Mini-Siebenbürgen, der Themenpark im Szeklerland
In der ostsiebenbürgischen Stadt Odorheiu Secuiesc ist unlängst ein Themenpark eröffnet worden, der die wichtigsten Baudenkmäler der Region in Miniatur vorstellt.
Ana-Maria Cononovici, 15.06.2017, 19:06
Es lohnt sich, die Geschichte zu kennen. Insbesondere die Geschichte mancher Orte. Und was für einen besseren Weg zu lernen, als durch Spiel. Dieser Gedanke steht auch einem Projekt zu Grunde, das von einer Gruppe von Jugendlichen aus Odorheiu Secuiesc (ung. Székelyudvarhely, dt. Oderhellen) umgesetzt wird. Sie legten ihre Kräfte zusammen und gründeten den Verein Legendarium“. Ihre Tätigkeit besteht darin, Legenden aus der Umgebung zu sammeln. Ausgehend von diesen ortsgebundene Legenden erfinden sie Spiele, schreiben Bücher und schaffen Zeichentrickfilme für Kinder. Die Nachfrage war groß, also beschlossen sie, die Attraktivität der Region durch ihre Aktivität zu erhöhen. Demnach fingen sie an, die bedeutendsten Gebäude in Siebenbürgen im Kleinformat nachzubilden. Sie bauten so viele sehenswürdige Gebäude nach, dass sie eine Zeit später sogar einen thematischen Park eröffneten. Der Park wurde in der Telegdy-Bastei, im Innenhof der im Zentrum der Stadt Odorheiu Secuiesc liegenden Burg untergebracht. Vorläufig können 21 sehr bekannte historische Gebäude im Kleinformat im Park bewundert werden. 30 weitere Mini-Konstruktionen sollen bis Ende des kommenden Jahres hinzugefügt werden. Wie das Projekt zustande kam, erfahren wir von Szabolcs Fazakas, dem Stifter des Vereins Legendarium“:
Wir starteten das Projekt vor 10 Jahren. Wir waren auf Besuch im Europäischen Parlament in Brüssel und bekamen eine Kulturkarte der Legenden geschenkt. Es ist eine sehr schöne Karte, nur ist unser Land sehr schwach vertreten, lediglich durch die Legende von Dracula. Allein im Szeklerland sammelten wir im Nachhinein 157 Legenden. Sie sind mindestens gleichbedeutend wie die Legende von Dracula. Ich überlegte, es sei nicht schlecht, das Abendland mit unserer Kultur, der Kultur im Szeklerland, vertraut zu machen. Unsere Legenden sind gleich interessant und wertvoll wie die Legenden der Schotten oder der Kelten. Oder wie die Legende der Gallier. Die Zeichentrickfilmserie Asterix und Obelix geht von der Legende der Gallier aus. Das haben wir auch versucht. Wir haben Legenden aus unserer Region gesammelt und eine entsprechende Karte für Kinder erstellt. Es handelt sich um keine geografische Karte, sondern um eine Karte, die eine Märchenwelt widergibt.“
Im Auftrag der Eltern und Lehrer, die die Karte gesehen haben, hat der Verein auch ein Buch herausgegeben, in dem die Legenden des Ortes erzählt werden:
Nach der Veröffentlichung des Buches begannen wir, auch verschiedene Produkte herzustellen, die die Legenden widerspiegeln. Wir entwickelten zwei Spiele — bei einem geht es um die Tataren und ihre Überfälle, bei dem anderen um eine Schatzsuche. Die Spiele kommen sehr gut bei den Kindern an. Die Kinder begeben sich auf der Suche nach Schätzen, sie sammeln ihre Funde in handgemachten Truhen und Säckchen. Wir haben uns in Kinder verwandelt und versucht, die Welt durch ihre Augen zu sehen.“
Von hier bis zum thematischen Park Mini-Siebenbürgen war nur noch ein kleiner Schritt. Die Ausstellung sei in der Wehrbastei der Festung eingerichtet worden, berichtete uns Szabolcs Fazakas. Früher wurde die Bastei als Lagerraum verwendet. Die Konstruktionen im Kleinformat wurden von einem Architekten aus Budapest, geboren im rumänischen Kreis Harghita, erarbeitet. Er setzte verschiedene Kunststoffe ein, die Dekorationen an den Gebäuden wurden im 3D-Format gedruckt. Eine farbige Schutzschicht schützt die Wände der Gebäude gegen die Beschädigung durch UV-Strahlen oder Feuchtigkeit. Jedes Gebäude im Themenpark sei repräsentativ für ein Volk, das in der Region lebt, so Szabolcs Fazakas:
Die nachgestellten Konstruktionen im Kleinformat, die wir im thematischen Park ausstellen, sind historische Gebäude in Siebenbürgen. Jedes Gebäude hat seine eigene Legende. Ich bin viel durch Europa gereist und habe überall ähnliche Parks gesehen. In Brüssel gibt es den Park »Mini-Europe«, in Österreich, »Mini-Mundus«, in Italien, »Mini-Italia«. Da dachte ich, warum sollte es nicht auch einen »Mini-Siebenbürgen-Park« geben? Wir bauen historische Gebäude im Kleinformat nach und zeigen den Leuten, wie diese in ihrer Blütezeit ausgesehen haben. Wir wollen auch die zusammenhängenden Legenden vortragen, einen interaktiven Park schaffen. Unsere Gäste werden sich nicht nur die Gebäude im Vorbeigehen anschauen, sondern auch die Geschichte, die dahinter steckt, erfahren. Zum Schluss soll der Park »Mini-Siebenbürgen« die Form der Region Siebenbürgen haben. Die Kinder werden demzufolge sowohl die Geografie wie auch die Kultur unserer Region verstehen können.“
Die Geschichte der ausgestellten Gebäude sei äußerst spannend, so unser Gesprächspartner. Er zählte mehrere Attraktionen auf:
Derzeit beherbergt der Park 20 im Kleinformat nachgebildete Gebäude, unter anderem auch sächsische Kirchen, die Teil des UNESCO-Weltkulturerbes sind. Das Kloster Brâncoveanu in der Ortschaft Sâmbăta de Sus, Schloss Bran, die Rosenauer Burg, die Fogarascher Burg, die Burg Odorheiu Secuiesc sind weitere emblematische Gebäude, die wir nachgebaut haben. Auch die Franziskanerkirche in Şumuleu Ciuc ist hier zu sehen. Der Park soll letztendlich insgesamt 80 repräsentative Gebäude beherbergen. Wir werden auch Orte und Gebäude, die bereits einen internationalen Ruf genießen, vorstellen, wie z.B. die Eisenhüttenfabrik bei Hunedoara, wo der Eiffelturm erzeugt wurde. Wir zeigen auch das Schloss in Sângeorgiu de Pădure, wo die Urgroßmutter der Königin von England geboren wurde. Wir wollen Europa zeigen, wie wichtig dieser Teil unseres Landes für Europa war. Wir versuchen dadurch, Touristen anzulocken.“
Sämtliche Informationen zu den ausgestellten Gebäuden können dreisprachig — Rumänisch, Ungarisch und Englisch — gelesen werden. Der Eintritt in den Park ist frei.