwischen den ländlichen Gebieten in Rumänien und dem Westen gibt. Ich habe versucht, diese Fragen zu beantworten. Eine Antwort, die ich fand, war die Kollektivierung. Als soziales und politisches Phänomen wirkte sie sich irreversibel auf das rumänische Dorf aus, in dem Sinne, dass die Beschlagnahmung von Privateigentum zu dem führte, was wir heute auf dem Land sehen — ein enormes Ausma‎ß an Unterentwicklung, das man in westlichen Ländern nicht findet. Bei dem Versuch, diese Fragen zu beantworten, die sich auch auf meine Familiengeschichte beziehen, die ebenfalls von Kollektivierung betroffen wurde, verstand ich, dass wir uns Fragen stellen müssen, um uns selbst besser kennen zu lernen. Wir müssen uns das Drama vor Augen führen, das Millionen von Rumänen während der Kollektivierung in den 1950er Jahren betroffen hat. Ich musste dieses Museum errichten, um die soziale und anthropologische Realität der Gegenwart widerzuspiegeln.“




Iulian Bulai lie‎ß den Haushalt seiner Gro‎ßeltern in ein Museum verwandeln. Wir fragten ihn, was es dort vorerst zu sehen gebe.



Wir haben zwei Häuser und einen Anbau. Dies ist ein typischer moldauischer Haushalt, den es seit 100 Jahren gibt und die Kollektivierung durchmachte. Dies ist das Haus meiner Vorfahren, die diesen Prozess in den 1950er Jahren durchliefen. Ihnen wurde das Land, die Werkzeuge, die Mühlen konfisziert. Dieses Haus zeugt von der Geschichte einer Familie, deren Leben von der Kommunistischen Partei entführt wurde, deren Häuser konfisziert und einige von ihnen in Dorfläden verwandelt wurden, wie es hier zwischen 1950 und 1992 geschah, als es an die Familie zurückgegeben wurde. Das ist ein Symbol, das viele Rumänen noch immer erkennen können, denn Millionen von Rumänen ging es ähnlich.“




Iulian Bulai fuhr fort, das Museum zu beschreiben:



Dieses Museum stützt sich nur in geringem Ma‎ße auf Gegenstände, die früher meinem Gro‎ßvater gehörten. Diese zeigen zwar, wo wir als ländliche Gesellschaft stehen, die seit den 1950er Jahren, also seit etwa 70 Jahren, sich kaum verändert hat. Doch diese Gegenstände sind nicht der Kern des Museums. Es basiert vielmehr auf Installationen, die Geschichten erzählen und eine wissenschaftliche Sicht auf dieses Phänomen vermitteln. Wir haben aber auch einige Objekte, die eine Geschichte erzählen, landwirtschaftliche Geräte, die hier verblieben sind, seit ich den Haushalt geerbt habe, und die ich in den 17 oder 18 Ausstellungsräumen des Museums ausstellen werde.“




Iulian Bulai startete diese Initiative aus der Zuversicht heraus, dass sich die Dinge ändern könnten:



Wir werden uns nur dann als Volk im heutigen Rumänien verstehen können, wenn wir der Vergangenheit aufrichtig entgegentreten und unsere wahren Geschichten erzählen. Auf diese Weise werden wir in der Lage sein, einige traurige Momente unserer Geschichte zu überwinden. Bis jetzt waren wir nicht in der Lage, den Kommunismus in irgendeiner Hinsicht positiv zu deuten und somit eine heilende Wirkung zu erlangen. Da viele Orte der Kultur schlie‎ßen, eröffnen wir einen weiteren. Ich glaube, dies ist ein guter Ausgangspunkt für eine allgemeine Haltung, die wir in diesen schwierigen Zeiten von einem zum anderen weitergeben können.“




Das Museum soll künftig noch wachsen und die Besucherräume werden erweitert. Auch Veranstaltungen sollen hier stattfinden, sobald es möglich sein wird. Dadurch werden die Gäste die Möglichkeit haben, mit der Vergangenheit in Kontakt zu kommen.

foto: facebook.com/sapunulcheia/
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